Erdinger Herbstfest:"Festwirt sein, heißt ein Logistiker zu sein"

Lesezeit: 4 min

Seit 2008 ist Klaus Richter (Mitte) zusammen mit seiner Frau Cornelia Festwirt des Stiftungsbräuzeltes. (Foto: Johannes Simon)

Der Römersperger-Richter-Bierzeltbetrieb betreibt zum 49. Mal das Fischer's-Stiftungsbräu-Festzelt. In dem Job sei über die Jahre alles komplexer geworden, sagt Klaus Richter.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Zum 49. Mal betreibt heuer auf dem Erdinger Herbstfest die Römersperger-Richter Bierzeltbetrieb GmbH das Fischer's-Stiftungsbräu-Festzelt. Ohne Corona-Pandemie hätte man 2022 das 50. Jubiläum gefeiert. Seit 2008, nunmehr in der dritten Generation, ist Klaus Richter, 48, zusammen mit seiner Frau Cornelia Festwirt. Ein Job, der sich nicht nur auf die Volksfestsaison beschränkt. Der Job gehe im Prinzip über 365 Tage im Jahr, sagt Richter: "Es ist nicht so, dass wir nach dem letzten Fest sagen, jetzt fahren wir zwei Monate in Urlaub. Die Arbeitsbereiche ändern sich nur, gehen ineinander über."

Richter kann auf ein lange Tradition zurückblicken. Mit der Pacht des Preysing-Hofes hatten 1956 Ferdinand und Elfriede Römersperger den Grundstock für das heutige Unternehmen gelegt. Der Betrieb wurde 1980 der Tochter und gelernten Hotelfachfrau Angelika Richter und ihrem Ehemann Paul Richter übergeben, ehe 2003 Klaus Richter, der ältere der zwei Söhne von Paul und Angelika, in den elterlichen Betrieb zurückkehrte. Zur Lehre war er bei Drei-Sternekoch Heinz Winkler in Aschau, ehe er sechs Jahre lang als Küchenchef im Restaurant Maximilians am Dunkley Square in Kapstadt tätig war. Nach dem Tod der Mutter 2005 übernahm er den Betrieb.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Wenn man den gelernten Koch fragt, worin hauptsächlich die Aufgabe eines Festwirtes besteht, sind Kühe im Spiel: "Die Kuh vom Eis holen. Von den kleinen Kühen bis zu den großen." Also Probleme lösen. Das bekomme aber kaum einer mit. Und das sei auch die Kunst des Jobs. Der decke viel mehr ab, als es bei einer Gastwirtschaft zum Beispiel der Fall sei. "Bei jedem Platz fängt man immer wieder bei Null an", sagt Richter. Man müsse jedes Mal alles neu organisieren, vom Strom über Wasser, Abwasser, Zulieferung, Einkauf bin hin zum Personal. "Festwirt sein, heißt ein Logistiker zu sein. Alles läuft auf das Nadelöhr Festbeginn zu."

"Der Job lebt von einem guten Team, das jeder Festwirt braucht."

"Ich bin groß geworden mit allem. Als Kind war ich zwar nicht permanent im Festzelt, aber man bekommt schon vieles mit. Man muss den Festwirt leben, man muss es mögen und manche Sachen muss man gewohnt sein." Alles sei viel komplexer geworden und da man nicht überall gleichzeitig sein kann, setzt Klaus Richter auf ein 25- bis 30-köpfiges Team. "Der Job lebt von einem guten Team, das jeder Festwirt braucht." Insgesamt seien während des Herbstfestes - ohne Sicherheitsdienst - knapp 140 Leute beschäftigt.

Der Tag endet bei Richter im Schnitt gegen zwei Uhr nachts, ehe es meistens um acht Uhr wieder los geht am nächsten Tag. Und dann sei eigentlich ständig etwas, um das er sich kümmern müsse. "Leiten heißt im Prinzip ausgleichen, damit es rund läuft." Letztens sei der Brezen-Backofen kaputt gewesen. Natürlich zur ungünstigsten Zeit. Also galt es, schnell eine Lösung zu finden. "Die Brezen dürfen nicht ausgehen. Du hast Hauptbetrieb, es ist Sonntagmittag, da kann man nicht sagen, wir haben keine Brezen mehr", sagt der Festwirt.

Für ein Volksfest rechnet Richter mit einem Monat Vorlauf. Das sei aber nur der Anteil auf dem Platz. Dazu kommen parallel die Abrechnungen, der Vorverkauf, Reservierungen und vieles mehr. Der Trend geht zu mehr Reservierungen, weshalb Richter auf Online-Reservierungen umgeschwenkt ist. "Es war nicht mehr personell zu stemmen. Bei über 800 Anrufe am Tag streicht man irgendwann die Segel, auch bei zwei Leitungen." Abends lagen dann 300 E-Mails im Postfach, man sei nicht durchgekommen, wolle aber diesen oder jenen Tisch, hieß es.

Damit man alles reibungslos hinbekomme, sei Routine wichtig

Wichtig sei auch Kontinuität, sagt Klaus Richter. Das habe man nach der Corona-Pandemie deutlich gemerkt. Damit man alles reibungslos hinbekomme, sei Routine wichtig. "Es gibt nicht das eine große Geheimnis, warum es funktioniert, es sind Millionen Kleinigkeiten, es ist die Routine, dass man alles abrufbar hat, dass alles just in time fertig ist." Vieles sei Erfahrung, im Rhythmus sein. Nach Corona habe man gemerkt, dass der fehlt, auch bei den langjährigen Mitarbeitern. Immerhin habe er nach der zweijährigen Corona-Pause fast sein komplettes Team wieder. Manche seien seit 20 Jahre bei ihm, sagt er. Vergangenes Jahr habe er auch Mal eine Personal-Vermittlungsagentur ausprobiert: "Es war eine Katastrophe. Gott sei Dank nur einmal. Ohne festes Personal geht es nicht". Deshalb zahle er auch mehr als früher. "Wenn ich gute Leute will, dann muss ich sie bezahlen. Wenn alle Kosten steigen, dann steigen sie auch beim Personal." Sie gut zu behandeln, zahle sich aus. "Bekannt und bewährt" sei auch sein Motto.

Fischer's Stiftungsbräu kann auf eine lange Tradition zurückblicken. (Foto: Stephan Görlich)

Jährlich zwölf bis 14 Feste, wie früher bei den Eltern, seien heute nicht mehr zu stemmen. Deshalb habe man auf sechs große Feste reduziert, aber fast die identische Auslastung wie früher die Eltern, sagt Richter. Das "Drumherum" werde dafür kontinuierlich schwieriger. Es komme jedes Jahr noch "eine Schippe drauf", was die Bürokratie betreffe, die Auflagen, auch beim Thema Sicherheit. Die Zeiten von früher mit "Volksfestboden, Blasmusik, Bier, Kas und Brezn und schee war's" sei vorbei. Die Erwartungshaltung sei anders geworden als vor 20 Jahren. Richter erinnert sich noch an die Zeit, als er mit 14 Jahren mitgeholfen hat: "Es hat Pappteller gegeben, die danach unter dem Tisch landeten. Wir haben nach Betriebsschluss Berge von Abfall gehabt. Hat früher keinen gestört, es war halt so." Ob die Entwicklung gut oder schlecht ist, wolle er nicht bewerten. Alles verändere sich eben, nur heutzutage werde der Aufwand immer größer. Die Folge: "Wir brauchen einen Mindestumsatz am Verzehr. Über das deckt sich alles." Es gebe deshalb auch immer weniger Berufsfestwirte, die die ganze Saison abdecken können.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Erdinger Herbstfest
:Erding erhält Ehrenpreis für "gelebte Volksfestkultur"

Stadt wird für das Hochhalten der Traditionen beim Herbstfest gelobt. OB Max Gotz warnt vor noch mehr Bürokratie. Körperverletzungen beschäftigen die Polizei.

Von Gerhard Wilhelm

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: