Landtagswahl 2023:Wie hältst du es mit der Verkehrswende?

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Mit einer modernen E-Rikscha hat die Grünen-Kandidatin Leatitia Wegmann - hier am Dorfener Bahnhof zusammen mit dem Freisinger Landtagsabgeordneten Johannes Becher - auf das Thema aufmerksam gemacht. (Foto: Renate Schmidt)

Was die Direktkandidatinnen und -kandidaten zu ÖPNV, Radfahren und klimaneutraler Mobilität sagen.

Von Florian Tempel, Erding

Verkehrsprojekte der alten Art sind im Landkreis Erding seit langem und noch immer Topthemen: der Großflughafen im Erdinger Moos und die Isentalautobahn A94, der Bahnausbau München-Mühldorf und die Walpertskirchener Spange, die dritte Startbahn und der Erdinger Ringschluss, die vorerst abgewendete Bundesstraße B15 neu und die selbst konzipierte Erdinger Nordumfahrung. Das sind Projekte und Ideen, die mit großem Aufwand, viel Energie und enormen Geldbeträgen vorangebracht werden. Doch was ist mit der Verkehrswende, mit dem Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV), Radfahren und klimaneutraler Mobilität? Die SZ Erding hat die drei Direktkandidatinnen von CSU, Grüne und FDP sowie die drei Kandidaten von SPD, Freien Wählern und AfD zu ihren Positionen, Ideen und Konzepten befragt.

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Ulrike Scharf (CSU), bayerische Sozialministerin und im Landkreis Erding direkt gewählte Landtagsabgeordnete, ist beim Thema Verkehr familiär und beruflich vorbelastet. Ihr Großvater hat das Omnibusunternehmen Scharf vor 93 Jahren gegründet, das heute ihre Brüder leiten. Sie selbst hat ein Reisebüro in Erding aufgebaut. "Mobilität ist unser Antrieb" ist das Familienmotto. Wie bei so vielen Themen äußert sich Scharf aber zum Verkehr der Zukunft zurückhaltend und nur auf den zweiten Blick pointiert "Ich halte nichts davon, verschiedene Mobilitätsformen gegeneinander auszuspielen", sagt sie und präzisiert im nächsten Satz, dass sie ganz auf der altbekannten CSU-Linie bleiben möchte und asphaltierte Infrastruktur hoch schätzt: "Straßen sind Lebensadern für Wohlstand und wir werden sie auch zukünftig brauchen." Damit das nicht einseitig klingt, fügt sie an: "Außer Frage steht, dass der ÖPNV und zum Beispiel auch Radwege weiter ausgebaut und attraktiv für die Menschen gestaltet werden müssen."

Anne Connelly (FDP) ist als Gründerin des Frauen-Finanzportals "Her Money" vor allem im Internet unterwegs. Digitale Mobilität ist für sie Normalität und Notwendigkeit. Der Besprechungsraum in ihrem Büro in Erding ist optimal für Videomeetings ausgestattet, was ja auch jede Menge Reiseverkehr reduzieren kann. Connelly ist bei Thema Verkehrswende parteimäßig vorbelastet. Sie verteidigt erstmal FDP-Chef Christian Lindner für dessen Porsche-Leidenschaft. Sie plädiert dafür, den Ausbau des ÖPNV maximal pragmatisch anzugehen. In der Stadt sei das uneingeschränkt positiv zu sehen, auf dem Land eher schwierig. Ob es nicht ungerecht sei, im urbanen Raum stärker zu investieren? "Man entscheidet sich selbst, wo man wohnt", antwortet Connelly, "auf dem Land sage ich, Freiheit für das Auto, weil es für viele die effizienteste Art ist".

Laetitia Wegmann (Grüne) fährt am Freitag mit einer E-Rikscha in Dorfen zwischen der Innenstadt und dem Bahnhof hin und her. Für die 20-Jährige, die ab Oktober Pflegewissenschaften studiert, ist der real existierende ÖPNV "einer der Gründe, warum ich politisch aktiv geworden bin". Die Taufkirchenerin hat in Landshut die Fachoberschule besucht. Sie ist dorthin mit dem Bus 313 gefahren. Das Monatsticket hat sie enorme 88 Euro gekostet. Jetzt könnte man günstig fahren, aber die Linie wurde im Juli eingestellt. Es ist ein exemplarischer Fall. "Die B15 soll neu gebaut werden, aber es gibt keinen Bus." Zwischen Wasserburg und Dorfen fährt hingegen seit diesem Jahr alle zwei Stunden ein Bus. Dessen logische Verlängerung, sagt Wegmann, wäre ein Bus von Dorfen über Taufkirchen nach Landshut.

Auch für Sven Krage (Freie Wähler) ist die Verkehrswende ein zentrales Thema. Sein Wohnort Eibach ist für ihn ein prägnantes Beispiel. Der drei Kilometer nördlich von Dorfen gelegen Ort wird von keiner einzigen Buslinie angefahren. So geht das nicht, findet er. Der ÖPNV dürfe sich nicht, wie manche meinen, aus der Fläche verabschieden, sondern müsse vielmehr auch auf dem Land "das Angebot verdichten". Wichtig sei es, "zu vernetzen, zu verzahnen und übergeordnet zu denken". Eibach hat zwar beim ÖPNV keinen Anschluss, liegt dafür an einen super guten Radweg. Der Vilstalradweg zeige in Vorbildfunktion, wie sehr E-Bikes das Radfahren neu definieren, sagt Krage. In 30 Minuten von Dorfen nach Taufkirchen, das ist eine Mobilitätsoption, die immer mehr Menschen wählen.

Benedikt Klingbeil (SPD) stellt auf seiner Kandidaten-Homepage fest, dass ihn als jungen Sozialdemokraten "vor allem der Ausgleich zwischen sozialen und ökologischen Themen" interessiert. Verkehrspolitik ist dafür ein prädestiniertes Politikfeld. Denn Bus-, Bahn- und Radfahren ist nicht nur angesichts des Klimawandels und aus Umweltschutzgründen eine gute Entscheidung, sondern auch und immer eine soziale Frage.

Bei der Partei, die von sich behauptet, eine Alternative zu sein, hat Martin Huber (AfD), ehemals und langjähriges Mitglied der Republikaner, eine klare Agenda beim Thema Verkehr. Sie lautet kurz und knapp: "Autofahrer entlasten."

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