Europäisches Patentamt in München:Zahl der Patentanmeldungen aus Deutschland sinkt

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Deutschland könnte bei der Zahl der Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt in München bald von Platz 2 abrutschen. (Foto: Stephan Rumpf)

Laut der in München ansässigen europäischen Behörde könnte der Spitzenplatz im internationalen Ranking in Kürze verloren gehen. In der größten Wachstumsbranche ist das Land offenbar zu schwach.

Das Europäische Patentamt (Epa) verzeichnet eine Rekordzahl an Patentanmeldungen, dabei sinkt jedoch das Aufkommen aus Deutschland. Das in München ansässige Epa zählte im vergangenen Jahr insgesamt 193 460 Anmeldungen - und damit 2,5 Prozent mehr als im Jahr davor, wie das Amt am Dienstag mitteilte. Die Anmeldungen aus Deutschland sanken aber um 4,7 Prozent auf 24 684 - das ist der niedrigste Stand seit mehr als einem Jahrzehnt.

Noch liegt Deutschland damit auf dem zweiten Platz hinter den USA (48 088), doch wenn die Entwicklung anhält, könnte sich das in einigen Jahren ändern. "Der Anteil deutscher Patentanmeldungen beim Epa ist in den vergangenen zehn Jahren von 17,9 auf 12,8 Prozent gefallen", sagte Epa-Volkswirt Ilja Rudyk. Als Ursache dafür sieht er eine Verschiebung zwischen den Branchen. "Besonders großes Wachstum gibt es in digitalen Bereichen. Diese spielen bei Patentanmeldungen aus Deutschland keine so große Rolle", erklärte er. In den in Deutschland starken Feldern wie Maschinenbau und Fahrzeugtechnik stagnierten die Patentanmeldungen dagegen.

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In der Folge könnte Deutschland seinen zweiten Platz in wenigen Jahren an China verlieren. Das Land liegt zurzeit auf Rang vier hinter Japan, machte in den vergangenen Jahren aber einen enormen Sprung nach oben. "2013 gab es aus China 4075 Patentanmeldungen, letztes Jahr waren es 19 041", sagte Rudyk. "Rein rechnerisch, wenn sich der Trend fortsetzt, könnte China Deutschland in drei Jahren zumindest eingeholt haben."

Auch der nach Anzahl größte Patentanmelder kommt aus China: Huawei steigerte sich um fast 1000 auf 4505 Anmeldungen. Dahinter folgen LG (3510), Qualcomm, das seine Anmeldungen auf 2966 fast verdoppelte, und Samsung (2874). Die deutsche Nummer eins, Siemens, folgt auf dem sechsten Platz mit 1735 Patentanmeldungen. Das sind 25 mehr als vor einem Jahr, dennoch rutscht der Münchner Konzern einen Platz nach unten.

Weitere deutsche Konzerne in den Top 50 sind BASF auf Rang acht mit 1401, Bosch mit 1214 (Rang elf), Siemens Energy mit 601 (28) und die Fraunhofer-Gesellschaft mit 453 Patentanmeldungen auf Platz 47. Die reine Zahl der Patentanmeldungen ist aber nicht alles. "Einer der Gründe für die hohen Patentzahlen bei einigen Top-Anmeldern dürfte auch sein, dass es hier um Mobilfunkpatente für 5G und 6G geht", sagte der Leiter der Siemens-Patentabteilung, Beat Weibel. "Diese Patente werden in der Regel in Pools lizenziert, und je mehr eine Firma einbringt, desto größer ist ihr Anteil an den Lizenzgebühren", erklärte er. Es lohne sich dort also, möglichst viele und teils auch kleinteilige Patente anzumelden. "Das entspricht nicht unserem Vorgehen."

Wie unterschiedlich Patentrangfolgen ausfallen können, zeigt sich auch beim Vergleich mit den Zahlen des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) von Anfang März. Dort ist Bosch mit 3946 Anmeldungen größter Kunde, Siemens spielt keine größere Rolle. Im Bundesländer-Ranking des DPMA liegt Baden-Württemberg vorne, beim Epa Bayern. Baden Württemberg kommt auf den dritten Platz hinter Nordrhein-Westfalen. An anderer Stelle ist man sich aber einig: Auch das DPMA registrierte 2022 einen Rückgang der deutschen Anmeldungen.

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