SZ-Adventskalender:Ihr größter Wunsch

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Svetlana P. ist nach einem Leben samt schwerer Jugend und vielen Rückschlägen unheilbar krank

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Es ist für Svetlana P. (Name geändert) schwer, über ihr Leben zu sprechen. So schwer, dass sie nicht allein sein will, um der Zeitung von ihrem Schicksal zu erzählen, sondern jemand vom Landratsamt dabei haben möchte. Es ist nicht nur die Lungenkrankheit, die ihr die Luft zum Reden raubt. Die langen Pausen, die sie zwischen ihren Sätzen macht, sind auch dem Wissen geschuldet, dass sie nicht zu viel erzählen darf, um sich nicht zu weit hinein, zu weit zurück in ihre Vergangenheit zu begeben. Wenn sie es doch tut, wenn sie sie nur streift, ihre Erinnerungen, bahnen sich Tränen den Weg aus ihren Augenwinkeln. Und das will sie nicht.

Als Jugendliche verlässt sie das Elternhaus und schlägt sich fortan alleine durch. "Ich hab die Tür aufgemacht und nicht mehr zurückgeschaut." Svetlana P. sucht Unterschlupf bei Bekannten, macht die Schule nach, die sie nicht hatte abschließen können. In der ersten Zeit allein jobbt sie auf 400-Mark-Basis, 50 Mark zum Ausgeben, 350 legt sie zurück, sie ist ehrgeizig und hat Biss. Zwischendurch kommt sie in einem Seniorenheim unter, wo sie arbeiten und wohnen kann, ein Frühstück bekommt. Zum Abendessen gibt es ein Stück Brot und zwei Becher Joghurt von der Station. "Es war eine schwere Zeit." Doch Svetlana kämpft. Sie macht eine Ausbildung, beschafft sich eine Wohnung, finanziert sich selbst den Führerschein. Sie ist klug, hat eine schnelle Auffassungsgabe, übernimmt Verantwortung auf der Station, bildet sich weiter bis zur Führungskraft. Doch ihre Vergangenheit holt sie immer wieder ein.

Und sie zieht sich zurück in ihre eigene Welt, möglichst weit weg vom Leben der anderen. Svetlana richtet sich ein, ohne Kontakt zu ihrer Familie - die Eltern sind längst gestorben inzwischen. Bis der nächste Schlag sie trifft. Auf die Krebsdiagnose folgt die übliche Krebskarriere. Chemo, Bestrahlung, Chemo, Bestrahlung, immer wieder. Auch das überlebt sie, träumt davon, irgendwann ins Arbeitsleben zurück zu kehren. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihr. Eine schwere Lungenkrankheit stellt sich ein. Über die Diagnose sind sich die Ärzte nicht ganz einig, aber darüber, dass sie das Beatmungsgerät, das sie zu Hause hat, bald auch nachts brauchen wird. Auch, dass sie irgendwann nicht mehr laufen können wird, ist sicher, den Rollstuhl hat sie schon zu Hause. Seit Jahren muss sie Cortison nehmen, sie ist schwer geworden davon, der ganze Körper schmerzt, wenn sie länger zu Fuß geht. Arbeiten wird Svetlana P. wohl nie mehr, sie ist froh, wenn sie in Ruhe ihr Leben leben kann. "Es ist ohnehin ein Wunder, dass ich noch da bin, und dass ich noch selbständig laufen kann."

Ihr größter Wunsch aber ist es, noch einmal in ihrer Heimat am Meer sitzen zu können. Sie habe nie Schulden gemacht, erzählt sie, aber jetzt kann sie sich eine solche Reise nicht mehr leisten. Ein Zuschuss vom SZ-Adventskalender könnte ihr dabei helfen.

© SZ vom 23.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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