Schnelles Internet:Zornedinger Kabelsalat

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Entlang der Zornedinger Birkenstraße müssen Fußgänger derzeit Slalom um Glasfaserbaustellen laufen. Dennoch stocken die Arbeiten. (Foto: Christian Endt)

Der Glasfaser-Ausbau in der Gemeinde läuft immer noch nicht rund. Die Ersten sind aber inzwischen angeschlossen

Von Viktoria Spinrad, Zorneding

Wer dieser Tage durch Zorneding geht, sieht einen Ort wie ein Schweizer Käse: überall aufgerissene Gehwege, Mütter und Väter, die ihre Kinderwagen um Baustellen herum über Straßen manövrieren müssen, dazu Bautrupps, die sich weiter vorarbeiten. Zorneding bekommt Glasfaser-Internet, die ersten Kunden sind schon am Netz, und das ohne eigene Kosten für den Ausbau, die übernimmt die Deutsche Glasfaser. Das ist die gute Nachricht.

Doch wo es gute Nachrichten gibt, gibt es oft auch schlechte. Die Geschichte der Glasfaser in Zorneding ist auch eine Geschichte von massiven Verzögerungen und schlechter Kommunikation. Es ist die Geschichte eines Start-ups, das viel versprochen hat, aber schneller gewachsen ist, als es Glasfasern verlegen kann - und die Erwartungen der Kunden fast zwangsläufig enttäuschen musste.

Kunden klagen über fehlende Absprachen und Verständigungsprobleme

Wie steht es nun um den Ausbau in der ersten Gemeinde im Landkreis Ebersberg, die sich auf das Projekt Glasfaser einließ? Zwar schreiten die Arbeiten voran. Doch wer sich durch den Ort telefoniert, hört auch Sätze wie: "Ich habe nur zufällig den Presslufthammer gehört." Das sagt Margrit Brandenburg, eine Pöringerin. Es habe keine Terminabsprache für den Anschluss im Haus gegeben. Erst aufgrund des Lärms habe sie erfahren, dass der Bautrupp am Nachmittag bei ihr vorbeikommt.

Dasselbe Szenario schildert Bianka Galla aus Pöring: "Die standen von heute auf morgen vor der Tür." Weil es vorher keine Begehung in ihrem Mehrfamilienhaus gegeben habe, wusste keine der Parteien, wo der Anschluss denn überhaupt hinsollte. "Das war eine Katastrophe." Eine Ingelsbergerin schildert, dass eine Absprache nicht nur an der fehlenden Kommunikation, sondern auch an den mangelnden Deutschkenntnissen der Bauarbeiter gescheitert ist. "Die haben uns leider einfach nicht verstanden", sagt Melanie Gernsbeck. Und aus der Trattoria Limone ist zu vernehmen: "Eigentlich weiß niemand, wann er dran ist."

Wie kann das alles sein? Nachfrage bei Peter Reisinger, dem Regionalleiter von Deutsche Glasfaser. Vor vier Monaten hatte der damals neu eingesetzte Zuständige erklärt, die Dinge in Ordnung bringen zu wollen. Und nun? "Wir mussten die Website mit dem Ausbauplan auch aus Datenschutzgründen leider wieder aus dem Netz nehmen", erklärt Reisinger. Mit der Liste auf der Website der Gemeinde sollten sich Zornedinger informieren können, wann ihr Hausanschluss gelegt werden soll. Seit mehreren Tagen ist die Seite allerdings offline.

"In den nächsten zwei bis drei Wochen sollten die Ausbaupläne aber wieder online sein", sagt Reisinger. Diese zuverlässig abzuschätzen, sei überhaupt schwierig. "Beim Bau muss zwangsläufig viel verschoben werden." Um schneller anpassen zu können, wolle man den Plan langfristig auf die Firmen-Website verlagern. Und die Sprachbarrieren? "Der betroffene Subunternehmer hatte uns vertraglich zugesichert, dass die Sprachkenntnisse passen", erklärt Reisinger.

Die Hausbegehungen würde nun eine Zornedinger Firma übernehmen. "Wir haben viel dazugelernt", betont Reisinger. Zum Beispiel, dass die Kommunikation mit den Kunden passen muss. Besser machen will man es jetzt auch am Daxenberg. Das geplante Vorgehen in den Hochhäusern war lange unklar; zur Zeit läuft der Ausbau. "Das klappt sehr ordentlich", so Reisinger, im Herbst wolle man fertig sein in Zorneding.

Auch Peter Pernsteiner verfolgt das Geschehen in der Gemeinde. Der FDP-Gemeinderat hatte zusammen mit dem Bürgermeister die Werbetrommel für das Projekt gerührt. "Lieber ein bisschen Chaos, als dass jeder Haushalt 600 Euro, die Gemeinde 800 000 Euro und der Freistaat 1,2 Millionen Euro zahlen müssten", fasst er seine Sicht der Dinge zusammen.

Gelassen nach vorne schaut auch die Familie Gernsbeck: "Mittlerweile höre ich kein Gemoser mehr", sagt die Mutter. "Videos und Filme laufen jetzt viel schneller", sagt der 13-jährige Sohn. Und da, wo man noch wartet, ist italienische Gelassenheit gefragt: "Die werden sich schon rühren", heißt es aus der Trattoria. Derweil fragt eine Pöringerin, die zu hohe Abrechnungen vermutet: "Gibt es bei denen eigentlich eine Servicenummer?"

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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