Bezahlkarte statt Bargeld für Flüchtlinge:Landratsamt Erding hält an Chipkarte fest

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Im Erdinger Landratsamt werden derzeit einsame Entscheidungen getroffen. (Foto: Bauersachs)

Das Landratsamt Erding rechtfertigt die Einführung der Chipkarte für Flüchtlinge in einer ausführlichen Pressemitteilung. Dass Asylbewebern die Möglichkeit gegeben werden soll, mit ihr auch Geld abzuheben, das sei von Anfang an "angedacht" gewesen. Ab Juni soll es soweit sein.

Das Landratsamt Erding hat in einer Pressemitteilung ausführlich die Einführung der Chipkarte für Flüchtlinge im Lankreis gerechtfertigt und macht klar, dass eine Abschaffung der Karte nicht vorgesehen ist. Auf dieser Chipkarte wird den Asylbewerbern ihr Geld gutgeschrieben, anstatt dass es ihnen ausbezahlt wird. Mit dem "Kommunal Pass" sollte man überall bargeldlos einkaufen können, wo man mit einer normalen EC-Karten bezahlen kann. Praktisch ist das aber nicht möglich: Nicht in Apotheken, bei der Post und sogar in manchen Supermärkten, in Bäckereien, beim Dorfmetzger, im Linienbus. Das Vorgehen des Landratsamtes hatte zu massiven Protesten über die Landkreisgrenze hinaus geführt.

Diese Proteste "möchte das Landratsamt nicht unkommentiert lassen", wie es in der Pressemitteilung heißt. "Aufgrund der Tatsache, dass viele Asylbewerber eine Barauszahlung in Anspruch nahmen, waren sowohl die Mitarbeiter, wie auch die Asylbewerber einem enormen Verwaltungsaufwand ausgesetzt", schreibt das Landratsamt. "Vor diesem Hintergrund wurde nach einer einheitlichen Möglichkeit der Leistungsgewährung für alle Asylbewerber gesucht."

Die Einführung der Karte sei sehr kurzfristig erfolgt, auch, weil man auf eine erneute Ausgabe von Bekleidungsgutscheinen verzichten wollte. Das Landratsamt gibt zu: "Dass hier die Einführung des neuen Kartensystems mit derartigen Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, war von Seiten des Landratsamts so nicht angedacht. Das Landratsamt bittet um Verständnis."

Rechtlich auf der sicheren Seite?

Nach der Ausgabe der Karten sei es in einem zweiten Schritt "angedacht" gewesen, dass die Asylbewerber einen Teil ihres Guthabens auch abheben könnten. "Leider wird dies, nach Auskunft unseres Vertragspartners, aus technischen Gründen noch einige Zeit in Anspruch nehmen", heißt es. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) nannte öffentlich den Juni als möglichen Termin.

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Rechtlich sehe man sich mit der Einführung der Chipkarte auf der sicheren Seite: "Das Landratsamt Erding geht selbstverständlich von der Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung in Form der Kommunal Pass-Karte aus. Es handelt sich dabei um eine Leistungsgewährung, die den Geldleistungen zuzurechnen ist." Sicher ist diese Interpretation allerdings keinesfalls: Die Chipkarte könnte nämlich gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen. Als vor einem Jahr das Asylbewerberleistungsgesetz so geändert wurde, dass Flüchtlinge grundsätzlich Geldleistungen zustehen, war eine Presseerklärung der Bundesregierung eindeutig: "Allen Menschen, die als Flüchtlinge aus Drittstaaten nach Deutschland gekommen sind, steht auch Bargeld zu."

Ziel der ganzen Aktion sei es gewesen, schreibt das Landratsamt, den Aufwand für alle Beteiligten deutlich zu reduzieren. Zudem wird die Karte an sich und die bargeldlose Zahlungsmethode weiter verteidigt: "Hier von einer Diskriminierung zu sprechen, geht sicherlich zu weit, da ja bereits in Deutschland seit längerem eine Diskussion über bargeldlose Zahlungsweise vorherrscht. Bei einem anderen Personenkreis würde hier nicht von "menschenunwürdigen" Zuständen die Rede sein."

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Das Maestro-Zahlungssystem sei zudem ein weltweit gängiges Zahlungsmittel. "Die Bedarfseindeckung kann in diesem Rahmen frei gestaltet werden und ist nicht auf bestimmte Geschäfte, Waren oder eine bestimmte Höhe (innerhalb des Leistungsbetrags) vom Amt eingeschränkt." Zudem, schreibt das Landratsamt, entspräche "eine bargeldlose Abwicklung von Einkäufen heutzutage auch der Realität".

"Holprige Anläufe"

Die Pressemitteilung endet mit einer Aufzählung von vier "Besonderheiten", in denen sich das Landratsamt offenbar als Vorreiter sieht, und die Geld kosten: Etwa, dass es hier keine Massenunterkünfte gäbe, und die Asylsozialbetreuung durch den Landkreis eigenständig durchgeführt werde.

Schließlich heißt es, dass sich Landrat Bayerstorfer "ausdrücklich für die Hinweise aus der Bevölkerung" bedankt. "Er nimmt diese ernst und erkennt die Problematiken, die sich mit der Einführung ergeben." Er sei jedoch optimistisch und sehe in der Zukunft - "wenn die ersten holprigen Anläufe überwunden sind" - den Vorteil für alle Beteiligten - "auch für die Helfer".

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