Ausstellung in Ebersberg:"Heuser ist nun endgültig rehabilitiert"

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Eine wissenschaftliche Ausstellung im Rathaus Ebersberg stellt das Leben und Werk des vergessenen Autors Kurt Heuser dar - und liefert eindeutige Erkenntnisse.

Von Anja Blum, Ebersberg

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eine Ausstellung im Ebersberger Rathaus widmet sich dem Autor und Afrikaexperten Kurt Heuser.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

1930 kehrt Heuser nach Berlin zurück und landet als Drehbuchschreiber bei der UFA.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Antje Berberich, Konstantin Ploberger, János Riesz und Gabriele Reinmold sind glücklich.

Dieser Literaturprofessor ist mit allen wissenschaftlichen Wassern gewaschen. János Riesz, heute im Ruhestand, gilt als Universalromanist, doch vor allem mit seiner Arbeit zu afrikanischer Literatur leistete er Pionierarbeit - was ihm den Ruf als Begründer der deutschen Afroromanistik bescherte.

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Eine Ausstellung im Ebersberger Rathaus widmet sich dem Autor und Afrikaexperten Kurt Heuser.

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1930 kehrt Heuser nach Berlin zurück und landet als Drehbuchschreiber bei der UFA.

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Antje Berberich, Konstantin Ploberger, János Riesz und Gabriele Reinmold sind glücklich.

Man sollte also meinen, dass Riesz so leicht nichts mehr aus der Ruhe bringt. Doch was er in Ebersberg gezeigt bekam, das elektrisierte den Wissenschaftler sofort. "Ein Autor, den man noch entdecken kann", sagt er, "das ist alles andere als alltäglich. Das ist ein Faszinosum!" Noch immer kann Riesz kaum mit Worten an sich halten - obwohl der 77-Jährige bereits seit zwei Jahren mit nur diesem einen Thema beschäftigt ist: mit dem Schriftsteller, Drehbuchautor und Afrikakenner Kurt Heuser.

Und das Ergebnis seiner Forschungen ist für Riesz mindestens genauso beglückend: Heuser sei - obwohl in der gleichgeschalteten Filmbranche des "Dritten Reiches" sehr erfolgreich - kein Nazi gewesen. "Dafür gibt es eindeutige Beweise", sagt der Professor. "Er ist nun endgültig rehabilitiert."

Wer mehr erfahren möchte: Am Donnerstag, 27. September, um 18.30 Uhr wird im Rathaus Ebersberg eine wirklich bemerkenswerte Ausstellung über das Leben und Werk Kurt Heusers eröffnet. Denn der Autor, geboren am 23. Dezember 1903 in Straßburg, starb am 20. Juni 1975 in Ebersberg, dort hat er die letzten Jahre seines bewegten Lebens verbracht: Der herrische Stiefvater steckt den jungen, künstlerisch veranlagten Heuser in eine Kolonialschule in Hessen, wo er zum Tropenlandwirt ausgebildet wird.

Autor und Afrikaexperte Kurt Heuser. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Heusers Weigerung, an "Jud Süß" mitzuwirken, hätte ihn fast ins KZ gebracht

Trotzig kehrt er 1925 Europa den Rücken und strandet in Mosambik, wo er sich als Baumwollpflanzer versucht - und seine Erfahrungen in mehrere Bücher einfließen lässt. Sie ernten hervorragende Kritiken. 1930 kehrt Heuser nach Berlin zurück, landet als Drehbuchschreiber bei der UFA. Seine Weigerung, an "Jud Süß" mitzuwirken, "hätte ihn fast ins KZ gebracht", sagt Riesz.

Nach dem Krieg findet er zwar menschlich schnell wieder Anschluss - verkehrt mit Schauspielern, Regisseuren, und Dichtern, doch der eigene Erfolg bleibt aus. Weder in der Filmbranche noch in der Literatur kann er noch einmal Fuß fassen. Das Fazit von Riesz: "Heuser war wirklich auf dem Sprung zu einem großen Autor - aber der Nationalsozialismus kam leider dazwischen."

Heusers Sohn Kaspar lebte noch Jahrzehnte in dem alten Bauernhaus in der Abt-Häfele-Straße, nach seinem Tod wandte sich seine Lebensgefährtin Gabriele Reinmold an Antje Berberich, die Archivarin der Stadt, gemeinsam sicherte man den Nachlass Kurt Heusers, den der Sohn auf seine Art gehütet hatte: Alles war unsortiert, chaotisch, aber kein Blatt fehlte.

Unzählige Fotoalben, Gemälde, Drehbücher, Manuskripte und Zeitungsausschnitte

Nun war es an den beiden Frauen, dieses Mausoleum der Erinnerungen an einen großen Künstler und sein außergewöhnliches Leben in eine neue, sinnvolle Form zu überführen. Also wurde das Stadtarchiv die Heimat von unzähligen Fotoalben, Gemälden, Drehbüchern, Manuskripten, Zeitungsausschnitten, Korrespondenzen und, und, und. Schnell war klar, dass dieser Schatz in Form einer Ausstellung an die Öffentlichkeit gehoben werden musste.

Doch wie das ganze Material sichten, sortieren, einordnen? Da eilte den beiden Frauen der glückliche Zufall zu Hilfe: Riesz, der als Afrikaspezialist die Bücher Heusers bereits kannte, entdeckte online einen Artikel in der Ebersberger SZ, in dem von dem Nachlass und der geplanten Ausstellung die Rede war. Also fuhr der Münchner Professor aufs Land - und half Berberich und Reinmold, den Heuser-Schatz endgültig zu heben. "Das war sehr, sehr viel Arbeit, aber zusammen haben wir es geschafft", sagt Riesz und strahlt. Mit im Boot war auch der zweite Sohn Heusers, Konstantin Ploberger, der bei Salzburg lebt. Er hat das Projekt mit vielen Erinnerungen an den Vater unterstützt.

Die Ausstellung im Ebersberger Rathaus ist eine höchst spannende Zeitreise, sie präsentiert Leben und Werk von Kurt Heuser chronologisch auf Tafeln mit Fotos, allerhand Dokumenten, Zitaten sowie erläuternden Texten. Dazu gibt es persönliche Dinge zu sehen und vor allem viele Gemälde, auf denen Heuser sein Leben in Afrika festgehalten hat: Landschaft, Eingeborene, Tiere, Masken. Ergänzend zu der Schau erscheint ein 210 Seiten starker Katalog, außerdem plant Berberich, vier Heuser-Filme im Rathaus zu zeigen.

© SZ vom 22.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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