Landkreis Ebersberg:Der AfD-Kreisverband und die Kreuzchen

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Es wird deutlich, wie schwierig es für die Partei werden dürfte, ausreichend Kandidaten für die Stimmlisten zu finden

Von Korbinian Eisenberger, Zorneding

Das Rechenspiel mit den Kreuzchen ist gar nicht so kompliziert: Bei den 60 Plätzen, die am 15. März 2020 im Ebersberger Kreistag neu zu vergeben sind, sollte eine Partei möglichst 20 Namen auf ihrer Liste haben. Minimum. Stehen weniger drauf, gehen Stimmen verloren, immer dann, wenn ein Wähler das Kreuz ganz oben auf der Liste der Partei macht. Mit diesem Phänomen in den Untiefen des Wahlrechts haben kleinere Kreisverbände bisweilen zu kämpfen. Kreisverbände - wie etwa die AfD Ebersberg.

Gut acht Monate vor den Kommunalwahlen in Bayern hat die AfD Ebersberg einen ersten Vorausblick gewagt. Bei einem Treffen im Wirtshaus Hammerstuben im Zornedinger Ortsteil Ingelsberg ließen die Mitglieder am Freitagabend durchklingen, in welchen Gremien in den Landkreisen Ebersberg und Erding die AfD bei den Wahlen Kandidaten aufstellen will. Der Münchner AfD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wiehle gab eine, wie er sagte, "realistische Einschätzung" ab. Demnach gelte der Fokus dem Ebersberger Kreistag. Dort habe seine Partei das "Potenzial von maximal sechs Sitzen". Allerdings nur bei bestimmten Voraussetzungen. Deswegen könnte es schwierig werden.

Das Problem der AfD und jenen, die es mit ihr halten: Gerade an der Basis, auf kommunaler Ebene, haben die Rechtspopulisten eine sehr überschaubare Auswahl an Personal. Im Nebenzimmer des Zornedinger Wirtshauses gab es dafür deutliche Hinweise. Zwei Frauen und neun Männer waren der Einladung zum Treffen des Kreisverbands gefolgt, zu dem neben Wiehle auch der Besuch des Baldhamer Europawahlkandidaten Christoph Birghan angekündigt war. Birghan, der den Einzug ins EU-Parlament auf Listenplatz 23 erwartungsgemäß verpasste, meldete sich mit Sommergrippe ab. Und so waren es wie beim vorherigen Stammtisch des Kreisverbands elf Personen, mit Parteibuch und ohne, die in die Stube mit dem Herrgottswinkel kamen. In dem gemieteten Raum waren zwei Tische besetzt, sechs blieben leer.

Der Fairness halber muss das schöne Biergartenwetter an diesem Abend Erwähnung finden, und doch war unschwer zu erkennen, wie schwierig es der Ebersberger AfD-Ableger hat; wie wenig sich dort seit der Gründung im April 2013 getan hat. Auf der Webseite steht derzeit unter Kreisvorstand "NN" - also niemand. Ein Gast drückte es so aus: "Wir haben hier schwache Organisationsstrukturen."

In den Gesprächen untereinander wird deutlich, dass sich die Partei bei den Wahlen in nur einer Kommune ansatzweise Chancen auf einen Sitz im Gemeinderat ausrechnet: Und zwar in Vaterstetten, wo mit Manfred Schmidt und Karl Köstler zwei Gemeinderäte sitzen, die neben der "Freien Bürger Union" (FBU) eben auch noch die AfD als Partei angegeben haben. Wolfgang Wiehle erklärte hierzu: "In Vaterstetten könnte ich eine gewisse Wahrscheinlichkeit sehen."

Etwas anders sieht es offenbar im Nachbarlandkreis Erding aus, dessen AfD-Kreisverband sich im Januar 2018 von den Ebersbergern abgespalten hat. Solche Rückschlüsse lässt ein Mann aus Erding zu, der mit Käppie mit Parteilogo am Stammtisch saß und die aussichtsreichsten Gemeinden seines Landkreises aufzählte. Aus seiner Sicht gebe es "gute Leute" in Finsing, Moosinning, Taufkirchen und in der Stadt Erding. Die AfD ist dort bisher in keinem Gremium vertreten, in Erding sitzt lediglich ein Stadtrat unter dem Parteinamen der Rechtspopulisten "Repubikaner".

In Ebersberg setzt die AfD ihre Hoffnung in den Kreistag, wo 60 Mitglieder und der Landrat gewählt werden. Wer macht wie sein Kreuzchen? Und wo? Beim Stammtisch in Ingelsberg ging es um die Frage, mit welcher Strategie die Partei dort ins Rennen geht. Brigitte Fischbacher, die zuletzt im Stimmkreis Ebersberg-Erding für den Bundestag kandidiert hatte, warb für "Qualität statt Quantität" - also "Leute, die was bewegen wollen". Wiehle vertrat hingegen die Variante, die Liste mit möglichst vielen (also mindestens 20) Namen zu füllen. "Wenn wir zehn Kandidaten aufstellen, haben wir nur 30 Stimmen."

© SZ vom 08.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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