Filmfest München:185 Premieren in zehn Tagen

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Das Filmfest München ist offen für alle, hier das Festivalzentrum am Gasteig. (Foto: Filmfest München)

Das Münchner Filmfest zeigt dabei auch Werke, die sonst nicht über die große Leinwand flimmern. Mit Emma Thompson und Terry Gilliam kommen zwei Weltstars an die Isar.

Von Bernhard Blöchl

Wenn es um das Filmfest geht, das die Stadt in Kürze zum Schillern bringt, lassen sich die Fragen der Neugierigen auf die immer gleichen Nenner bringen: Welche Stars werden kommen? Welche Filme sind zu sehen? Wie steht das Festival im internationalen Vergleich da? Bei der Pressekonferenz zur 36. Ausgabe am Montag im BR-Funkhaus gab es Antworten. Ein paar zumindest.

Was die Stars betrifft, so liegt die Messlatte ja doch recht hoch, brachten im vergangenen Jahr Sofia Coppola, Bryan Cranston, Bill Nighy und Nastassja Kinski internationalen Glamour an die Isar. Bei der am 28. Juni beginnenden neuen Auflage dürfen sich die Münchner nun erneut auf eine Oscar-Gewinnerin freuen: Dass die britische Schauspielerin Emma Thompson ("Wiedersehen in Howards End") hier ihren neuen Film "Kindeswohl" vorstellen und für Gespräche zur Verfügung stehen wird, war bereits vermeldet worden. Diana Iljine, die Filmfest-Chefin, ergänzte nun, die "große Frau des Weltkinos" sei vor wenigen Tagen in den Adelsstand erhoben worden, folglich nun "Dame Emma" zu nennen.

Auch das Gerücht, wonach mal wieder ein Monty-Python-Held anreisen werde, bestätigte sich. Terry Gilliam, amerikanisch-britischer Autor, Regisseur und Schauspieler hat wohl zugesagt; der 77-Jährige stellt sein in Cannes zum Abschluss gezeigtes Langzeitprojekt "The Man Who Killed Don Quixote" vor, außerdem den zugehörigen Dokumentarfilm "Lost In La Mancha". Gilliam wurde bereits mehrmals beim Filmfest München bejubelt, zuletzt 2014. Er und Emma Thompson werden hier nun mit dem Cinemerit-Award für ihr Schaffen ausgezeichnet.

Ebenfalls nach München reist Lucrecia Martel, eine Vorreiterin des neuen lateinamerikanischen Kinos. Die Argentinierin, Jahrgang 1966, wird in München mit einer Retrospektive geehrt und zeigt im Wettbewerb ihr neues Werk "Zama", ein "kafkaeskes Historiendrama", wie Programmplaner Florian Borchmeyer sagte. Eine weitere Hommage bekommt der deutsche Regisseur Philip Gröning ("Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot").

Mit einem großen nationalen Star-Aufgebot darf man gleich am ersten Tag rechnen. Zur Eröffnung ist als Weltpremiere Joachim A. Langs "Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm" zu sehen, eine kritische Variation des Stoffs, in der die Filmindustrie nicht besonders gut wegkommt, sozusagen Kommerz versus Kunst. Lars Eidinger gibt Bertolt Brecht, in weiteren Rollen sind Tobias Moretti, Hannah Herzsprung, Joachim Król, Claudia Michelsen und Robert Stadlober zu erleben.

Die Auswahl ist groß, die Vielfalt enorm. Insgesamt laufen bis zum 7. Juli 185 Filme aus 43 Ländern, darunter 133 Deutschland- und 43 Weltpremieren. 20 Filme aus dem diesjährigen Cannes-Programm sind dabei, darunter der Gewinnerfilm der Goldenen Palme, das japanische Familiendrama "Shoplifters". Wieder gibt es erstklassige Filmkunst aus aller Welt (vor allem die 20 Wettbewerbsfilme), mutiges Independent-Kino mit starken Beiträgen aus Italien, China, Skandinavien, außerdem Filme mit großen Namen, darunter Ethan Hawke in der Nick-Hornby-Adaption "Juliet, Naked". In der deutschen Reihe gibt es Politisches ("Wackersdorf" von Oliver Haffner) und Zwischenmenschliches ("Safari"), Wildes, Sinnliches, Sexuelles. Im Programm sind wie gehabt auch außergewöhnliche Fernsehfilme und Serien, Werke also, die normalerweise nicht über die große Leinwand flimmern wie die Remakes von "Parfum" und "Das Boot", die in Auszügen vorgestellt werden, oder "Der große Rudolph" mit Thomas Schmauser als Rudolph Moshammer. Erneut gibt es ein Gratis-Open-Air am Gasteig (Boxerfilme) und ein eigenes Kinderfilmfest sowie ein Jugend-Event ("Das schönste Mädchen der Welt").

Als prägende Themen lassen sich Musikfilme, Social-Media- und Überwachungs-Stoffe, Genre-Bastarde, ein Ingmar-Bergman-Schwerpunkt sowie der weibliche Blick herauskristallisieren.

Zum weiten Feld der "Me too"-Debatte sagte Diana Iljine: "Wir setzen nicht auf aufgesetzte Symbolik wie schwarze Teppiche." Frauenförderung und Gleichberechtigung würden sich beim Filmfest München "von innen heraus" ergeben. In der Jury säßen sieben Frauen (bei acht Männern), was für den Perspektivwechsel in der Branche stehe. Sie sei stolz darauf, "große Filmkünstlerinnen" im Programm zu haben und verwies auf die neuen Filme von Jennifer Fox, Alice Rohrwacher und Lucrecia Martel im Wettbewerb Cinemasters.

Bleibt noch die Frage der Positionierung. München sei ein Publikumsfestival, das betont Iljine bei jeder Gelegenheit. Ziel sei es, noch stärker zu einem Bürgerfest zu werden. Alle Veranstaltungen seien offen für Besucher (bis auf die Eröffnungsgala). Das sei die große Stärke im Vergleich zu den etwa 600 anderen Filmfestivals, die es in Europa gebe. Das komplette Programm gibt es unter www.filmfest-muenchen.de, der Vorverkauf beginnt am 18. Juni.

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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