Zwölf Tonnen sind das Limit:Zu schwer für die Brücke nach Krottenthal

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An der Straße nach Krottenthal ist diese Brücke sanierungsbedürftig, deswegen wird der Müll der Anwohner seit Wochen nicht mehr entsorgt. (Foto: Renate Schmidt)

In einem Weiler bei Dorfen wird der Müll nicht mehr abgeholt, weil das Bauwerk über das Eibacher Bacherl sanierungsbedürftig ist - und womöglich kommt es noch schlimmer.

Von Thomas Daller, Dorfen

Rund 130 000 Brücken gibt es nach offiziellen Angaben in Deutschland. 16 000 gelten als sanierungsbedürftig, 13 500 davon sind in der Baulast der Kommunen. Eine führt von der Stadt Dorfen über das Eibacher Bacherl nach Krottenthal. Dort wird seit fünf Wochen der Müll nicht mehr abgeholt, weil die Brücke auf zwölf Tonnen beschränkt ist und das Müllfahrzeug deswegen nicht darüber fahren darf. Und es gibt nur diese eine Zufahrt, eine Sackgasse. Eigentlich dürfte auch der Milchlastwagen nicht mehr zu dem Weiler fahren, auch nicht der Tanklastwagen für die Öl- oder Flüssiggasheizung, kein Futtermittellieferant und rein rechtlich nicht mal die Feuerwehr. Nur hat man das bisher ignoriert.

Vor fünf Wochen haben sich die Krottenthaler daher gewundert, warum ihr Müll nicht mehr abgeholt wurde. Sie wandten sich ans Landratsamt und bekamen die Auskunft, dass das Müllfahrzeug die Brücke nicht mehr passieren dürfe, weil es zu schwer sei. Inoffiziell verriet man ihnen auch den aktuellen Anlass: Die Polizei habe den Müllfahrer auf dieser Straße erwischt, das Entsorgungsunternehmen fahre Krottenthal nicht mehr an.

Seither holt Landwirt Maximilian Hofer jeweils am Tag vor der Leerung mit seinem Frontlader die sechs Tonnen bei den Nachbarn ab und fährt den Kilometer bis zur Brücke, wo er sie auf der anderen Seite abstellt. Zu den Nachbarn zählen auch eine ältere Frau sowie ein erkrankter Mann. Beide wären damit überfordert. "Anders geht's nicht", sagt Hofer.

Aber der Müll ist nur ein Vorgeschmack darauf, auf was sich man in Krottenthal einstellen muss, wenn künftig genau darauf geachtet wird, wer dorthin noch fahren darf. Kein Heizöllieferant, keine schweren landwirtschaftlichen Fahrzeuge, kein Milchlastwagen - und wenn man ein neues Dach braucht, darf auch kein Autokran mehr kommen. "Das ist nicht nur für Landwirte existenzbedrohend", sagt ein anderer Betroffener.

Das Problem mit der Brücke ist ein Versäumnis, an dem die Stadt Dorfen nicht ganz unschuldig ist. Bereits 2009 hatte sich der Bauausschuss des Stadtrats damit befasst. Seinerzeit wollte man dort eine neue Bodenplatte mit 60 Tonnen Tragkraft und Fahrbahnangleichung einheben, die rund 39 000 Euro gekostet hätte. So lautete der Empfehlungsbeschluss an den Stadtrat.

Hofer erinnert sich, dass die Stadt dann aber den Zuschuss nicht erhalten habe, auf dem die Rechnung aufgebaut war, die Krottenthaler bekamen ihren Eigenanteil zurück, den sie schon bezahlt hatten und das Vorhaben verschwand wieder in einer Schublade.

15 Jahre lang hat das Problem niemanden interessiert

15 Jahre lang hat das niemanden interessiert. Nun holt das Problem die Stadt wieder ein. Die Anwohner haben der Stadtverwaltung, dem Stadtrat und Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) am vergangenen Montag einen Brief geschrieben, in dem sie das Dilemma erklären und um Abhilfe bitten. So etwas wird in der Regel als Dringlichkeitsantrag behandelt und muss umgehend auf die Tagesordnung des Stadtrats.

Zumindest einstürzen wird die kleine Brücke so schnell nicht, wenn etwas Schwereres als ein Mittelklassewagen darüber fährt. Man sieht ihr zwar das Baujahr 1949 an, an den bemoosten Flanken bröselt auch schon ein wenig Beton ab und Baustahl schaut darunter hervor. Aber wie zäh so alte Brücken sein können, hat man vor drei Jahren beim Abriss der Isenbrücke in Dorfen gemerkt. Der 80 Jahre alte Mittelpfeiler widersetzte sich dem Hydraulikmeißel so lange, dass aus einem geplanten halben Jahr Bauzeit ein ganzes wurde.

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