SZ-Adventskalender:Ausgepowert

Lesezeit: 2 min

Ein Schicksal von vielen: Dass Krankheit arm und Armut krank machen kann, musste Ramona T. am eigenen Leib erfahren. (Foto: Mareen Fischinger/imago images/Westend61)

Ramona T. wurde 2009 krank, dann wieder und wieder und wieder. Dadurch verlor sie ihren Job, und ihr Erspartes ging durch den spielsüchtigen Ex-Mann verloren. Trotzdem hat sie sich ihren Lebensmut bewahren können.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Die Wohnung von Ramona T., die eigentlich anders heißt, ist gemütlich eingerichtet. Traumfänger hängen an den Wänden und von der Decke, eine geschnitzte Holzfigur wacht über den Besuch und jede Menge Zimmerpflanzen verschönern den Raum. Die Einrichtung sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die 61-Jährige sehr energetisch ist. Sie lacht herzlich und erzählt gerne.

"Man braucht Pfeffer im Hintern", sagt sie, "sonst rollt das Leben über einen hinweg." Pfeffer scheint sie einigen zu haben, was sie auf ihre Herkunft zurückführt. Ihr Vater kommt aus Puerto Rico, die Mutter aus Niederbayern, aufgewachsen ist sie zunächst in New York, dann in Augsburg, dann wieder in den Staaten. Sie habe außerdem "spanisches, französisches und italienisches Blut", was sie nicht gerade zum Herumliegen prädestiniert habe. "Ich war eine richtige Powerfrau", sagt sie.

Newsletter abonnieren
:Gesundheit!-Newsletter

Fit, entspannt, zufrieden: der SZ-Magazin-Newsletter für ein gesundes Leben. Kostenlos anmelden.

Leider hat sie über die letzten Jahre und Jahrzehnte einiges von ihrer Kraft einbüßen müssen. Seit 2009 hat sie alle vier Jahre mit starken gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, als hätten die Krankheiten ihren eigenen olympischen Zyklus.

Als erstes musste sie wegen eines Harnsteins zweimal an der Niere operiert werden. 2013 hatte sie dann eine beidseitige Lungenembolie, an der sie fast gestorben ist. "Die Ärzte wissen nicht genau, wie es dazu kam", erzählt sie. Vermutlich ist ein Thrombose-Blutgerinnsel aus den Beinen in die Lunge gewandert. Dafür spricht, dass sie 2017 einen Arterienverschluss in den Beinen hatte, der in einer zwölfstündigen Operation behoben werden musste. Zwei Tage später gesellten sich noch ein Darmverschluss und ein paar Operationen mehr dazu. 2021 schließlich reagierte sehr schlecht auf eine Corona-Schutzimpfung und musste abermals ins Krankenhaus. Bis vor einem halben Jahr litt sie unter Müdig- und Mattigkeit. "Das war heftig", fasst sie zusammen.

"Es ist sehr schwer, zu sparen"

Aufgrund der gesundheitlichen Probleme hat sie eine Behinderungsstufe von 70 Prozent und kann seit über zehn Jahren keinem Beruf mehr nachgehen. "Ich würde gerne noch arbeiten", sagt sie. "Aber es geht nicht mehr." Ihre Füße sind aufgrund der Operationen taub, die ehemalige Laborantin kann nicht mehr lange stehen oder gut Treppen laufen.

Deswegen ist das Geld knapp, "es ist sehr schwer, zu sparen". Ständig braucht es hier etwas, dort etwas. Dabei hatte sie sich eigentlich über lange Jahre etwas zurückgelegt. Doch zu ihrem Unglück gesellte sich Pech. Genauer gesagt, gesellte sich das Pech zu ihrem Mann. "Er ist spielsüchtig und hat mein Erspartes verprasst", erzählt sie. Mittlerweile sind sie geschieden und sie konnte ihm vergeben. "Es nützt nichts, diese Wut mit sich herumzutragen, das macht auch nur krank." Ihren Humor hat sie trotz allem nicht verloren: "Wenn er wenigstens mal gewinnen würde!"

Ramona T. wünscht sich vor allem eine neue Spülmaschine

Auch ansonsten versucht sie, das Positive zu sehen. "Man lernt im Leben nie aus. Hätte man mir früher gesagt, dass ich in X Jahren solche gesundheitlichen Probleme kriegen würde, hätte ich ihnen nicht geglaubt." Seitdem hat sie gelernt, dass Gesundheit das wichtigste Gut ist, das man haben kann.

Was nicht heißt, dass es nicht andere Güter zum Leben braucht. "Als ich mit meiner Tochter in diese Sozialwohnung gezogen bin, haben wir uns so gefreut, dass es eine Spülmaschine gibt", erzählt sie. Doch die Freude währte nur kurz: die Maschine ist kaputt. "Ich kann nicht lange stehen und den Abwasch machen, eine neue Maschine wäre also großartig." Dazu kommen Reparaturen für das Auto oder Ausgaben für einen Sportkurs, den sie gerne machen würde, aber sich nicht leisten kann. Dann könnte sich die energetische Frau, die gerne liest, Kreuzworträtsel macht und sich mit ihren Freundinnen trifft, nochmal so richtig auspowern - aber auf die gute Art.

Spendenkonto: Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V., Stadtsparkasse München, IBAN: DE86 7015 0000 0000 6007 00, BIC: SSKMDEMMXXX, www.sz-adventskalender.de oder www.facebook.com/szadventskalender .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Adventskalender
:"Ich habe immer allein gestanden"

Anja G. hatte von Kindheit an psychische Probleme, bezieht nun nur eine kleine Rente. Eine hohe Forderung ihrer Krankenkasse kann sie sich nicht leisten.

Von Alexandra Leuthner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: