Fasangarten:Leerstand mit Ansage

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In der ehemaligen Amisiedlung soll neu gebaut werden. Solange die Planung läuft, dürfen die alten Wohnungen ungenutzt bleiben

Von Hubert Grundner, Fasangarten

Ungenutzten Wohnraum, noch dazu, wenn dafür eine Behörde verantwortlich ist, werden die meisten Münchner als ziemliches Ärgernis empfinden. So ähnlich dürfte es auch Stadträtin Brigitte Wolf (Die Linke) gegangen sein, die eine Anfrage gestellt hat. Ihr war bereits vor rund einem Jahr zu Ohren gekommen, dass in der Siedlung am Perlacher Forst "viele Wohnungen leer stehen, dies teilweise bereits seit Jahren". Eigentümerin ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Wolf präzisierte: "An den Hausblöcken Cincinnatistraße 44 bis 48, 50 bis 54 und 56 bis 60 sowie Pennstraße 1 bis 5 gibt es offensichtlich besonders viele Wohnungen, die nicht genutzt werden. Anwohner bestätigen, dass dieser Zustand beständig anhält." Die Stadträtin stellte deshalb die Frage, warum sich das Zweckentfremdungsverfahren in der einstigen Amisiedlung derart lange hinziehe.

Die Wohnblöcke am Perlacher Forst gehören der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). (Foto: Alessandra Schellnegger)

In ihrem Antwortschreiben erklärte Sozialreferentin Dorothee Schiwy jetzt dessen Dauer damit, dass es bei der notwendigen Überplanung des betroffenen Stadtgebietes zur Schaffung von möglichst viel neuem Wohnraum einer längeren Vorlaufzeit bedürfe. Für die Realisierung der geplanten Bauvorhaben, wie Abbruch und Neubau, Umbau, Aufstockung und Modernisierung des Areals, sei es nötig, einzelne Häuser zu leeren. Dies erfolge in der Regel durch Fluktuation oder durch sozial verträgliche Umsetzungen der Mieterinnen und Mieter.

Für die Realisierung der geplanten Bauvorhaben sei es nötig, einzelne Häuser zu leeren. So auch die Hausblöcken Cincinnatistraße 44 bis 48. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Dieser längere Leerstand von Wohnungen müsse der Eigentümerin, also der Bima, bei dem Ausmaß der vorgesehenen Baumaßnahmen und den notwendigen Absprachen mit dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zugestanden werden. Es handelt sich daher laut Schiwy "um einen gerechtfertigten Leerstand" im Sinne der städtischen Zweckentfremdungssatzung von Wohnraum.

Wie die Sozialreferentin außerdem erklärt, haben Ende 2019 Gespräche zwischen dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben begonnen, wie die betreffenden Bestandsgebäude der Siedlung moderat saniert beziehungsweise modernisiert werden können. Dabei solle als nächster Schritt, aufbauend auf eine umfangreiche Bestandsaufnahme, eine Machbarkeitsstudie ausgearbeitet werden, bei der auch die Möglichkeit zur Schaffung zusätzlichen Wohnraums bei gleichzeitigem Erhalt des Gebietscharakters mit seinen prägenden Merkmalen geprüft werden soll. Die Bima werde, so Schiwy weiter, bei den einzelnen Projektschritten von der Partnerschaft Deutschland (PD - Berater der öffentlichen Hand GmbH) organisatorisch unterstützt, um das Verfahren zu beschleunigen und zu professionalisieren.

Bima will die Gebäude sanieren und zusätzliche Wohnungen schaffen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Zusätzlich werde eine Prüfung für eine Milieuschutzsatzung seitens des Referates für Stadtplanung und Bauordnung durchgeführt. Abhängig vom Ergebnis der Machbarkeitsstudie sei anschließend zu klären, wie und mit welchen Instrumenten die Planung und Umsetzung gesteuert werden muss beziehungsweise in welchem Zeitrahmen die Umsetzung erfolgen kann. Eine zügige Umsetzung liege im Interesse des Referates für Stadtplanung und Bauordnung.

Nach Angaben der Sozialreferentin wurde dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung seitens der Bima zugesichert, die Sanierung beziehungsweise Modernisierung sozial verträglich zu gestalten. Gegen eine kurzzeitige Zwischenvermietung der leer stehenden Wohnungen bestünden seitens des Referates für Stadtplanung und Bauordnung keine Einwände, die Umsetzung obliege der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

Der Mörder von Heinz N. dachte an alles, leerte seinen Briefkasten, knipste das Licht in der Wohnung an und aus, gab eine Steuererklärung ab. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Auskunft gibt Schiwy in ihrer Antwort auch auf die Fragen Brigitte Wolfs nach den laufenden Zweckentfremdungsverfahren. So wurden nach den bislang vorliegenden Zahlen im zuständigen Fachbereich im Jahr 2018 für 2982 Wohneinheiten zweckentfremdungsrechtliche Verfahren durchgeführt. Die Zahlen für 2019 würden derzeit erstellt und dem Sozialausschuss noch in der ersten Jahreshälfte vorgelegt. Um noch mehr Hinweise auf potenzielle ungenehmigte zweckfremde Nutzungen von Wohnraum zu erhalten, hat das Amt für Wohnen und Migration im Januar 2018 im Internet eine Meldeplattform (http:// www.raum-fuer-muenchen.de) eingerichtet. Ein erklärtes Ziel der Meldeplattform, eine höhere Anzahl an Hinweisen an den Fachbereich zu generieren, konnte laut Schiwy in einem sehr deutlichem Maße erreicht werden. Bis zum 31. Dezember 2019 gingen auf diesen Weg genau 2222 Hinweise auf eine vermutete Zweckentfremdung von Wohnraum ein. Aufgrund dieser Hinweise wurden im Fachbereich rund 700 zweckentfremdungsrechtliche Verwaltungsverfahren eingeleitet. Rund 200 dieser eingeleiteten Verfahren seien bereits abgeschlossen worden, so Schiwy.

© SZ vom 21.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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