Fasangarten:Anhaltender Widerstand

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Die Asphaltierung des General-Kalb-Weges bleibt umstritten: Die Stadt beruft sich dabei auf den Beraterkreis für barrierefreies Bauen, doch nicht alle Menschen mit Behinderung begrüßen die jetzige Sanierung

Von Hubert Grundner, Fasangarten

Im Streit um den General-Kalb-Weg schalten die Akteure auf stur: Das Baureferat besteht darauf, ihn zu asphaltieren, während die Gegner einer solchen Sanierung genau das verhindern wollen. Dies hatte zuletzt unter anderem die CSU-Stadtratsfraktion in einem Antrag - "mit sofortiger Wirkung" - gefordert. Dabei beriefen sich die Christsozialen auf frühere Beschlüsse des örtlich zuständigen Bezirksausschusses (BA) 17 sowie einer Bürgerversammlung.

Davon aber will man in der Stadtverwaltung offenbar nichts wissen, wie aus ihrer Antwort auf den Antrag deutlich hervorgeht: Das Baureferat, so heißt es darin, saniere derzeit den bestehenden Fuß- und Radweg General-Kalb-Weg in dem 350 Meter langen Abschnitt nördlich der Cincinnatistraße aufgrund des schlechten und nicht barrierefreien Zustands der wassergebundenen Decke. Auf Wunsch des Städtischen Beraterkreises barrierefreies Planen und Bauen sei eine separate Führung der Fußgänger auf einem Gehweg mit 1,80 Meter Breite und des Radverkehrs auf einem 2,70 Meter breiten Zweirichtungsradweg vorgesehen. Dafür werde der Fuß- und Radweg asphaltiert und mit einem taktil erfassbaren Betoneinfassstein getrennt sowie beidseitig eingefasst.

Schotterpiste: Ob und auf welche Weise der General-Kalb-Weg saniert wird, ist in der Siedlung am Perlacher Forst ein veritabler Streit entbrannt. (Foto: Catherina Hess)

Diese Ausführung stelle eine erhebliche Verbesserung für mobilitätseingeschränkte Personen dar und ermögliche eine Nutzung mit Rollatoren, Rollstühlen und Fahrrädern gleichermaßen. Ein ordnungsgemäßer barrierefreier Ausbau unter Beibehaltung einer wassergebundenen Oberfläche sei dagegen technisch nicht möglich. Im Bereich der schützenswerten Bestandsbäume werden demnach statt Einfasssteinen Kleinsteinzeilen eingebaut, um die Eingriffe in den Wurzelraum zu minimieren. Zudem erfolge bei unvermeidbaren Eingriffen im Wurzelbereich der Bäume eine ökologische Baubegleitung durch eine Fachfirma, um Schädigungen auszuschließen.

Die Maßnahme sei mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt und wurde vom zuständigen BA 17 in seiner Sitzung am 19. Januar 2021 einstimmig so beschlossen: "Aus Sicht des Baureferates besteht daher keine Veranlassung, die bereits laufende Maßnahme zu stoppen."

Allerdings hatte an der Art und Weise, wie diese BA-Entscheidung im Januar zustande kam, zuletzt die Interessengemeinschaft Wohnanlagen am Perlacher Forst (Iwap) massiv Kritik geübt. Dabei habe das Gremium, so der Vorwurf des Iwap-Vorsitzenden Alois Schwarzhuber, seine eigenen Beschlüsse, in denen kurz zuvor noch die Asphaltierung des General-Kalb-Weges abgelehnt wurde, schlicht ignoriert. Was wiederum die BA-Vorsitzende Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne) in der jüngsten Sitzung des Gremiums dazu veranlasste, in dessen Namen eine Erklärung abzugeben: Der General-Kalb-Weg sei trotz Asphalt versickerungsfähig und die Baumaßnahmen fänden unter Aufsicht der Unteren Naturschutzbehörde statt. Als Radel-Schnellweg sei er nicht geplant, beteuerte Dullinger-Oßwald, dafür sei künftig die Balanstraße vorgesehen.

Der General-Kalb-Weg fungiert derzeit als Fuß- und Radweg. (Foto: Catherina Hess)

Alois Schwarzhuber konnte die Erklärung gleichwohl nicht überzeugen. Er bezweifelt, dass Radfahrer die Aufforderung der BA-Mitglieder beherzigen und nicht "über den Asphalt brettern" werden. Und wenn das Baureferat die Asphaltierung des Weges explizit mit dem Wunsch des Städtischen Beraterkreises für barrierefreies Planen und Bauen erklärt, der sich aus Mitgliedern des Behindertenbeirats, des Seniorenbeirats sowie der Gesamtschwerbehindertenvertretung der Landeshauptstadt München zusammensetzt: Aber auch aus diesem Personenkreis setzt es Kritik an dem Projekt.

So moniert die sehbehinderte Dagmar Rath, die mit ihrem Blindenhund unterwegs ist, insbesondere die Trennung von Rad- und Fußweg. Dann, so ihre Befürchtung, sehen viele Radfahrer keine Veranlassung mehr, auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. Das heiße für sie ganz konkret, dass sie ihren vierbeinigen Begleiter nicht mehr von der Leine lassen könne. Was aber wichtig sei. Denn für den Blindenhund sei das freie Herumlaufen, das Schnuppern am Wegesrand und das Kennenlernen anderer Hunde gewissermaßen die Belohnung für seine Führarbeit mit Frauchen. Ebenso wie ihr, sagt Dagmar Rath, diene der Spaziergang auch dem Blindenhund zur Erholung.

Überhaupt ergibt die Trennung von Rad- und Fußweg ihrer Meinung nach nur dort Sinn, wo alle Verkehrsteilnehmer möglichst schnell von A nach B wollen. Beim General-Kalb-Weg sei das nicht der Fall, der lade geradezu zum gemütlichen Schlendern, Flanieren und Genießen ein: "Das ist der absolute Spazierweg für die Leute aus der Siedlung", sagt Dagmar Rath.

© SZ vom 30.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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