Neues Angebot:Rückhalt für trauernde Kinder

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Sie wollen Kindern helfen, ihre Trauer zu bewältigen: Die beiden ehrenamtlichen Gruppenleiterinnen Katharina Roder und Michaela Kinzler, Stefanie Wilke, Lacrima-Projektleiterin der Johanniter im Regionalverband, und Koordinatorin Constanze Ostertag. (Foto: Johanniter-Regionalverband Oberbayern)

Die Johanniter wollen in Allershausen eine Gruppe für Mädchen und Buben etablieren, die einen geliebten Menschen verloren haben, denn sie verarbeiten dies ganz anders als Erwachsene.

Von Petra Schnirch, Allershausen

Kinder trauern anders als Erwachsene, Stimmungen können bei ihnen schlagartig wechseln. Eltern und anderen Verwandten fällt es oft schwer, deren Bedürfnisse zu erkennen, vor allem wenn sie selbst stark unter einem Verlust leiden. Diese Lücke wollen die Johanniter in Allershausen mit der Gründung einer Lacrima-Trauergruppe füllen, der ersten im Regionalverband Oberbayern. Weitere sollen folgen.

Für die Aufgabe haben sich sechs Ehrenamtliche gefunden. Alle drei Wochen wollen sie sich samstags mit betroffenen Kindern und Jugendlichen treffen und ihnen bei der Trauerbewältigung helfen. Los geht es am Samstag, 22. April, im Johanniter-Kinderhort an der Kirchstraße. "Die Trauerarbeit steht nicht im Vordergrund", betont Stefanie Wilke, Projektleiterin im Regionalverband.

Die Kinder dürfen sich ausleben, Spaß haben, spielen, aber auch weinen, wenn ihnen danach ist. Und sie können die gedrückte Stimmung zu Hause vielleicht mal für einige Stunden vergessen. Es sei ein niederschwelliges Angebot, sagt Wilke, "nichts Therapeutisches". "Die Kinder sollen sehen, dass es völlig normal ist, dass man lachen und weinen kann", sagt Projektkoordinatorin Constanze Ostertag. Und dass es anderen in dieser Situation genauso geht.

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Die Ehrenamtlichen haben den Kurs Trauerbegleitung vor kurzem abgeschlossen, er ging über drei Wochenenden. Eine von ihnen ist Bioprozesstechnikerin Michaela Kinzler, 34, aus Leonhardsbuch. Ihre Arbeit sei sehr naturwissenschaftlich geprägt, aber sie habe immer "etwas Soziales nebenbei gemacht", erzählt sie, zum Beispiel in der offenen Ganztagsbetreuung einer Schule. Die Annonce der Johanniter in den Allershausener Nachrichten habe sie sehr angesprochen.

"Ich dachte, da kann ich mich einbringen und etwas Sinnvolles machen", sagt Kinzler. Von den Kindern und Jugendlichen bekomme man so viel zurück. Anfangs habe sie schon überlegt, ob sie sich das zutraue. Man dürfe auf jeden Fall keinen offenen, akuten Trauerfall im eigenen Umfeld haben. "Es ist schwierig, offen mit Kindern umzugehen, wenn man selbst belastet ist."

Auch Katharina Roder, 38, aus Allershausen engagiert sich als Trauerbegleiterin. Sie ist Erzieherin und derzeit in Elternzeit. Deshalb habe sie etwas Zeit, erzählt sie. Vor zwei Jahren habe sie selbst einen großen Verlust erlitten und ihren Vater verloren. "Das war ein großer Schlag für mich." Sie habe erlebt, wie unterschiedlich Menschen trauern und sie sei erstaunt, wie gut sie die Trauer bewältigt habe. Da sie gern mit Kindern arbeite, habe sie sich entschlossen mitzumachen. "Ich glaube, ich kann den Kindern auch etwas weitergeben."

Die Räume im Kinderhort sind ideal mit Turnraum, Küche und schönen Außenanlagen

Starten werden die Gruppen in der Regel mit einem Kerzenritual, wie Stefanie Wilke erklärt. Die Kinder basteln diese selbst aus einem kleinen Glas, das sie dekorieren können mit Dingen, die ihnen wichtig sind. Im Hort steht der Gruppe ein Turnraum zur Verfügung, es gibt eine Küche und schöne Außenanlagen.

Allershausen ist der 17. Standort des Lacrima-Programms der Johanniter-Unfallhilfe in Deutschland. Das Projekt wird über Spenden finanziert. In München gibt es die Trauerbegleitung bereits seit vielen Jahren. Dass im Landkreis Freising nun die erste Oberbayern-Gruppe etabliert wird, begründen die Johanniter mit der guten Infrastruktur, sie seien dort stark vertreten und verfügten über die Räume im Hort.

Willkommen sind Kinder ab sechs Jahren sowie Jugendliche, eine Ehrenamtliche ist jeweils für zwei Teilnehmende zuständig. Die Gruppe richtet sich an alle, die einen schweren Verlust erlitten haben - ein Elternteil, Bruder, Schwester, Oma oder Opa, aber vielleicht auch die Nachbarin, wenn ein enger Kontakt bestanden hat, wie Wilke erklärt. Die Treffen dauern etwa drei Stunden, es kann auch mal ein Ausflug unternommen werden.

Eltern, die das Gefühl haben, eine solche Gruppe könnte ihrem Kind guttun, können sich an die Johanniter wenden, E-Mail Lacrima.Oberbayern@johanniter.de, oder 0174-2314834.

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