Landwirtschaft:Bauern "grillen" Ludwig Hartmann

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Kreisversammlung des Bauernverbands in Riedersheim: Kreisobmann Jakob Maier (links), Ludwig Hartmann, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag und nunmehr Vizepräsident, und Kreisbäuerin Irmgard Posch. (Foto: Renate Schmidt)

Moderat im Ton, hart in der Sache: Bei einer offenen Verbandsversammlung thematisieren Erdinger Landwirte viele Probleme im Diskurs mit dem Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags.

Von Thomas Daller, Oberding

Steuerfreie Alternativen zum Agrardiesel, Planungssicherheit beim Biogas, Zukunft der Freiflächenphotovoltaik, Schutzstatus von Wolf und Krähen sowie die Tierwohlstandards: Bei einer Versammlung des Kreisbauernverbandes in Riedersheim hat sich Ludwig Hartmann (Grüne) dem Dialog mit den Landwirten gestellt. Bei manchen Punkten konnte er um Verständnis werben, in vielen anderen versprach er, die Argumente der Bauern in den politischen Prozess "mitzunehmen".

Zwischen Landwirten und Grünen herrschte in den vergangenen Monaten eine aggressive Stimmung. Grüne brauchten bisweilen Polizeischutz bei Bierzelt-Auftritten, es gab unangemeldete Verkehrsblockaden gegen ihre Politik und der Bauernverband distanzierte sich von den Störaktionen gegen die Grünen. Im Landkreis Erding war es nicht zuletzt das Verdienst von BBV-Kreisobmann Jakob Maier, dass man die Probleme im Dialog zu lösen versucht. So durfte Hartmann bereits 2022 auf Maiers Einladung als Hauptredner beim Kreisbauerntag sprechen. In Bayern eine Seltenheit.

Maier ist kein Grüner, den Dialog eröffnete er mit den Worten: "Hier könnt ihr schimpfen und Kritik üben." "Und auch ein wenig loben?", fragte Hartmann. "Vielleicht erbarmt sich einer", sagte Maier. Damit war der Ton gesetzt.

Die erste Frage zielte auf Biokraftstoffe nach dem Wegfall der Steuerbefreiung auf Agrardiesel. Hartmann sagte, er könne sich eine komplette Steuerbefreiung auf Biokraftstoffe vorstellen, aber nur beim Einsatz in der Landwirtschaft und nicht im Schwerlastverkehr: "Ihr könnt dann keine Riesentankstelle eröffnen." Die Landwirte monierten, dass sie für solche Umstellungen Planungssicherheit benötigten und die Politik bei jedem Regierungswechsel die Regeln ändere. Hartmann verwies auf das Beispiel der Solaranlagen, bei denen die Förderung 20 Jahre überdauert habe.

Das führte zur Frage, wie es um die Planungssicherheit von Biogasanlagen bestellt sei. Von Wirtschaftsminister Robert Habeck stamme in diesem Zusammenhang das Zitat, man wolle nicht noch mehr Maisanbau. "Es geht nicht darum, die Biogasanlagen zu reduzieren, denn die brauchen wir ja", sagte Hartmann. Sie seien Reservekraftwerke, die Regelenergie einspeisen können. Das sei ein Mehrwert, der auch beim Anlagenbetreiber ankommen solle. Nicht geplant sei jedoch, neue Anlagen zu bauen.

Für mehr PV-Anlagen auf Dächern habe man das Denkmalschutzgesetz geändert, sagt Hartmann

Jakob Maier sprach die Freiflächenphotovoltaik an, für die es "gigantische" Pläne gebe. Andererseits gebe es viele ungenutzte Dächer, die sich besser eignen würden: "Ich habe auf Google Maps geschaut, in der Stadt Erding gibt es keine PV-Anlagen, weil sie angeblich das Stadtbild beeinträchtigen würden." Hartmann gab ihm recht, aber deshalb habe man nun das Denkmalschutzgesetz geändert, um solche Anlagen zu ermöglichen.

Maier erkundigte sich auch nach dem Schutzstatus von "Problemtieren": In Erding habe man mittlerweile 1500 Brutpaare der Krähen, die Schäden in der Landwirtschaft verursachen. "Bei Vogelarten bin ich nicht der Experte", entgegnete Hartmann. Aber das Beispiel Wolf zeige, dass es auch in der Bundesregierung eine Bewegung beim Schutzstatus gebe: "Wir haben den Status, aber trotzdem gibt es reihenweise Entnahmen."

Beim Thema Tierwohlstandards wurde die Diskussion emotionaler, den Grünen wurde vorgeworfen, sie würden die Tierhalter mit immer höheren Standards "kaputt machen". Hartmann wies das zurück. Ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche sei Grünland und zur Verwertung des Grases seien Kühe unverzichtbar. Die Anbindehaltung laufe nun zwar aus, aber für die Kombihaltung gebe es kein Datum.

Die Viehhaltung in Deutschland werde "zum Abschuss freigegeben", kritisiert ein Landwirt

Bei der Schweinemast wiesen die Landwirte darauf hin, dass in den vergangenen Jahren 30 Prozent der bayerischen Schweinehalter aufgegeben hätten. Die Produktion habe sich nach Rumänien und Bulgarien verlagert, da habe man angeblich die gleichen Standards, aber dort werde das nicht kontrolliert. Tierhalteformen müsse man lediglich in Deutschland nachweisen, bei Fleisch aus dem Ausland sei das egal. Die Viehhaltung in Deutschland werde "zum Abschuss freigegeben", sagte ein Ferkelerzeuger.

Hartmann erwiderte, bei den Schweinemästern gebe es seit zehn Jahren einen gewaltigen Rückgang, das sei nicht auf die aktuelle Politik der Ampelregierung zurückzuführen. Und die Standards seien richtig: "Es gibt ein Leben vor dem Schnitzel." Nunmehr würden die Konsumenten weniger Fleisch kaufen und die Preise für Schweinehälften seien nach unten gegangen. Aufgrund dieser Entwicklung gehe man davon aus, dass der Tierbestand in den nächsten zehn Jahren um zehn bis 20 Prozent sinken werde. Hartmann sagte, dass er die Argumente der Bauern in die politische Diskussion mitnehmen werde und kündigte an: "Ich komm' gern mal wieder."

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