Bislang ist das Dorfener Jubiläumsjahr mit all seinen Veranstaltungen sehr problemlos verlaufen. Doch ausgerechnet an diesem Montag, an dem sich die erste schriftlich belegte Erwähnung Dorfens zum 1250. Mal jährte, fiel das "Geburtstagsfest" ins Wasser. Kurz vor 9 Uhr wurde die Absage auf der Homepage der Stadt bekannt gegeben: "Liebe Geburtstagsgäste, aufgrund des anhaltenden starken Dauerregens hat sich die Stadt schweren Herzens dazu entschlossen, das Geburtstagsfest und das damit verbundene Programm abzusagen."
Um 11 Uhr wollte Bürgermeister Heinz Grundner das öffentliche Fest auf dem für den Verkehr gesperrten Rathausplatz eröffnen. Am Vormittag hätte die Stadtkapelle zu Freibier und Gratis-Brezen aufgespielt, am Nachmittag das Ukulelenorchester zu Kaffee und Kuchen. Den ganzen Tag hätte sich ein Glücksrad drehen sollen und Kinder hätten in einer Hüpfburg ihren Spaß gehabt. Nebenbei hätte man den Turm der Marktkirche besteigen und die Altstadt von oben betrachten dürfen. Und als Souvenir an diesen denkwürdigen Tag hätten die Besucher eine "Dorfenmünze" selbst prägen können. Aus all dem wurde nichts.
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Um 13.30 Uhr versammelte sich eine nur sehr kleine Schar Geschichtsinteressierter zur Eröffnung der neuen Ausstellung des Historischen Kreises und der Geschichtswerkstatt im Rathaus-Foyer und einer Besichtigung der barocken Rathaus-Bilder im Sitzungssaal. Das war alles, was vom Geburtstagsfest noch übrig blieb.
Die Ausstellung "Stationen einer langen Geschichte" ist, schlechtes Wetter hin oder her, allerdings sehr sehenswert. Es geht bei der Vorgeschichte in der Mittelsteinzeit los, über das Neolithikum und die Bronzezeit zur Antike. Die Römer waren in der Dorfener Gegend und schließlich die Bajuwaren im Frühmittelalter. Die Ausstellung thematisiert die planmäßige Stadtgründung im Hochmittelalter und die weitere Entwicklung in der Neuzeit. Einzelne Themen sind zum Beispiel der Dreißigjährige Krieg und die Pest, die Reformation und die Marienwallfahrt, die Eisenbahn und der Bierkrieg, die Revolution 1918/19 und die NS-Zeit.
Maria Streibl, die mit ihrem Vater Franz Streibl die Ausstellung und die Rathausbilder erläuterte, wusste zudem von einer meteorologischen Jubiläumsparallele zu berichten. Ende des 18. Jahrhunderts wollte die Rosenkranz-Brüderschaft, gewissermaßen der Förderverein der Dorfener Wallfahrt, ihr 100-Jähriges groß feiern. Sogar der bayerische Kurfürst hatte sich angesagt. Doch heftige Regenfälle hinderten ihn und eine Menge anderer edler Gäste, nach Dorfen zu kommen, ihre Kutschen wären im Matsch stecken geblieben.
Bei der Absage des Dorfener Geburtstagsfests am Montagmorgen wurde auch klar gemacht, dass ein einmaliges Event unwiederbringlich ausgefallen ist: "Es wird keinen Nachholtermin geben." Mit dem 28. August 773 hat man eben ein ganz klares Datum, da kann man nichts verschieben. Genau an jenem Tag vor 1250 Jahren wurde Folgendes beurkundet: Ein gewisser Graman, ein offenkundig begüterter bajuwarischer Edelmann, schenkte dem Bistum Freising seinen Besitz in Dorfin, wie es in einer mittelalterlichen Abschrift der ursprünglichen Urkunde heißt. Im lateinischen Text ist von einer villa die Rede, womit aber nicht etwa ein geräumiges Landhaus, sondern der umfassende Komplex eines Landguts gemeint ist. Ganz konkret wird im Text der Urkunde aufgezählt, dass die Schenkung alle "Baulichkeiten, Gehöften, Leibeigenen, Meiereien, Bediensteten, Höhenzügen, Wiesen, Weiden, Vieh, Ländereien, Wälder, bewaldete Hügel, Vieh, Mühlen, Wasserläufen und Gerätschaften" in Dorfin umfasst.
Wie es sich für eine ordentliche Urkunde gehört, werden auch Angaben zum Ort, Datum und weiterem Drumherum gemacht. Man erfährt, dass die Schenkung in Thinolfingas, also Dingolfing, im Beisein und mit Zustimmung von Herzog Tassilo III. und dem Freisinger Bischof Arbeo hochoffiziell vollzogen wurde. Als Datum steht hier formelhaft abgekürzt "V. kal. septemb." Das bedeutet im römischen Kalender den fünften Tag vor dem 1. September, also der 28. August. Das Datum ist natürlich eines nach dem julianischen Kalender, und es lässt sich nachrechnen, dass der Tag ein Samstag war. Welches Wetter damals herrschte, ist freilich nicht überliefert.