Prozess am Landgericht:Feuer auf der Station

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Weil sie wieder in die Forensische Psychiatrie verlegt werden wollte, hat eine heute 28-Jährige vergangenes Jahr mehrmals versucht, Feuer im Klinikum Taufkirchen zu legen. (Foto: Renate Schmidt)

Weil sie zurück in die Forensik verlegt werden will, zündet eine Patientin des Klinikums Taufkirchen mehrfach Laken und Bettbezüge an. Nun ist sie unter anderem wegen versuchter schwerer Brandstiftung angeklagt.

Von Alexander Kappen, Landshut/Taufkirchen

Das Personal im Isar-Amper-Klinikum in Taufkirchen ist offenbar so einiges gewohnt. Jeden Fall zu melden, in dem man mal von einem Patienten geschlagen werde, schaffe man ohnehin nicht, berichtete ein Gesundheits- und Krankenpfleger am Landshuter Landgericht als Zeuge. Aber die junge Frau, die sich seit Freitag vor der sechsten Strafkammer verantworten muss, beanspruchte die Mitarbeiter der Klinik wohl über die Maßen. "Sie war oft der Mittelpunkt unseres Arbeitstages", so der Pfleger.

Vor allem aber zündete die 28-Jährige im vergangenen Jahr bei mehreren Gelegenheiten Kissenbezüge, Bettlaken oder Papiertaschentücher in ihrem Zimmer an, weil sie wieder in die Forensische Abteilung zurückverlegt werden wollte, wie sie zum Prozessauftakt angab. Neben versuchter schwerer Brandstiftung wird ihr von der Staatsanwaltschaft auch Sachbeschädigung, Beleidigung, versuchte und gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Die 28-Jährige, die laut Anklage "für die Allgemeinheit gefährlich" ist, aufgrund einer emotionalen, instabilen Persönlichkeitsstörung zur Tatzeit aber eine "erheblich verminderte Fähigkeit besaß, das Unrecht ihrer Taten einzusehen, räumte die erhobenen Vorwürfe im Wesentlichen ein.

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Die angeklagten Fälle ereigneten sich zwischen Juli und November 2022. Im August soll die Angeklagte auf ihrer geschlossenen Station einmal ein Bettlaken und zweimal einen Kissenbezug angezündet haben. In einem anderen Fall, ebenfalls im August, soll sie mit einer Zigarette und in Brand gesetzten Papiertaschentüchern versucht haben, ihr Bett anzuzünden. Als genannter Pfleger ins Zimmer gerufen wurde und das kleine Feuer löschte, soll sie versucht haben, ihn mit der Zigarette und einem Kugelschreiber-Clip am Arm zu verletzen. Schließlich schlug sie laut Anklage einer Pflegerin mit der Hand gegen die Schulter und rannte in den Speisesaal. Dort soll sie laut Zeugenaussagen Stühle in Richtung des Personals geworfen haben.

Einen Sachschaden in Höhe von 3400 Euro verursachte die 28-Jährige im November 2022, als sie mit einem Feuerzeug ein am Boden liegendes Bettlaken anzündete. Als Klinikmitarbeiterinnen in das Zimmer eilten und den Brand löschten, erlitten sie Rauchvergiftungen und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. In einem weiteren Fall im vergangenen Juli, der im aktuellen Verfahren jedoch nicht angeklagt ist, soll die Angeklagte ein an der Wand hängendes Handtuch angezündet haben, das von einer Pflegerin noch gelöscht werden konnte.

Ebenfalls im Juli kam es im Garten der Klinik zu einer Auseinandersetzung zwischen der Angeklagten und einer anderen Frau. Dieser soll sie mit der Faust auf die Schulter geschlagen und sie mit allerlei Kraftausdrücken wüst beschimpft haben. Danach warf sie laut Anklage einen etwa acht Zentimeter großen, rechteckigen Stein und traf damit das Handgelenk einer anderen Frau. Diese habe sie aber nicht treffen wollen, sondern die andere Frau, mit der sie in Streit geraten war, erläuterte die 28-Jährige in der Verhandlung.

Sie kann sich nicht an alles erinnern, räumt im Wesentlichen aber die Vorwürfe ein

An manche Details konnte sich die Angeklagte nicht mehr erinnern, im Wesentlichen räumte sie die erhobenen Vorwürfe jedoch über eine Erklärung ihres Verteidiger ein und bestätigte das auch selbst, als Vorsitzender Richter Thomas Lindinger nachfragte. Nach ihrem Motiv für die Zündeleien gefragt, sagte sie: "Ich wollte wieder in die Forensik verlegt werden, da gefällt es mir besser. Das Personal ist da ganz anders." Und auf der Station, auf die sie Ende Mai von der Forensik verlegt worden war, "hat man mich damals falsch behandelt". Sie habe aber nicht das ganze Haus abbrennen, sondern nur erreichen wollen, dass das Personal kommt und sie wieder in die Forensik bringt.

Als Zeugen geladene Mitarbeiter des Klinikums bestätigten ebenfalls, die Angeklagte habe als Grund für ihre Taten immer wieder angegeben, dass sie in die Forensik zurück wolle. Nach der Verlegung auf die neue Station sei es zunächst "ganz gut gelaufen", berichtete eine Pflegerin: "Aber dann ist das gekippt, es hat sich alles zugespitzt und sie wollte wieder zurück in die Forensik." In dieser befand sich eine gute Freundin der Angeklagten, sagte besagter Pfleger, "deshalb wollte sie da wieder hin".

Er berichtete auch von drastischen Worten, mit denen die Angeklagte dieses Ansinnen deutlich gemacht habe: "Sie hat gesagt es soll wer verrecken, dass sie wieder rüber kommt. Ein anderes Mal hat sie gesagt, sie will selber verrecken - das war von der Tagesform abhängig." Zum Glück habe man in der Klinik schwer entflammbare Möbel, sagte der Pfleger. Aber, so sagte ein mit den Vorfällen befasster Polizist, "bei der Rauchentwicklung kann sich der natürlich auch auf das restliche Gebäude ausbreiten". Der Prozess wird fortgesetzt.

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