Schulen in Ebersberg:Land unter in Ebersberger Klassenzimmer

Lesezeit: 3 min

Im Gymnasium Kirchseeon ist ein Drittel der Lehrkräfte in Quarantäne, anderen Schulen im Landkreis geht es nicht viel besser. Den Betrieb aufrecht zu erhalten, wird zunehmend schwieriger.

Von Franziska Langhammer, Kirchseeon

Wer sich noch im September über Präsenzunterricht und einheitliche Regelungen im neuen Schuljahr freute, ist heute wohl eines Besseren belehrt: Bei einigen Schulen im Landkreis steht die Alarmstufe auf Dunkelrot. Im Gymnasium Kirchseeon beispielsweise ist derzeit Land unter: Mehr als ein Drittel der Lehrkräfte ist in Quarantäne; einige warten immer noch auf einen Anruf vom Gesundheitsamt.

"Das ist Wahnsinn", kommentiert dies Personalratsvorsitzender Stefan Obermaier. Hinzu kommen die täglichen Ausfälle von Lehrkräften durch Krankheiten etwa der eigenen Kinder. "Wir sind ein relativ junges, familienorientiertes Kollegium", sagt Obermaier. "Durch die Corona-Maßnahmen in den Kindergärten sind viele Kollegen zusätzlich blockiert, weil sie auf das Ergebnis des Corona-Tests ihres Kindes warten - oder darauf, dass der Schnupfen weg geht." Etwa 100 Vertretungsstunden fallen momentan am Gymnasium Kirchseeon an - täglich.

"Was uns umtreibt, ist die unklare Lage, was die Lehrer-Quarantäne betrifft", so Obermaier. Oft kämen die Infos stückchenweise oder auch nur zufällig ans Licht. Obermaier erzählt von einer Kollegin, die in Quarantäne geschickt werden sollte. Auf Nachfrage beim Gesundheitsamt erfuhr sie, dass sie doch weiterhin unterrichten könne - weil sie eine FFP2-Maske getragen hatte, also eine mit effektiverem Schutz als herkömmliche Masken. Daraufhin habe die Schule sofort weitere FFP2-Masken bestellt; eine einmalige Anschaffung jedoch, denn eigentlich gibt es dafür kein Budget. "Natürlich steht die Gesundheit an erster Stelle", sagt Stefan Obermaier. "Wir würden uns aber wünschen, dass die Maßnahmen auch wirklich dazu beitragen, den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten."

Ein großes Problem für Schulen wie das Gymnasium Kirchseeon ist auch, dass die Gesundheitsämter in den angrenzenden Landkreisen die Quarantäne-Maßnahmen anders handhaben als Ebersberg. Lehrkräfte, die im Landkreis München wohnen und in Kirchseeon unterrichten, müssen sich an die Vorgaben des Gesundheitsamts München halten - der Wohnort ist hier entscheidend, nicht der Arbeitsort. Im Landkreis München beispielsweise gelten Lehrkräfte, welche die Hygienemaßnahmen eingehalten haben, als K2, also als Kontaktpersonen, die sich mit einer positiv getesteten Person zwar in einem Raum aufgehalten haben, dabei aber keinen engeren Kontakt hatten. Offiziell müssen sie nicht in Quarantäne, sondern dürfen weiter unterrichten - anders als die Lehrkräfte, die in Ebersberg wohnen und arbeiten.

"Wir würden uns sehr freuen über ein einheitliches Vorgehen bei den Quarantäne-Maßnahmen", sagt Schulleiterin Simone Voit. Auch in Bezug auf die Gleichbehandlung wäre es eine große Erleichterung, wenn für alle dieselben Regeln gelten würden. "Ich als Schulleiterin entscheide nicht über Quarantäne-Maßnahmen", so Voit. Auch sie bezeichnet die Lage an ihrer Schule als "sehr angespannt", die Vertretungssituation sei äußerst prekär. "Das geht schon an die Belastungsgrenze aller", sagt Voit, "auch der Eltern." Trotzdem wisse sie, wie wichtig es sei, die Schule offenzuhalten, so Voit: "Wir tun unser Möglichstes."

Auf Anfrage der SZ an das Gesundheitsamt Ebersberg wird darauf verwiesen, dass die Lehrkräfte, die noch auf einen Anruf vom Gesundheitsamt warten, wohl nicht im Landkreis Ebersberg wohnen; für sie sei daher das Gesundheitsamt der Gebietskörperschaft zuständig ist, in der sie ihren Wohnsitz haben. "Zudem wird klargestellt, dass ein negatives Testergebnis das Gesundheitsmonitoring nicht aufhebt und auch eine Quarantäne nicht ersetzt", so die Behörde. "Angelehnt an das Vorgehen bei den Schülern müssen Lehrerinnen und Lehrer als K1 in Quarantäne, wenn sie mindestens 45 Minuten in einer Klasse mit einem sogenannten Indexfall tätig waren."

Ähnlich angespannt wie in Kirchseeon sieht die Lage im Gymnasium Grafing aus. Etwa 100 Schüler und 16 Lehrkräfte sind dort derzeit in Quarantäne. "Wir alle machen momentan Vertretungen, auch aus dem Direktorium", sagt Schulleiterin Nicole Storz. Der Präsenzunterricht sieht häufig so aus: Die Kinder sind in der Schule, die Lehrkräfte nicht. Oft bekommen die Schüler am Vorabend die Arbeitsaufträge über die Plattform Mebis ins Internet gestellt und müssen diese am nächsten Tag dann im Unterricht bearbeiten, erzählt Storz. "Unterricht über Video können wir technisch und organisatorisch nicht leisten", so die Schulleiterin. Genauso wie im Gymnasium Kirchseeon hat man auch hier das Problem, auf keine Glasfaser-Verbindung zurückgreifen zu können; das heißt, wenn drei oder vier Lehrer gleichzeitig streamen, bricht das Netz zusammen. Auch in Grafing dauert es oft sehr lange, bis die Lehrkräfte vom Gesundheitsamt kontaktiert werden. "Manche Lehrer und Schüler sind zum Teil schon zum zweiten Mal für 14 Tage in Quarantäne", sagt Nicole Storz. "Das ist schon bitter."

Mit rund zehn Lehrern und zwischen 50 und 60 Schülern in Quarantäne ist man auch in der Realschule Vaterstetten derzeit gut damit beschäftigt, Vertretungen und Lösungen zu finden. "Es ist schon viel, aber leistbar", so Schulleiter Stefan Gasior. Mit Blick auf die anstehenden Herbstferien sagt er: "Wir sind aber schon froh, erst mal eine Woche Ruhepause zu haben."

Allmählich wieder in den normalen Alltag zurück findet auch die Anni-Pickert-Grund- und Mittelschule Poing. In den vergangenen Wochen, berichtet Schulleiterin Eva Guerin, seien zeitweise relativ viele Lehrkräfte in Quarantäne gewesen. "Das Gesundheitsamt Ebersberg hat sehr strenge Regularien", sagt Guerin. "Auch wenn der Lehrer alle Maßnahmen eingehalten hat, muss er in Quarantäne." Das habe den Ablauf an der Schule teilweise sehr erschwert. Zum Glück, so Guerin, habe das Schulamt Ebersberg sie sehr unterstützt: Durch Lehrer aus anderen Schulen habe man jederzeit den Unterricht gewährleisten können.

© SZ vom 30.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: