Es gibt sie noch, die Einhörner, die Piraten, die Clowns, die Hexen, Prinzessinnen und Marienkäfer. Bei strahlendem Sonnenschein schwirrten sie aus durch die Münchner Innenstadt: Zum Rosenmontag holten viele aus den Faschingskisten, was in den vergangenen drei Jahren während der Pandemie darin eher eingemottet liegen blieb. Das waren erste Farbtupfer nur, denn der Faschingsdienstag gilt mit dem "Tanz der Marktweiber" auf dem Viktualienmarkt als Münchner Höhepunkt der sogenannten närrischen Saison.
Manchen fällt das Feiern schwer, das ist ähnlich wie bei der Diskussion, ob das Oktoberfest nun stattfinden sollte oder nicht. Krieg, Corona, Energiekrise - und dann kommt hinzu, dass man sich ein paar mehr Gedanken als früher macht über klischeehafte Verkleidungen und Kostüme, die andere möglicherweise herabwürdigen könnten, Stichwort kulturelle Aneignung. In manchen Kitas dürfen kleine Ritter inzwischen auch nur kurz das Plastikschwert vorzeigen, bevor sie es an der Garderobe abgeben müssen, Stichwort Bewaffnung.
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Aber Schluss mit den schweren Gedanken: Der guten Laune der Kostümierten auf Münchens Straßen und Plätzen tat das keinen Abbruch. Auch kam die Nachricht, dass der Bund Deutscher Karneval (den gibt es wirklich) gerade seine Ethik-Charta überarbeitet, um alle offenen Fragen der korrekten Kostümierung zu klären. Das sind beruhigende Aussichten in diesen turbulenten Tagen.
Zu seiner Faschings-Premiere setzt Raihan Barakat (M.) auf Tradition: Er ist als Clown gekommen. "Ich bin so aufgeregt", sagt der 21-Jährige. In seinem Heimatland Indonesien gibt es so etwas wie Fasching nicht. Arbeitskollegin Annette Dziurla (r.), als Flamingo verkleidet, hat ihn mit zum Marienplatz genommen. Barakat ist vom Fasching jedenfalls begeistert: "Ich finde es toll. Man kann sich richtig freuen."
Nach den "schlimmen" Corona-Zeiten wollen Chang Broszio (l.) und ihre Tochter einfach mal wieder Spaß haben. So wurde es bei ihr das Piloten-Kostüm, die Tochter hat sich als Katze verkleidet - weil sie Katzen eben mag. Die Verkleidung kommt übrigens aus den Niederlanden. Da sei die Auswahl größer.
Immer wieder werde er gefragt, ob er aus dem Film "Charlie und die Schokoladenfabrik" sei. Wegen des Zylinders natürlich. Dabei trägt Tilo Knoll ein Steampunk-Outfit. Ein bisschen sehe er sich selbst als Teufel auf Erden. Nach acht Jahren hat der 47-Jährige die Depressionen und damit seine "persönliche Hölle" überwunden. Das Leben sei eben ein Überlebenskampf.
Schon als kleines Mädchen waren Indianer ihr Vorbild. Das hat sich für Laura Giltner bis heute nicht geändert. Die ganze Diskussion um kulturelle Aneignung kann sie nicht verstehen. "Ich finde es übertrieben. Ich laufe ja nicht ständig damit herum." Ganz im Gegenteil: Ihre Verkleidung möchte die 40-Jährige explizit als Zeichen gegen Rassismus verstanden wissen.
Fasching heißt auch, dass man die eigene Identität kurzzeitig verlassen kann. So wie die vier Gärtnerinnen Irmi, Geli, Conny und Anette (v. l.). Mit ihrem Outfit könnten sie auch als Grünen-Wahlkampf-Team durchgehen. Zugegeben: "Grün angehaucht" seien sie ja schon, räumt Conny ein.