Freimann/Milbertshofen:Gravierender Eingriff

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Bis 2030 soll der Verkehr an der Einmündung der Heidemann- in die Ingolstädter Straße (B 13) so zunehmen, dass ein Tunnel nötig wird. (Foto: Florian Peljak)

Eine Schnellbuslinie soll von 2026 an die U-Bahnhöfe Am Hart und Kieferngarten im Norden der Stadt verbinden. Geplant ist eine separate Fahrspur an Knorr-, Rathenau- und Heidemannstraße, die erst noch gebaut werden muss

Von Stefan Mühleisen, Freimann/Milbertshofen

Das Münchner U-Bahnnetz wird weiter wachsen, jedoch werden die neuen Äste erst in Jahrzehnten fertig sein. Beispielsweise die etwa vier Kilometer lange Spange zwischen den U-Bahnhöfen Am Hart und Kieferngarten (U 26). Mit der ist laut Planungsreferat nicht vor Ende der 2030er Jahre zu rechnen. Allerdings wächst schon vorher in Freimann auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne ein Wohngebiet für 15 000 Menschen empor, zudem erweitert BMW sein Forschungszentrum FIZ in Milbertshofen, wobei gerade dieser Bereich des Münchner Nordens nicht sonderlich gut öffentlich angebunden ist - doch das soll sich relativ zügig ändern: Von 2026 an soll eine Schnellbuslinie oberirdisch den Fahrgästen eine leistungsfähige Querverbindung bieten. Es zeigt sich: Die ist mit erheblichen Operationen am bestehenden Straßennetz verbunden.

Der Umbau der Infrastruktur wäre wohl noch gravierender ausgefallen, wenn sich der Stadtrat für die ursprünglich angedachte neue Tram-Trasse 24 entschieden hätte. Indes bringt auch die neue Expressbuslinie massive Eingriffe mit sich. Denn die Omnibusse sollen entlang der gesamten Strecke zwischen dem U-Bahn-Halt Am Hart im Westen, über Knorr-, Rathenau- und Heidemannstraße zum Bahnhof Kieferngarten im Osten auf eigenen Spuren pendeln, die es bisher noch nicht gibt, ferner parallel angemessene Radwege realisiert werden. Das Planungsreferat will dafür eigens ein Bebauungsplanverfahren einleiten, für das der Stadtrat mit einem so genannten Aufstellungsbeschluss im Februar 2020 den Weg frei machen soll.

Das bedeutsamste Teilprojekt steht an der Kreuzung Ingolstädter Straße/Heidemannstraße an, welches jedoch unabhängig von der Expressbuslinie nötig wird. Wie Studien des Planungsreferats zeigen, wird der Verkehr durch die Masse an Neubürgern auf dem Baugebiet Bayernkaserne bis 2030 derart zunehmen, dass der Knoten überlastet wird; eine Prognose rechnete zuletzt mit 25 000 Fahrzeugen, die 2030 täglich die Heidemannstraße frequentieren; derzeit sind es 17 000. Hinzu kommen mehrere Tausend zusätzliche Pendler im Umfeld dieses Gewerbestandorts; derzeit sollen es nach Behördenschätzung gut 18 000 Arbeitsplätze im Einzugsbereich der Heidemannstraße geben.

Die Folge: Die Ingolstädter Straße soll an dieser Stelle untertunnelt werden, sodass Fahrzeuge in Ost-West-Richtung ohne Ampel passieren können. Da diese Achse Teil der überörtlich wichtigen Bundesstraße 13 ist, muss das Projekt ein Planfeststellungsverfahren bei der Regierung von Oberbayern durchlaufen. Flankierend dazu wird die Planungsbehörde die verkehrlichen Auswirkungen auf die benachbarten Kreuzungen untersuchen, wobei auch die Vorgaben des Radentscheids zu beachten sind. Die Erkenntnisse sollen zum Billigungsbeschluss für den Bebauungsplan im Jahr 2021 vorliegen, der Planfeststellungsbeschluss ein Jahr später.

Kräftig umgebaut wird auch die Heidemannstraße: Sie erhält eine Busspur zwischen jener Kreuzung an der Ingolstädter Straße und dem Knoten Lilienthalallee/Kieferngartenstraße, sowie ebenfalls Radwege gemäß den Vorgaben des Radentscheids. Auf dem letzten Kilometer zwischen Bayernkasernen-Areal und Bahnhof Kieferngarten rollen die Busse auf der Trasse der Tram 23, die quer durch das Neubauquartier verläuft.

Diffizil ist der gut 400 Meter lange Westabschnitt: Dort muss die Stadt südlich der Heidemannstraße Flächenabschnitte ankaufen, um genügend Platz für Radl-, Bus- und Fahrspuren zu bekommen, wie ein Vertreter der Planungsbehörde im Bezirksausschuss bestätigte. Die Planung sei bereits mit den Grundstückseigentümern abgestimmt, hieß es. Allerdings sorgten sich die Lokalpolitiker, dass dies ein stauanfälliges Nadelöhr produziert: Denn auf diesem Abschnitt ist bisher bis zum Nordostzipfel des Bayernkasernen-Areals nur eine Fahrspur Richtung Osten vorgesehen; dann geht es, wie auf der ganzen Länge in der Gegenrichtung, zweispurig weiter. "Das ist noch nicht in Stein gemeißelt", beruhigte der Behördenmitarbeiter.

Gut einen Kilometer der Bustrasse verläuft westlich der Ingolstädter Straße über die Rathenaustraße. Dieses Segment ist ohnehin schon länger im Fokus der städtischen Verkehrsplaner. BMW treibt die Erweiterung des Forschungs- und Innovationszentrums FIZ voran; 4000 Mitarbeiter will der Konzern bald dort aus anderen Dependancen zusammenziehen. In den nächsten Jahrzehnten sollen gemäß den Plänen des Autobauers hier einmal 15 000 Menschen arbeiten. Schon deshalb kommt der U 26 langfristig eine wichtige Entlastungsfunktion zu, kurzfristig sollen das die Expressbusse übernehmen. So erhält auch die Rathenaustraße auf der gesamten Länge Bus- und Fahrradspuren, wobei die Stadtverwaltung die Gunst der Stunde nutzt, um den Ostabschnitt planungsrechtlich komplett neu festzuzurren.

Denn dort fehlt auf 300 Metern der direkte Durchstich zur Ingolstädter Straße; der Bus müsste einen Umweg nehmen. Die Idee der Planungsbehörde: Die baumbestandenen Wiesenflächen zwischen Prager Straße, Euler- und Thalhoferstraße werden zum "Rathenaupark" umgestaltet, durchschnitten von einer Busspur, die in etwa auf dem bestehenden, asphaltierten Radweg südlich eines wild gewachsenen Gewerbeareals verläuft. Mit den Pächtern der ansässigen Werkstätten und auch der Gärtnerei soll eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, heißt es vom Planungsreferat. "Wir betreiben hier keine aktive Verdrängung." Den Baubeginn für das gesamte Projekt peilt das Planungsreferat für die Jahre 2022 oder 2023 an. Die Details zu den Bauabschnitten, so verspricht es die Behörde, sollen eingehend mit den betroffenen Anwohnern und Bezirksausschüssen diskutiert werden.

© SZ vom 23.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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