Fasching:Die Gesetze des Marktes

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Regen hin, Kälte her: Am Faschingsdienstag tanzen die Marktfrauen auf dem Viktualienmarkt, 400 Polizisten sichern die Innenstadt

Von Anna Hoben

Was hat es zu bedeuten, wenn Donald Trump und ein Schlumpf auf der Straße mit Bier anstoßen? Ein Trump übrigens, der Netzstrumpfhose, Stöckelschuhe und untenrum weiter nichts trägt, obenrum eine für trumpige Verhältnisse viel zu kurze rote Krawatte und ein Schild mit der Aufschrift "Alternative Fakten" auf der Rückseite seines grauen Jacketts. Nun, findet diese Begegnung in der Nähe des Viktualienmarkts statt, hat dies mit ziemlicher Sicherheit zu bedeuten, dass Faschingsdienstag ist.

Wenn nur das Wetter etwas netter wäre. Um zehn Uhr hat es sich eingeregnet auf dem Viktualienmarkt, ein paar Stunden zuvor hatte es sogar noch geschneit. Die Münchner Faschingsbegeisterten lassen sich von dem ungemütlichen Wetter aber nicht abhalten und machen es sich dennoch irgendwie gemütlich bei dieser ihrer Party des Jahres, unter Schirmen, Dächern und Vorsprüngen. Ein rosafarbener Indianer hat sich kurzerhand in transparente Plastikfolie eingepackt; Bier, Prosecco und Jägermeister helfen mit, den Stimmungspegel nicht sinken zu lassen.

Bevor das offizielle Bühnenprogramm startet, geht es vor allem um Sehen und Gesehenwerden, und darum, originelle Kostüme zu fotografieren. Zwischen Marienplatz und Viktualienmarkt steht ein Mann, Flecktarnhose, orangefarbene Bauarbeiterjacke und Hahnenhütchen auf dem Kopf, "Konfetti!", ruft er ein wenig lustlos, einen Beutel gibt es für 1,50 Euro, vier Beutel für fünf Euro. Die Menschen ziehen an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten: die Dame mit den Zöpfen in Schwarz-Rot-Gold, der Rentner mit den Herzchen auf den Wangen, die junge Frau, die sich als Seifenblasendose verkleidet hat.

Um halb elf sind die ersten Sektflaschen geleert. Eine gute Voraussetzung, mitzusingen bei den Warm-up-und-Schunkel-Krachern, und die üblichen Damennamen anzurufen: Rosamunde! Anneliese! Schützenliesl! Zu "Schatzi, schenk mir ein Foto" steigt Oberbürgermeister Dieter Reiter von dem Faschingswagen, der ihn vom Rathaus hergebracht hat, und bahnt sich einen Weg zur Bühne.

Da gibt sich einstweilen noch der letztjährige Narrhalla-Prinz, Christian II., alle Mühe, das Publikum darin zu bekräftigen, dass es genau richtig ist, sich vom "Sauwetter nicht abhalten" zu lassen. "Lauter", fordert er, "wir drehen die Musik auf, die sollen uns alle hören, ich schrei' ,Narr' und ihr schreit ,Halla'!" Die nächste Feier-Ermutigung kommt sodann von höchster Stadtstelle, obwohl der Oberbürgermeister bis Mitternacht hier ja eigentlich nicht viel zu sagen hat. "Die Münchner müssen sich vor den Kölnern oder Düsseldorfern nicht verstecken", findet Dieter Reiter.

Um halb zwölf schließlich treten jene auf, wegen derer alle hier sind: die Marktfrauen. Zehn Tänze haben sie seit Oktober wieder einstudiert, "Schirme zu!", rufen sie, damit auch alle etwas sehen können. Der Platz ist mittlerweile gut gefüllt, bis zu 3000 Menschen sind laut Polizei gekommen. Tapfer trotzen die Marktfrauen, die in diesem Jahr zum 30. Mal auf der Faschingsbühne stehen, der Kälte.

Viele Menschen feierten am Nachmittag in der Innenstadt noch weiter. Insgesamt 400 Polizisten waren im Einsatz.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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