Flughafen München:Bruchlandung für Börsenpläne

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Europaweit wird schon nach Wirtschaftsprüfern gesucht, vor allem der Geschäftsführer des Münchner Flughafens drängte an die Börse. Doch nun stoppt die Staatsregierung die Pläne. Die Gegner einer dritten Startbahn dürfte das freuen.

Von Marco Völklein

So klar und deutlich hatte sich die bayerische Staatsregierung zu der Sache bislang nicht geäußert: "Ein Börsengang der Flughafen München GmbH ist nicht geplant", ließ Finanzminister Markus Söder (CSU) am Mittwoch seine Sprecherin ausrichten. Mehr noch: Auf der vormittäglichen Sitzung des Flughafen-Aufsichtsrats habe Söder, der den Vorsitz in dem Gremium führt, einen "deutlichen Hinweis" an die Flughafengeschäftsführung und Airport-Chef Michael Kerkloh gegeben, sagte die Sprecherin weiter. Kerkloh kann damit seine Pläne für einen möglichen Börsengang vorerst einstampfen.

Immer wieder hatte der Manager in der Vergangenheit mit einem Börsengang kokettiert - mal in Interviews mit großen Wirtschaftszeitungen, mal bei Auftritten mit Landtagsabgeordneten. "Wir sind in der Lage, kurzfristig kapitalmarktfähig zu werden", hatte Kerkloh im März 2014 erklärt. Vor Kurzem nun hatte er eine europaweite Ausschreibung gestartet und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gesucht, die für die Flughafengesellschaft FMG und deren zahlreiche Tochterfirmen die Bilanzen testiert - und zwar für die Jahre 2016 bis 2020. In der Ausschreibung heißt es außerdem: "Innerhalb des geplanten Vergabezeitraums ist von einem Börsengang der FMG auszugehen."

Bei den Aufsichtsratsmitgliedern sorgte der Passus am Mittwoch für Unruhe. Angeblich hatte der Flughafen den Satz vor allem deshalb in die Ausschreibung aufgenommen, um große, international aufgestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften für den Prüfungsauftrag begeistern zu können. Dennoch sah sich Söder zu einer Klarstellung bemüßigt. Denn insbesondere in der Flughafenregion im Erdinger Moos werden Kerklohs Börsen-Ideen mit großem Argwohn verfolgt.

Wichtige Rolle beim Dauerstreit um dritte Landebahn

Die Gesellschafterverhältnisse spielen eine wichtige Rolle beim Dauerstreit um die geplante dritte Start- und Landebahn. An diesem Donnerstag wird sich der Landtag mit dem Thema befassen und über eine Massenpetition gegen das Projekt beraten, die 82 000 Bürger unterzeichnet haben. Die Ausbaugegner setzen darauf, dass der Flughafen in den Händen von Freistaat, Bund und - vor allem - der Stadt bleibt. Und damit der Bau der dritten Piste verhindert werden kann.

Michael Kerkloh führt seit September 2002 den Vorsitz der Geschäftsführung der Flughafen München GmbH und kämpft vehement für den Ausbau des Airports. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Denn nach dem ablehnenden Votum der Münchner beim Bürgerentscheid im Sommer 2012 fühlt sich die amtierende Stadtspitze verpflichtet, im Gesellschaftergremium gegen die dritte Startbahn zu stimmen. Das geht aber eben nur, solange die Stadt ihren 23-Prozent-Anteil am Airport behält. Die Mehrheit liegt mit 51 Prozent beim Freistaat, die restlichen 26 Prozent hält der Bund. Auch wenn die Stadt der kleinste Anteilseigner ist: Laut Gesellschaftervertrag muss der Bau einer dritten Piste einstimmig beschlossen werden.

Reiter macht klar: er fühle sich an den Bürgerentscheid gebunden

"Ein Börsengang mit entsprechender Umgestaltung der Mehrheitsverhältnisse würde dem FMG-Management völlig freie Hand bei dessen Expansionsplanungen geben", warnt daher auch der Freisinger Landtagsabgeordnete Christian Magerl (Grüne). Hartmut Binner vom Aktionsbündnis "Aufgemuckt" unterstellt Kerkloh sogar, dieser versuche mit seinem ständigen Geraune vom möglichen Börsengang zusätzlich Unfrieden zu stiften. Deshalb dürfte auch bei der Debatte am Dienstag im Landtag die Sache heiß diskutiert werden - zumal die Grünen einen Beschluss des Parlaments fordern, der die Staatsregierung veranlasst, Kerklohs Bestrebungen zur Vorbereitung eines Börsengangs "unverzüglich einzustellen". Man werde auch "die Startbahn-Gegner unter den CSU-Fraktionsmitgliedern in die Pflicht nehmen", kündigte Magerl an. Unter anderem gilt Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU), die aus Erding stammt, als Gegnerin der dritten Piste.

Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) machte am Mittwoch einmal mehr klar, dass " ich mich selbstverständlich auch in Zukunft an das Votum des Bürgerentscheids gebunden fühle". Er werde "keine Entscheidung unterstützen, die die starke Position der Landeshauptstadt in der FMG aushöhlen könnte". Der dritte Anteilseigner, der Bund, erklärte nur, "zu Aufsichtsratsangelegenheiten öffentlich keine Stellung" zu nehmen, wie es aus dem Haus von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hieß.

© SZ vom 04.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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