Einkaufen in München:Schöner shoppen

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Standortpolitik in München: Das Stadtteilzentrum Schwanthalerhöhe wird aktuell mit einem neuen Einkaufszentrum aufgemotzt. (Foto: Catherina Hess)
  • In der Innenstadt sowie in großen Einkaufszentren wie den Pasing- oder Riem-Arcaden sind weniger Passanten unterwegs als noch vor einigen Jahren, in kleineren Ladenzentren am Stadtrand kann eine solche Entwicklung auf längere Sicht eine Verödung zur Folge haben.
  • Viele Kunden wünschen sich ein breites Sortiment und wollen, dass Einkaufen ein Genuss ist.
  • Das neue Zentrenkonzept des Planungsreferats sieht zwei neue Stadtteilzentren in München vor: in Freiham und in dem geplanten Neubauviertel im Münchner Nordosten.
  • Neue Quartierszentren, Kategorie Nummer drei, sind im Werksviertel am Ostbahnhof sowie in der Bayernkaserne geplant.

Von Dominik Hutter, München

Klar, ein paar zugeklebte Schaufenster gibt es immer wieder einmal. Signifikante Leerstände aber finde man in Münchens Ladenzeilen nicht, hat das Planungsreferat festgestellt. Noch. Denn auch im prosperierenden München ist nicht alles Gold, was glänzt. Hohe Mieten, aber auch der Online-Handel und geänderte Konsumgewohnheiten zwingen Ladenbesitzer wie Stadtplaner zum Umdenken. Inzwischen sind sogar in der Innenstadt sowie in großen Einkaufszentren wie den Pasing- oder Riem-Arcaden weniger Passanten unterwegs als noch vor einigen Jahren, stellten die städtischen Experten beim Erarbeiten des neuen Münchner Zentrenkonzepts fest. Dramatisch ist das noch nicht. Vor allem im Stadtkern ist so viel los, dass ein leichter Rückgang kaum auffällt. In kleineren Ladenzentren am Stadtrand aber kann eine solche Entwicklung auf längere Sicht eine Verödung zur Folge haben.

Dem gilt es entgegenzuwirken, mahnen die Stadtplaner. Denn beim Vergleich der diversen Münchner Geschäftszentren ist ein roter Faden klar erkennbar: Die Starken werden immer noch beliebter, die Schwächeren drohen auszubluten. Kein Wunder. Viele Kunden wünschen sich ein breites Sortiment, was die oftmals recht übersichtlichen Ladenzeilen im Stil der Sechziger- und Siebzigerjahre schon aus Platzgründen nicht bieten können. Und die Münchner wollen, dass Einkaufen ein Genuss ist. Ein Freizeiterlebnis. Dafür wird ein angenehmes Ambiente benötigt, keine Betonwüste mit Lkw-Gedröhne. Positivbeispiel aus Sicht der Stadtplaner ist der Harras. Seit der einst einer Verkehrsinsel gleichende Platz umgestaltet wurde, klappt es auch besser mit dem Shopping. Es geht eben nicht nur ums Geschäft allein. Auch ein paar Bäume, Ruhebänke und eine ansprechende Gestaltung können konsumwillige Leute anlocken.

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Prinzipiell gilt - mit Ausnahme der großen Einkaufszentren à la OEZ oder Pep: Ladenzeilen in dicht bebauten zentralen Lagen funktionieren besser als die in der Peripherie. Am Stiglmaier- und Kurfürstenplatz oder rund um die Uni haben sich diverse Fachgeschäfte angesiedelt, die wegen ihres Sortiments auch Kunden von weiter her anlocken. Das Quartierszentrum Berg am Laim hingegen ist in zunehmendem Maße nur noch für die direkten Anwohner attraktiv. An Bedeutung verloren haben auch Obergiesing und Laim - obwohl es sich bei ihnen offiziell um Stadtteilzentren und damit um eine höhere Kategorie handelt.

Dem will das Planungsreferat nun durch eine Aufhübschung der Umgebung begegnen: in Giesing durch eine Umgestaltung des Tegernseer Platzes, in Laim könnte die bessere Verkehrsanbindung durch die neue Tram-Westtangente helfen. Unstrittig ist, dass auch am Ratzingerplatz in Obersendling etwas passieren muss. Dort steht eine verloren wirkende Ladenzeile inmitten einer Großstadtwüste mit U-Bahn-Anschluss. Als positiv beurteilt das Planungsreferat die neuen Ladenzentren in Moosach und Allach. Problematisch bleiben Lochhausen sowie das westliche Feldmoching - dort hapert es sogar an der Nahversorgung, also bei den Lebensmittelgeschäften.

Unbestrittene Nummer eins im zentralistisch strukturierten München bleibt die Altstadt mit ihrer näheren Umgebung. Rund 25 Prozent der gesamten Münchner Verkaufsfläche befindet sich im historischen Stadtkern. Allerdings gibt es nur noch wenig Spielraum für zusätzliche Läden - zum Missfallen vieler Händler. Deshalb wird tendenziell eher aufgewertet als erweitert. Immer mehr Filialen internationaler Unternehmen bestimmen das Stadtbild, die Mieten sind exorbitant hoch. Die Stadt versucht, mit ihrem begrenzten Angebot an eigenen Verkaufsflächen entgegenzuwirken. Im Rathaus oder im (derzeit allerdings zur Baustelle mutierten) Ruffinihaus logieren vor allem alteingesessene Händler zu reellen Preisen. Befragungen der Münchner haben ergeben: Anlaufstelle Nummer eins bei Einkäufen, die über den täglichen Bedarf hinausgehen, ist immer noch die Innenstadt. Erst dann folgen der Online-Handel und, auf Platz drei, die großen Einkaufszentren abseits der Innenstadt.

Unklar ist, wie sich der Online-Markt bei Lebensmitteln entwickelt

Die Konkurrenz des Internets geht auch am vergleichsweise komfortabel aufgestellten München nicht spurlos vorbei. Vor allem Heimelektronik, Kleidung, Bücher, Spielwaren und Bürobedarf werden gerne per Mausklick bestellt. Das bekommen die stationären Händler natürlich zu spüren. Allerdings stellen die städtischen Experten auch bei Online-Händlern eine Tendenz zur höchst analogen Präsenz in Form von Ladengeschäften fest. Kundennähe bleibe offenkundig wichtig, eine Verödung zumindest der Innenstadt steht daher wohl nicht ins Haus. Unklar ist, wie sich der Online-Markt bei Lebensmitteln entwickelt. Bisher kaufen die Münchner den Inhalt von Kühlschrank und Vorratsschrank noch zu fast 90 Prozent im örtlichen Supermarkt oder Discounter ein. Die Digital-Bestellungen holen aber auf, das Angebot ist breiter geworden.

Diese Entwicklung kann eine kommunale Behörde nur wenig beeinflussen. Den Planern bleibt vor allem das Engagement für eine verträgliche Abwicklung des immer stärker werdenden Lieferverkehrs. Durch Quartiersboxen etwa, an denen man Pakete abholen kann, oder eine darauf ausgelegte Concierge-Station wie im Domagkpark. Für die "analogen" Läden gilt: Stadtplanung ist alles. Neubauviertel werden stets mit einem ausreichenden Angebot für die Nahversorgung geplant. Und zwar idealerweise, indem die Erdgeschosse von Wohnhäusern als Geschäfte gestaltet werden. Große einstöckige Supermärkte mit riesigen Parkplätzen gelten nicht mehr als wünschenswert. Genauso wie Läden auf der grünen Wiese. Die versucht das Planungsreferat sogar aktiv zu verhindern. Denn auch das ist Zentrenplanung: unerwünschte Konkurrenz zu den alteingesessenen Händlern vermeiden. Immerhin bietet die vielerorts übliche Nachverdichtung die Chance, Defizite zu beseitigen - mit mehr Einwohnern lohnen sich dann vielleicht auch die Geschäfte.

Das Zentrenkonzept des Planungsreferats, das seit 1975 immer wieder fortgeschrieben wird, sieht zwei neue Stadtteilzentren in München vor (die zweithöchste Kategorie nach dem Stadtzentrum): in Freiham und in dem geplanten Neubauviertel im Münchner Nordosten. Das Stadtteilzentrum Schwanthalerhöhe wird gerade mit einem neuen Einkaufszentrum aufgemotzt. Neue Quartierszentren, Kategorie Nummer drei, sind im Werksviertel am Ostbahnhof sowie in der Bayernkaserne geplant.

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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