Das geht ja gut los! Ecco Meineke als ersten Preisträger vorzustellen, entpuppt sich als richtig gute Idee. Kaum hat er den Bayerischen Poetentaler in der Hand, legt er nach Worten des Dankes an den bewunderswert frei laudatierenden Wolfgang Oppler auch schon los, mit der nur scheinbar weit hergeholten Geschichte von Omar Bongo, dem Ex-Präsidenten von Gabun. 41 Jahre war der an der Macht, Sohnemann Ali-Ben Bongo Ondimba legte noch ein paar Jahre nach, bevor das Militär die Bongos nach 56 Jahren wegputschte - was wiederum Meineke auf eine Idee bringt: "Ich bin wirklich kein Militär-Fan, aber: Bayern wird seit mehr als 60 Jahren von der CSU regiert..." Ins rumorende Publikum ruft Meineke: "Demokratie muss man sich nicht zurückholen, man muss sie nur nutzen." Dem Elefanten im Raum gibt er folgendes mit: "Leute, die sechs Millionen Jugendsünden wegmoderieren, die brauchen wir nicht mehr!" Heißa, hopsa, was für ein Start in den Abend!
Seit 1961 vergibt die Schriftstellervereinigung Münchner Turmschreiber den Poetentaler an "Persönlichkeiten und Institutionen, die sich um Kunst und Kultur in Bayern besonders verdient gemacht haben", wie es heißt. Unter den mehr als 200 Preisträgern finden sich Namen wie Eugen Roth, Michael Ende, Janosch, Carl Orff, Enoch zu Guttenberg, Dieter Hildebrandt, Gerhard Polt, Werner Herzog, Jörg Hube, der Roider Jackl und im Ganzen die Augsburger Puppenkiste. Eine Riege, in die man sich gern einreihen lässt.
An diesem Abend werden vier weitere Poetentaler in Umlauf gebracht, und dass das im Schlachthof geschieht, ist im Fall von Meineke eine schöne Koinzidenz, tritt doch der unverschämt alterslose 62-Jährige mit dem Spitzbubencharme hier seit 35 Jahren als Ecco DiLorenzo und seiner Soul-Formation Innersoul auf, gern im schneeweißen Anzug. Längst schon legendäre Auftritte sind das, denen Oppler eine "fulminante Eleganz" zubilligt. Der Preisträger erinnert sich, wie er Ende der Siebzigerjahre mit Oppler und Duo-Kumpel Werner Schmidbauer von der U6 an der Implerstraße zur Dreimühlenstraße gelaufen sei, zur Liederbühne Robinson, "um andere Künstler kennenzulernen", Hashtag "wechselseitige Erhellung der Künste". Hat grandios geklappt: Die Aufzählung all seiner Bands und Projekte sprengt jeden Rahmen.
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Auch die ebenfalls mit dem Taler ausgezeichnete Martina Schwarzmann hatte im Schlachthof dank Otti Fischer ihren Durchbruch, verdankt ihre Bühnenkarriere aber einer solchen Mixed Show, wie man heute sagt. Gehört hatte sie vom sagenumwobenen Poeten-Stammtisch, sich aber nie hin getraut. Als sie endlich doch hinging, sei sie erstaunt gewesen, "wie viele gute, unbekannte Leute es da gab - und das ist bis heute so". Sie selbst sei lange nur in Garagen oder bei Geburtstagen aufgetreten, habe mit ebenfalls ungebuchten Kollegen die Münchner Brettl-Mafia gegründet - und tatsächlich den einen oder anderen Auftritt ergattert, wenn auch zuweilen mit unlauteren Mitteln, sprich: Alkohol. Einmal habe sie, nur damit die Veranstaltung stattfindet, gleich zwei Freundeskreise mit einer Drei-Liter-Flasche Asbach bestochen: "Dafür ging die ganze Gage drauf."
Auch Preisträger Dieter Fischer kam auf Umwegen zu den "Rosenheim Cops", zum "Kaiser von Schexing" und in den seit Kindheitstagen bewunderten "Komödienstadel": Vom Fischfachverkäufer im Kaufhof am Marienplatz mauserte sich der gebürtige Freisinger zum "Glücksfall fürs bayerische Fernsehen", wie Moderator Jürgen Kirner es ausdrückt: "Du bist wahnsinnig authentisch." Ähnliches gelte für den Lyriker Josef Wittmann, der für die "kritische Mächtigkeit seiner Texte" und generell für Klarheit und Scharfsichtigkeit gelobt wird. Posthum wird ein Taler an die im Oktober vergangenen Jahres verstorbene Turmschreiberin Monika Bittl verliehen, die mit ihrem Bestseller "Alleinerziehend mit Mann" für Furore gesorgt hatte. Michaela Karl ist sich in der Laudatio sicher, dass ihre gute Freundin das alles von oben verfolgt, "mit Weißbier, Zigarette und Eugen Roth neben sich".