Forstenried:Argwohn in der Nachbarschaft

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Das geplante sechsgeschossige Schulzentrum an der Königswieser Straße beunruhigt die Anwohner. Sie rechnen mit Verkehrsproblemen und Lärm durch die neuen Sportanlagen im Freien. Die Stadtverwaltung beschwichtigt beim Infoabend: Der "Fußabdruck" des Projekts sei klein

Von Jürgen Wolfram, Forstenried

Der Münchner Südwesten erlebt einen Wachstumsschub wie seit vielen Jahrzehnten nicht. Das hat Folgen für die Ausstattung mit Schulen und Kitas. Vor allem wegen der bevorstehenden Nachverdichtung im Bereich Appenzeller Straße in Fürstenried-West lässt sich der Bedarf mit der Erweiterung bestehender Einrichtungen nicht mehr auffangen. Die Stadt plant deshalb im Rahmen ihrer Schulbauoffensive einen neuen Gebäudekomplex an der Königswieser Straße, der die dortige dreizügige Grundschule mit Einfachturnhalle ersetzen soll. Die alten Bauten werden abgebrochen.

Um den aktuellen Planungsstand dieses Vorhabens ging es bei einem Infoabend, der zunächst als Präsenzveranstaltung geplant gewesen war und nun in digitaler Form nachgeholt wurde. Das Echo der Anwohner auf das städtische Vorhaben skeptisch zu nennen, wäre untertrieben. Die Bürger im Zentrum Neu-Forstenrieds befürchten massive Verkehrsprobleme und Lärmbelästigung, die von den künftigen Sportanlagen ausgeht. Fest steht: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler sowie der Kita-Kinder wird sich mehr als verdoppeln.

Nach Darstellung von Vertretern der beteiligten städtischen Referate soll im Karree Königswieser Straße, Schöllanger Weg, Vinzenz-Schüpfer-Straße, Bühler Weg ein veritables Schulzentrum mit bis zu sechs Geschossen und 25 Metern Gebäudehöhe entstehen. Wichtigste Bestandteile sind eine vierzügige Grundschule, eine vierzügige Mittelschule, ein Haus für Kinder mit einer Hortgruppe sowie je drei Krippen- und Kindergartengruppen, dazu eine Dreifachsporthalle, eine Mensa, eine Dienstwohnung für den technischen Hausverwalter, eine Tiefgarage mit 21 Stellplätzen, eine Mehrzweck- und Versammlungsstätte sowie Spiel- und Sportflächen im Freien. Auf einem der Schuldächer ist ein Allwettersportplatz vorgesehen, auch Lärmschutzwände stehen in der Projektbeschreibung. Konzipiert ist das Raumprogramm für den ganztägigen Schulbetrieb. Auch Förderschulklassen aus dem Stadtbezirk sollen wie gehabt vom Angebot profitieren.

Trotz der Dimension könne der "Fußabdruck" des Vorhabens als gering bezeichnet werden, versicherte Siegfried Trautmannsberger vom Referat für Bildung und Sport. 85 Bäume auf dem Areal blieben erhalten, weil der neue Gebäudekomplex nur vier Quadratmeter mehr an Platz erfordere als die alte Anlage - dank Höhenentwicklung und kompakter Anordnung der Baukörper. Nebenbei werde der Schöllanger Weg "umgestaltet und aufgewertet".

Fachgutachten belegen laut Matthias Beck vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung, dass sich die Auswirkungen der Erneuerung und Erweiterung des Schulzentrums auf den Verkehr sowie die Lärmentwicklung in vertretbaren Grenzen halten. So sei mit einer Zunahme der "Fahrbewegungen" in der Königswieser Straße um maximal 370 pro Tag zu rechnen; auch die zusätzliche Frequenz der Kreuzungsbereiche in der Umgebung dürfte "gering" ausfallen. Man setze im Übrigen auf einen regen Gebrauch von Fahrrädern; passende Abstellanlagen seien fester Bestandteil der Planung.

Die erwartbare Zunahme des Lärms bewertete Beck als mäßig, die Grenzwerte würden "gut eingehalten". Zwar sollen die künftigen Sportanlagen auch Vereinen "kontrolliert" zugänglich gemacht werden, doch Umfang und zeitliche Nutzung würden strikt begrenzt, vor allem abends. Schließlich halte sich auch die Verschattung durch die deutlich höheren Schulgebäude "im Rahmen".

Trotz solcher beschwichtigender Aussagen schwante dem Moderator der Infoveranstaltung, dem Bezirksausschuss-Vorsitzenden Ludwig Weidinger (CSU), schon zum Auftakt der Aussprache, dass "nicht alle Teilnehmer mit der Planung einverstanden sein werden". Er selbst hege Zweifel "an der guten Erreichbarkeit der Schule mit dem Radl". Tatsächlich äußerten mehrere Anwohnerinnen und Anwohner erhebliche Bedenken wegen der Entwicklung in ihrem Viertel. Anders als die Vertreter der Kommunalbehörden beschworen sie "enorme Auswirkungen" des Schulbauvorhabens auf Verkehrsaufkommen und Lärmentwicklung, rechneten vor, dass es bei ihnen schon jetzt viel zu wenige Parkplätze gebe. 21 Stellplätze in der Schulgarage seien daher "ein Witz", hieß es.

Massive, absehbare Probleme würden "klein- und schöngeredet", kritisierte eine Sprecherin. Ein anderer Teilnehmer der Digitalrunde konstatierte: "Bei uns ist eh schon alles eng bebaut." Vor diesem Hintergrund stimme der "Höhensprung" bei den Baukörpern bedenklich. Gar nicht erst ausmalen wolle man sich, was los sein werde, wenn die Schulerweiterung zeitgleich mit der geplanten Erneuerung des benachbarten Amper-Einkaufszentrums (AEZ) angegangen werde. "Ziehen sich dann wochenlang Baufahrzeuge mit Schutt auf den Ladeflächen durch die Königswieser Straße?", fragte ein Bürger. Ludwig Weidinger sagte dazu, der Baubeginn für die AEZ-Modernisierung stehe noch nicht fest.

Wie es mit der Schulbauplanung weitergeht: Für das dritte Quartal dieses Jahres wird der Billigungsbeschluss des Stadtrats für den Bebauungsplan erwartet, für das erste Quartal 2022 der Satzungsbeschluss. Eine erste Baumaßnahme könnte im dritten Quartal 2023 erfolgen. Damit gemeint ist die Errichtung eines "Interim-Pavillons" auf den Sport- und Freiflächen des Schulgeländes, in dem die Kinder während des Umbaus unterrichtet werden. Betriebsfertig sein soll das komplette neue Schulzentrum, das nicht zuletzt sein Pendant an der Engadiner/Walliser Straße entlasten soll, zum Schuljahresbeginn 2026/2027.

© SZ vom 06.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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