Flüchtlinge:Mahnwache gegen Abschiebung

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Immerhin passt das Wetter zur Stimmung der rund 15 Personen, die sich für die letzte Mahnwache gegen Abschiebung in diesem Jahr am Odeonsplatz versammelt haben. "2017 war kein gutes Jahr", sagt Christian Stegmüller von der SchlaU-Schule, der dort junge Geflüchtete auf den Mittelschulabschluss vorbereitet. "Wenn 2015 das Jahr der Willkommenskultur war, dann war 2017 das Jahr der Angstkultur", sagt Stegmüller. Die Schüler könnten sich kaum konzentrieren, weil die Angst vor der Abschiebung jeden Gedanken beherrsche, sagt er.

So auch bei Ali R. aus Feldkirchen, der seinen vollen Namen aus Angst vor negativen Folgen auf sein Asylverfahren nicht in der Zeitung lesen möchte. Der Afghane ist seit zwei Jahren in München und absolviert gerade die Berufsschule. Er möchte Autolackierer in Deutschland werden, ein Betrieb hat ihm sogar schon einen Ausbildungsplatz angeboten. Stattdessen hat er nun aber den Abschiebebescheid in der Hand. "Ich bitte Deutschland inbrünstig, schickt mich nicht in den Krieg zurück", sagt der 22-Jährige. Sein Dorf im Südwesten Afghanistans wurde von den Taliban zerbombt, sein Vater ermordet. Zu Hause erwarten ihn nur Ruinen.

In der gleichen Situation ist Nurdin M. aus Haar. Er macht gerade ein Praktikum bei einem Münchner Schreiner. Vor zwei Jahren ist er mit seinen Eltern aus Afghanistan geflohen, weil die Taliban ihn zwangsrekrutieren wollten. Nurdin konnte sich bis nach Deutschland durchschlagen, seine Eltern kehrten in das Heimatdorf zurück. Um den geflohenen Sohn zu rächen, erschossen die Taliban die Mutter. Trotz dieser Geschichte hat auch Nurdin einen negativen Asylbescheid in den Händen. Beide haben Klage eingelegt.

Von den vielen Geflüchteten, die die Organisatorin Monika Kleck von der Initiativgruppe betreut, sind nur wenige gekommen. "Die meisten haben Angst, dass es sich negativ auf ihren Asylbescheid auswirkt, wenn sie öffentlich sprechen", sagt sie und fügt hinzu: "Das glaube ich aber nicht." Seit August dokumentieren Münchner Flüchtlinge den Umgang mit der Angst vor Abschiebung auf dem Instagram Feed we.refugees.

© SZ vom 23.12.2017 / mayr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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