Forstenried:Apartments unterm Holzschindeldach

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Investor präsentiert aktuelle Pläne zum Umbau des historischen Derzbachhofs und weist Kritik zurück

Von Jürgen Wolfram, Forstenried

Alte Dorfgeschichten auszugraben und in großformatige Bilder zu übersetzen, das ist die Kunst von Jutta Görlich und Edward Beierle. Seit ein paar Tagen zieren solche Szenen aus der "Oral History" Forstenrieds mehrere Fassaden des südlichen Stadtteils. Die fotografischen Werke des Duos waren der herausragende Hingucker beim jüngsten Forstenrieder Dorffest. Nebenbei wiesen die erzählerischen Darstellungen auf ein Baudenkmal hin, um das sich im Ort gegenwärtig viele leidenschaftliche Diskussionen drehen: den Derzbachhof.

Die Immobilienentwickler der Firma Euroboden nutzten das Traditionsfest zu Vorträgen, Führungen und einer Ausstellung ihrer Sanierungs- und Erweiterungspläne. Bei einem Pressetermin am Rande der mehrteiligen Präsentation erläuterten Euroboden-Chef Stefan Höglmaier und Architekten des Büros Peter Haimerl den letztgültigen Stand ihrer Planung, so wie sie sich im Bauantrag an die Stadtverwaltung wiederfindet. Erhoffter Baubeginn: 2020. Zugleich nahmen die Euroboden-Vertreter Stellung zur Kritik der Projektgegner.

"Unser Vorhaben ist bis ins Detail mit den Denkmalbehörden abgestimmt", versicherte Peter Haimerl beim Ortstermin. Vorgesehen ist nun, im Stadl des Derzbachhofs unter weitgehender Erhaltung der historischen Bausubstanz vier Mietwohnungen von 40 bis 80 Quadratmetern Größe unterzubringen. Im Bauernhaus selbst sind Gemeinschaftsräume für die künftigen Bewohner vorgesehen. Die weiteren Details reichen vom Holzschindeldach bis zu einem "Spielflur", vom Lichthof bis zur Teilmöblierung. Auf dem Vorplatz des Derzbachhofs sollen ein Baum gepflanzt und eine Bank situiert werden - Reminiszenz an die bäuerliche Vergangenheit. Dafür wird die Zufahrt zur Tiefgarage verschoben.

Im rückwärtigen, mittleren Geländeteil an der Forstenrieder Allee entsteht ein Neubau mit 17 Wohnungen unterschiedlichen Zuschnitts. Auch dort sollen sich die Baumaterialien dezent am landwirtschaftlich-historischen Kontext, an der rustikalen Welt aus Höfen und Scheunen orientieren. "Aus Sicherheitsgründen wird's aber nicht allein bei Holz bleiben, denn an einigen Stellen ist Beton behördlich vorgeschrieben", erklärte Architekt Walter Waldrauch. "Unterm Strich soll für die Forstenrieder Bevölkerung aber fühlbar bleiben, was es mit dem Derzbachhof auf sich hat", ergänzte Peter Haimerl.

Mühelos kontern konnte Projektmanager Michael Eckerl den Vorwurf, Bilder aus dem Kunstprojekt seien ohne Genehmigung am Derzbachhof angebracht worden; er zog die zunächst auf drei Wochen befristete Lizenz kurzerhand aus der Tasche. Ob die Ausstellung wegen der positiven Resonanz in weiten Teilen der Bevölkerung verlängert wird, ist noch offen.

Auch die Kritik, Euroboden verweigere eine Rekonstruktion des Sixweges, der teilweise über deren Gelände verläuft, wies Eckerl zurück. Tatsächlich sei es sein Bauunternehmen gewesen, das einen Grundstückstausch vorgeschlagen habe, um den Sixweg wieder zu einer durchgehenden Verbindung für Fußgänger zu machen, von der vor allem Schulkinder profitieren würden. Die Vorsitzende des Vereins der Freunde des Ortskerns Forstenried, Hannelore Prechtel, bestätigt diese Aussage. "Leider schließt sich für eine Lösung der Sixweg-Frage jetzt das Zeitfenster", sagte Projektchef Michael Eckerl. Denn Euroboden müsse mit seinem Gesamtprojekt vorankommen und könne nicht ständig umplanen.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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