Vom Anfang bis heute:Anekdotische Schlossgeschichte

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Gabi Hofstetter, Vorsitzende des Heimat- und Verschönerungsvereins, und Bürgermeister Stefan Haberl bei der Vorstellung des Flyers. (Foto: Renate Schmidt)

Zu seinem 125-jährigen Bestehen legt der Heimat- und Verschönerungsverein Taufkirchen für Besucher und Schulen einen informativen Flyer zum Wasserschloss auf.

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Seit Jahrhunderten prägt das Wasserschloss das Bild und die Geschichte der Gemeinde Taufkirchen an der Vils. Urkundlich wird das Schloss erstmals im Jahr 1263 in einem Schriftstück erwähnt, das somit als seine "Geburtsurkunde" gilt. Dieses Datum nahm die Gemeinde zum Anlass, 2013 eine 750-Jahr-Feier für das kulturelle Kleinod des Ortes auszurichten. Ein weiteres Jubiläum feiert heuer der Taufkirchener Heimat- und Verschönerungsverein (HVV), der 125 Jahre alt wird. Als Jubiläumsgabe hat der HVV einen informativen Flyer über das Wasserschloss erstellt, in dem die wichtigsten Stationen der Schlossgeschichte vorgestellt werden.

Es gibt bereits ein Buch, das die Taufkirchener Schlossgeschichte behandelt. Es erschien 2008, die Autoren waren Bodo Gsedl, Josef Heilmaier und Hubert Kemper. Schon damals war der HVV Herausgeber. Doch das Werk ist längst vergriffen. Aktuell gibt es für Interessierte kaum Quellen, außer man leiht sich das Buch im Archiv aus. An eine aktualisierte Neuauflage wollte sich der HVV nicht heranwagen, sondern stattdessen mit einem Flyer Besucher ansprechen, die sich in wenigen Leseminuten einen Überblick über die Geschichte verschaffen wollen.

Thematisch geht der Flyer auf die Schlosskapelle, den "Heiligen Viktor", den Silberschatz und die heutige Nutzung ein. Auf der Rückseite findet man einen übersichtlichen Zeitstrahl mit den jeweiligen Schlossherren von den Fuggern über die Fraunberger und den Baron von Alvensleben sowie den Landesarmenverband, den Bezirk Oberbayern und schließlich die Gemeinde Taufkirchen, die das Schloss nun als Kommunalunternehmen führt, verwaltet und mit kulturellen Veranstaltungen belebt.

Die Geschichte des "Heiligen Viktors" wird im Flyer vorgestellt, weil sie auch bei Schlossführungen zuverlässig für ein Schmunzeln der Besucher sorgt. Denn im 17. Jahrhundert schielte der Schlossherr Adam von Puech neidvoll nach Dorfen, wo die Marienwallfahrt in voller Blüte stand. Bis zu vier Millionen Wallfahrer kamen damals bis zur Säkularisation nach Dorfen, hungrig und durstig, Gaststätten und Brauereien florierten. Puech hatte 1624 ebenfalls ein Brauhaus erbauen lassen und weil er ein geschäftstüchtiger Mann war, ließ er sich etwas einfallen: Aus den römischen Katakomben besorgte er sich eine Kiste voller Gebeine, die angeblich die des "Heiligen Viktors" sein sollen, der ein römischer Soldat und christlicher Märtyrer gewesen sei. Die Gebeine wurden mit Perlen und bunten Glassteinen verziert und in der Schlosskapelle in einem Schrein aufgebahrt. Prompt kamen die Pilger auch nach Taufkirchen, nicht so viele wie nach Dorfen, aber die Brauerei machte von da an gute Umsätze. So ging damals erfolgreiches Marketing.

Erfolgreiches Marketing mit dem "Heiligen Viktor"

Auch der Taufkirchener Silberschatz ist eine Besonderheit und findet im Flyer Erwähnung. Es handelt sich dabei um Votivgaben zusammen mit Reliquiaren, Statuetten, Leuchtern, Vasen und Messgarnituren. Die wichtigsten und wertvollsten Objekte werden im Tresor einer Bank sicher verwahrt. Diese Ausstattung der Kapelle ist angeblich die einzig komplett erhaltene im Bereich der Erzdiözese, denn während der Säkularisation um 1800 übte der Staat Zugriff auf solche Wertgegenstände der Kirche aus. Der Silberschatz des Wasserschlosses befand sich jedoch im Privatbesitz und blieb somit geschützt.

Das Schloss Taufkirchen von Wasser umgeben. (Foto: Stephan Görlich)
Der Altar der Schlosskapelle zählt zu den ältesten im Landkreis. (Foto: Renate Schmidt)

Weiterhin gilt die Schlosskapelle als sehenswert: Der Altar (um 1600) gehört stilistisch zur Spätrenaissance und zählt zu den ältesten Altären im Landkreis Erding. Die Kapelle ist der einzige Raum im Schloss, der über die Jahrhunderte hinweg komplett erhalten blieb.

Der Flyer wurde von Anneliese Mayer, stellvertretender Referentin für das Wasserschloss, Kunst und Kultur, Konrad Karbaumer, Mitarbeiter des Gemeindearchivs sowie der Grafikerin Maria Färbinger erstellt und zur Hälfte vom Kommunalunternehmen Wasserschloss finanziert. Man will sparsam mit der Auflage von 2000 Stück umgehen, der Flyer soll nur im Rathaus und im Wasserschloss ausgelegt und den Schulen oder auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

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Von Thomas Daller

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