Waffenhandel in der rechten Szene:Maschinenpistole bei ehemaliger AfD-Mitarbeiterin

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Das Amtsgericht München an der Infanteriestraße 5. (Foto: Florian Peljak)

Eine 52-Jährige hat für rechte Waffenschieber eine Uzi in ihrer Wohnung gelagert. Die Frau, die vor ein paar Jahren für den AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron arbeitete, ist dafür vom Amtsgericht München zu 11 700 Euro Geldstrafe verurteilt worden.

Von Florian Tempel, Erding

Eine Uzi ist eine vollautomatische Maschinenpistole, mit der man etwa zehn Schuss pro Sekunde abfeuern kann. Eine Uzi ist eine Kriegswaffe und ihr Besitz ist in Deutschland Privatpersonen verboten. Doch die 52 Jahre alte Erdingerin Dagmar S. hatte solch ein mörderisches Gerät im Jahr 2016 gut einen Monat lang bei sich in ihrer Wohnung. Sie bewahrte die Maschinenpistole für Bekannte auf, die immer wieder Waffen aus Kroatien nach Deutschland schmuggelten, um sie hier zu verkaufen. Im Gesamtkomplex der Ermittlungen, der zu Anklagen gegen acht Personen führte, ging es auch um Sturmgewehre, Pumpguns, eine Kalaschnikow, zwei Dutzend Pistolen und eine Handgranate.

Neben der kriminellen Energie, die man für Waffenschmuggel und Waffenhandel aufbringen muss - auch, wenn man nur Helferin ist -, machte jedoch ein anderer Aspekt das Ganze für die interessierte Öffentlichkeit so schaurig: alle in den Waffenhandel involvierten Personen hatten Beziehungen in rechtsradikale Kreise, waren mutmaßlich oder nachweislich selbst rechtsextrem. Ein kroatischer Zeuge hatte den Ermittlern zudem gesagt, die Waffen seien für die AfD bestimmt gewesen. Eine Aussage, die er später zwar zurücknahm. Dennoch blieb der Verdacht bestehen, dass die Waffen an Kundinnen und Kunden in der rechten Szene verkauft wurden oder es zumindest werden sollten.

Nach Abschluss der Ermittlungen wurden acht Beschuldigte angeklagt

Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte nach Abschluss der Ermittlungen acht Beschuldigte angeklagt. Im Mai 2022 sind die Hauptbeschuldigten Alexander R. und Martin M., beide 50 Jahre alt, wegen illegalen Waffenhandels und Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vom Landgericht München zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Ein dritter Mann wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Die Verfahren gegen die fünf weiteren, zunächst mitangeklagten Personen wurden abgetrennt. Der Fall der 52-jährigen Dagmar S. aus Erding wurde ans Amtsgericht München abgegeben. Ein Schöffengericht verurteilte die Frau nun wegen des "unerlaubten Erwerbs der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe" und deren "vorsätzlichen unerlaubten Überlassung" zu einer Geldstrafe von 11 700 Euro. Viel Geld und dennoch ein mildes Strafmaß. Die Verurteilung zu 90 Tagessätzen à 130 Euro wird nicht ins Führungszeugnis eingetragen.

Während es im Prozess gegen die 52-jährige Erdingerin nur um die Uzi ging, war das Verfahren gegen die Hauptbeschuldigten des Waffenschmugglerrings umfangreicher und gewichtiger. Einige der Waffen waren von der Polizei bei Durchsuchungen gefunden worden, andere nicht. Es gibt jedoch keine Erkenntnisse darüber, dass mit den Waffen tatsächlich rechtsextremistische Taten verübt werden sollten. Es sei alles "glimpflich ausgegangen", zitierten Prozessbeobachter aus der Urteilsverkündung im Verfahren gegen die Haupttäter im Mai 2022.

"Eine Frau mit klarem Hang zum Rechtsextremismus"

Alexander R. war früher NPD-Mitglied und dann bei der AfD, die seine Parteimitgliedschaft wegen seine NPD-Vergangenheit später annullierte. Die 52-jährige Dagmar S. war ebenfalls AfD-Mitglied. Und sie war für den Bundestagsabgeordneten Petr Bystron tätig. Im Mai 2017, als Bystron noch nicht im Bundestag, sondern damals Landeschef der AfD in Bayern war, berichtete der Münchner Merkur bereits einmal ausführlich über seine dubiose Mitarbeiterin, auf deren damaliger Facebook-Seite ihre Nähe nicht nur zu Pegida, sondern auch zur NPD deutlich wurde. Sie sei erkennbar "eine Frau mit klarem Hang zum Rechtsextremismus".

Und sie hatte bereits damals mit Waffen zu tun, wie bei früheren Gerichtsverfahren bekannt wurde. Bei einer Hausdurchsuchung in der damaligen Wohnung von Dagmar S. in München im August 2017 fand die Polizei bei ihr eine Pistole und Munition. Per Strafbefehl wurde sie dafür Anfang 2018 zu sieben Monate Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Bei einer Wohnungsdurchsuchung im Jahr 2020 in ihrer Erdinger Wohnung fand die Polizei einen illegalen Elektroschocker. Dafür verurteilte sie das Landgericht Landshut 2021 in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 1500 Euro. Auch die Pistole und den Elektroschocker hatte S. offenbar über Alexander R. erhalten.

Die Uzi wurde zum Preis von lediglich 1200 Euro in Kroatien beschafft

Dagmar S. sagte laut dem Journalisten und Rechtsextremismus-Experten Robert Andreasch, der beim Prozess in Landshut dabei war, dass sie die "Grenzöffnung 2015" und die Pegida-Kundgebungen in München dazu gebracht hätten, sich Waffen zuzulegen. Dagmar S. habe in der Verhandlung 2021 in Landshut gesagt, "es hieß, als alleinstehende Mutter bist du fällig, du musst dir 'ne Waffe zulegen, sonst kannst du nicht dein Kind schützen".

In ihrem jüngsten Prozess, dem wegen der Uzi, räumte Dagmar S. laut einer Sprecherin des Amtsgerichts München die Anklage in vollem Umfang ein. Demnach wurde die Maschinenpistole vermutlich Ende August 2016 von Martin M. zum Preis von lediglich 1200 Euro in Kroatien beschafft und nach Deutschland gebracht. Er brachte sie Anfang September 2016 in einer schwarzen Tasche nach Erding und übergab sie Dagmar S. Dort blieb die Uzi gut einen Monat lang, bis sie von einem anderen Mann abgeholt und zum Hauptbeschuldigten Alexander R. in dessen Wohnung in Neubiberg gebracht wurde.

Wo die Uzi heute ist, weiß man nicht.

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