Ermittlung gegen Bio-Betrieb:Vorwürfe gegen Brucker Schlachthof

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  • Filmaufnahmen der "Soko Tierschutz" sollen Belege für Tierquälerei liefern.
  • Die Betreiber des Schlachthofs wehren sich gegen den Verdacht.
  • Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU) wies die Regierung von Oberbayern an, die Angelegenheit zu überprüfen.

Von Heike A. Batzer und Christian Sebald, München/Fürstenfeldbruck

Es sind Filmaufnahmen, die einen betroffen machen: Das Rind im Gang des Schlachthofes will nicht weitergehen. Da greift der Metzger durch das Stahlgitter hindurch, packt das Tier am Schwanz, dreht diesen hin und her und knickt ihn immer wieder um. Mit der äußerst schmerzhaften Prozedur soll das Rind offenbar dazu gebracht werden, in den Gang hineinzugehen. Doch es funktioniert nicht, das Tier sträubt sich. Da packt der Metzger ein Gittertor und schlägt es dem Rind wiederholt auf das Hinterteil. Zuletzt greift der Mann zu einer Elektrozange, wie sie nur zur Betäubung von kleineren Schlachttieren verwendet werden darf, und versetzt dem Rind damit Stromschläge. Dann rennt das Tier in den Gang hinein.

Die Bilder stammen von der Soko Tierschutz. Die Organisation hat sie nach eigenen Angaben mit versteckten Kameras im Schlachthof Fürstenfeldbruck aufgenommen. Der Betrieb, der zu den kleinen der Branche zählt, wirbt auf seiner Internetseite mit einer "ethisch vertretbaren und hochwertigen Schlachtung". "Dieses Vorgehen gegen das Rind ist aber ein massiver Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und die Tierschutzschlachtverordnung", sagt ein Sprecher der Soko Tierschutz. "Wir haben den Schlachthof bei der Staatsanwaltschaft München II angezeigt."

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Konfrontiert mit den Filmsequenzen, wollen der Schlachthof-Chef Alexander Hill und sein langjähriger Vorgänger Max Keil nicht bestätigen, dass darin ihr Betrieb zu sehen ist. Gesichter und Perspektive seien nicht erkennbar, sagt Keil, und Hill ergänzt: "So etwas gibt es tausendfach im Internet." Man sei "Tag und Nacht unterwegs, um so einen Laden in Ordnung zu halten", sagt Keil. Deshalb mache es "mürbe, dass man unter einen solchen Verdacht gerät". Hill betont aber, dass er die Vorwürfe ernst nehme.

Seine Firma ist seit 1998 in Betrieb. Etwa hundert Beteiligte - Metzger, Bauern und Verbraucher - hatten dazu drei Jahre zuvor eine gemeinsame Trägergesellschaft gegründet und ein eigenes Schlachthaus errichtet. Der Schlachthof ist öko-zertifiziert. Zwischen 50 und 60 Prozent der Schlachttiere stammen von Biobauern und werden als Biofleisch auch in München vermarktet.

Die Filmsequenz mit dem Rind ist eine von vielen mit tierquälerischen Praktiken, die laut Soko Tierschutz zwischen Juli 2016 und April 2017 im Fürstenfeldbrucker Schlachthof entstanden sind. Sie alle zeigten massive und systematische Verstöße gegen den Tierschutz. So hätten die Mitarbeiter dort praktisch permanent sogenannte elektrische Treibhilfen eingesetzt, um die Tiere in die Tötungsboxen zu befördern. Dabei sei der Gebrauch der Geräte, mit denen den Tieren Stromschläge versetzt werden, nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt.

"Unsere Bilder belegen, dass es eine ethisch vertretbare Schlachtung nicht gibt"

Außerdem wurden laut Soko Tierschutz wiederholt Schweine nur mangelhaft betäubt, so dass die Tiere beim Schlachten heftige Abwehrreaktionen zeigten. "Unsere Bilder belegen, dass es eine ethisch vertretbare Schlachtung nicht gibt", sagt der Soko-Sprecher. "Schlachten ist von massiver Gewalt geprägt - auch an kleinen Metzger-Schlachthöfen, die für sich in Anspruch nehmen, Vorbild beim Tierwohl zu sein."

Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU) reagierte schnell auf die Vorwürfe. Nach ihrem Bekanntwerden wies ihr Haus sofort die Regierung von Oberbayern an, sie zu überprüfen. "Verstöße gegen den Tierschutz sind nicht hinnehmbar", sagt Scharf. "Sollten sich Missstände zeigen, müssen sie abgestellt werden."

Laut einem Ministeriumssprecher geht die Zuständigkeit für den Schlachthof ab Anfang 2018 auf die neue zentrale Kontrollbehörde für sogenannte komplexe Lebensmittelbetriebe über. Sie wird gerade aufgebaut. Der Fürstenfeldbrucker Landrat Thomas Karmasin (CSU), dessen Kreisbehörde bisher für den Schlachthof zuständig ist, kündigte ebenfalls an, den Vorwürfen nachzugehen.

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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