Dorfen:Drei Varianten für den Hochwasserschutz

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An der Westseite der Siedlung am Seebach soll der neue Damm Teile eines Hochwassers zurückhalten. (Foto: Thomas Daller/oh)

Ein Jahr nach der Flutkatastrophe am Seebach bei Dorfen werden den Anwohnern die Pläne zum Schutz vorgestellt, doch viele bleiben skeptisch.

Von Thomas Daller, Dorfen

Die Hochwasser-Katastrophe am Seebach in Oberdorfen am 30. August vergangenen Jahres wird den Betroffenen noch lange in schrecklicher Erinnerung bleiben. 72 Stunden hatte es damals geregnet, die Böden waren voll und dann reichten zwei weitere Stunden kräftiger Regen für einen Wasserschwall, der die gesamte Siedlung überflutete. Damit sich so etwas nicht wiederholt, haben die Stadt Dorfen und das beauftragte Büro Aquasoli nun den Anwohnern drei Varianten für eine Hochwasserfreilegung vorgestellt. Viele blieben jedoch skeptisch, ob der Schutz ausreichend sei und ob die Maßnahmen schnell genug realisiert werden, bevor das nächste Hochwasser kommt.

Das Verhältnis zwischen der Stadt und den betroffenen Anwohnern ist seit dem Hochwasser getrübt. Sie argwöhnen, dass die Stadt vor 20 Jahren, als die Senke am Seebach als Baugebiet ausgewiesen wurde, gewusst habe, dass man dort aufgrund der Topografie irgendwann absaufen würde. Nun geht es auch beim Vertrauen um Schadensbegrenzung. Die Maßnahmenpakete sollen möglichst schnell umgesetzt werden, damit die Anwohner wieder ruhig schlafen können.

Ob die Katastrophe ein 100-jähriges Hochwasser war, ist umstritten

Doch bereits bei der Beurteilung der Bedrohungslage gehen die Einschätzungen der Betroffenen und Modellberechnungen des beauftragten Büros Aquasoli auseinander. Bernhard Unterreitmeier, Geschäftsführer des Ingenieurbüros, stellte bei der Anliegerinformationsveranstaltung ein errechnetes Modell für ein hundertjähriges Hochwasser vor. Dieses kam den Anwohnern bekannt vor, denn es glich sehr der Situation, die sie am 30. August erlebt hatten. Das sei aber noch kein hundertjähriges Hochwasser gewesen, erwiderten sie. Auch der Dorfener Hochwasserreferent Gerald Forstmaier monierte, damals seien lediglich 40 bis 50 Liter Regen pro Quadratmeter in diesen zwei Stunden gefallen. Das könne wohl nur der Vorgeschmack auf ein hundertjähriges Hochwasser gewesen.

Unterreitmeier blieb jedoch dabei, dass sein Simulationsmodell korrekt sei, denn man dürfe die "Bodenvorsättigung" nicht vergessen, immerhin habe es vor der Katastrophe schon 72 Stunden geregnet: "Das ist ein ganz großer Faktor, dadurch kann ein Hochwasser um 100 Prozent variieren." Doch viele Anwohner blieben skeptisch und forderten, dass Unterreitmeier diese Pegelstände noch einmal durchrechnen solle, was er dann auch versprach.

Das Einzugsgebiet, das Aquasoli mit Drohnen und Tachymeter untersucht hatte, reicht bachaufwärts bis Landersdorf und abwärts bis Niederham. Auch der Bodentyp wurde geprüft: Er ist verdichtet und daher nur gering versickerungsfähig. Bei einem hundertjährigen Hochwasser laufen im Seebach vor Oberdorfen bereits 12 800 Liter pro Sekunde durch, weiter unterhalb bei Niederham sind es rechnerisch sogar knapp 20 000 Liter, weil dann noch Wasser aus zwei weiteren Gräben hinzukommt.

Der Bodentyp ist verdichtet und daher nur gering versickerungsfähig

Um solche Wassermassen bändigen zu können, müsse man insbesondere vier oder fünf Rückhalte-Standorte schaffen, erläuterte Unterreitmeier. "Anders ist das technisch nicht machbar, ohne dass man die ganze Katastrophe nach Dorfen verlagert." Potenzielle Standorte habe er bereits von Biologen untersuchen lassen. Denn wenn man bestimmte Arten wie beispielsweise den Ameisenbläuling dort finde, dürfe man das Gebiet nicht überstauen. Ein weiteres Kriterium sei, ob ein Rückstaubecken noch mit der Landwirtschaft vereinbar sei und schließlich gehe es um die Grundstücksverfügbarkeit - ob der Eigentümer bereit sei, zu verkaufen. Anhand von drei Varianten stellte er vor, welche Möglichkeiten man umsetzen könne.

In einem nächsten Schritt soll dann ein Scoping-Termin stattfinden, bei dem man mit verschiedenen Fachstellen aus der Landwirtschaft, dem Umweltschutz und anderen erörtern werde, ob diese Rückhalteflächen als Staubereiche geeignet seien. Dann werde man die Varianten dem Dorfener Stadtrat vorlegen, der sich für eine Vorzugsvariante entscheide. Unterreitmeier betonte, sein Büro arbeite so rasch wie möglich an einer Lösung. Solche Verfahrensschritte könnten bei anderen Projekten schon mal zwei oder drei Jahre dauern. Er garantiere jedoch, dass der Scoping-Termin noch in diesem Jahr stattfinden werde. Und im Anschluss daran könne bereits der Stadtrat seine Varianten-Entscheidung treffen.

Mehrere Anwohner wandten sich daraufhin mit der Bitte an Bürgermeister Heinz Grundner, die Stadt möge die Zeit bis zur Entscheidung nutzen, Verhandlungen über die benötigten Grundstücke zu führen. Auch Hochwasserreferent Forstmaier sprach sich dafür aus. Darüber hinaus schlug er vor, dass man wesentliche Bereiche, die in allen drei Varianten vorkommen, voranbringen sollte, um zumindest einen Teilschutz zu erreichen.

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