Forstenried:Die Zukunft des Derzbachhofs ist wieder offen

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Eigentümer Stefan Höglmaier setzt der Stadt eine Frist für den Bauvorbescheid. Bei Überschreiten werde er über einen Ausstieg und Verkauf des Grundstücks in Forstenried nachdenken. Die Lokalbaukommission will vor einer Genehmigung erst das Petitionsverfahren der Gegner abwarten

Von Jürgen Wolfram, Forstenried

Die Sanierung des denkmalgeschützten Derzbachhofs in Forstenried ist erneut ungewiss. Denn die Lokalbaukommission erteilt den Bauvorbescheid für das Projekt, das auch den Bau von bis zu 20 Wohnungen auf dem Gelände an der Forstenrieder Allee umfasst, wider Erwarten nicht mehr in diesem Jahr. Zunächst müsse sich der Petitionsausschuss des bayerischen Landtags mit einer Eingabe der Projektgegner um Vera Grundler befassen, nennt die Behörde als Begründung. Stefan Höglmaier von der Firma Euroboden quittierte die neue Wendung mit einem Ultimatum: Sollte der Vorbescheid bis zum 8. Januar 2019 nicht vorliegen, werde er über einen Ausstieg aus dem Vorhaben nachdenken und sich um einen Verkauf oder Teilverkauf des Grundstücks in Forstenried bemühen. Am 8. Januar jährt sich der Tag, an dem Höglmaier seinen Antrag auf Vorbescheid eingereicht hat.

Bei Euroboden hatte man fest damit gerechnet, das Okay der Lokalbaukommission bis Weihnachten zu erhalten, so wie es in Gesprächen signalisiert worden sei. "Wir hätten schon gedacht, so viel Rückhalt bei den Behörden zu haben, dass uns endlich ein Bescheid zugestellt wird", sagte Höglmaier der SZ. Offenbar reichten die positiven Expertenmeinungen über das Vorhaben Derzbachhof-Sanierung aber noch immer nicht aus, um die Prüfungen abzuschließen. Nicht zuletzt der Landesdenkmalrat hatte sich vom Euroboden-Konzept zur Rettung des ältesten erhaltenen Münchner Bauernhofs mehrheitlich überzeugt gezeigt. Doch nun drohen weitere Verzögerungen. Der Petitionsausschuss des Landtags befasst sich frühestens Ende Januar 2019 mit der Angelegenheit, der Ausgang ist offen. So lange will Höglmaier nicht mehr warten. "Da setzen wir uns lieber mit der Frage auseinander, wie wirtschaftlich eine Veräußerung des Areals mit oder ohne Hof wäre", sagte er.

Über die Zukunft des Derzbachhofs wird schon seit einiger Zeit heftig gestritten. (Foto: Catherina Hess)

Für seine Gegenspielerin Vera Grundler markiert der Planungsstopp einen Etappensieg. Sie hat nach eigener Aussage 1800 Unterschriften für die Erhaltung des Derzbachhofs und seines Umfelds im Originalzustand gesammelt, zudem viele Bezirksausschuss-Mitglieder auf ihre Seite gezogen. Inhaltlich gibt es Grundlers ursprünglichen Antrag an die Stadt inzwischen auch als Eingabe an den Petitionsausschuss des Landtags. "Wir bitten um den Erhalt des gesamten Hofareals in Forstenried mit Bauernhaus, Bauerngarten, Hofwiese, Zistenwiese, Remise und Holzschuppen", heißt es darin. Denn das Baudenkmal aus dem Jahr 1751 sei "Zeugnis eines einmaligen Beispiels bäuerlicher Tradition im Ortskern von Forstenried".

In seiner Gesamtheit ist das Anwesen allerdings schon jetzt nicht mehr zu retten, denn die Firma Euroboden hat Mitte Dezember mit der - genehmigten - Beseitigung nicht denkmalgeschützter Elemente begonnen. Damit sei die Rechtsgrundlage ihrer Bürgerpetition "zerstört" worden, beklagt sich Vera Grundler bitter. Die Genehmigung zum Abbruch der Schuppen sei vorschnell erteilt, die Petition zu zögerlich behandelt worden.

Vor jeder weiteren Entscheidung in Sachen Derzbachhof müsse nun ein städtebaulicher, landschaftsplanerischer und verkehrstechnischer Realisierungswettbewerb ausgeschrieben werden, fordern Grundler und ihre Mitstreiter. Nur so könnten Architekten und Denkmalpfleger "die sensiblen, schützenswerten Aspekte" erkennen. Die Petentin erinnert ferner daran, dass der Derzbachhof mit seiner Grünfläche den besten Klima- und damit Gesundheitsschutz für die Bevölkerung von Forstenried biete. Der Baumbestand habe "größten Einfluss auf das urbane Mikroklima" im Dorf, heißt es ferner in der Eingabe. Eine weitere Bebauung und Versiegelung würde die Biodiversität auf dem Derzbachhof-Gelände "sehr stark gefährden".

Der denkmalgeschützte Derzbachhof an der Forstenrieder Allee, auch als Feichtbauernhof bekannt, ist Münchens ältester erhaltener Bauernhof. (Foto: Florian Peljak)

Vera Grundler beruft sich bei ihrer Forderung nach "Erhalt des gesamten Hofareals im Ensemble" nicht zuletzt auf das Bayerische Denkmalschutzgesetz sowie entsprechende Beispiele der Rechtssprechung. Ihr schwebt unverändert ein Grundstückstausch vor, bei dem möglichst die Landeshauptstadt München das Derzbachhof-Areal übernimmt, was diese bisher jedoch ablehnt. An "alle Landtagsfraktionen und die Stadt München" richtet sie gleichwohl die Bitte und ihren Appell, auf eine "traditionelle Restaurierung des Einfirsthofs mit dem zugehörigen Umfeld" hinzuwirken.

© SZ vom 28.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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