S-Bahnhof Poing:Barrierefreies Hindernis

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Der Poinger Bahnhof wird derzeit barrierefrei umgebaut. Damit sind im Prinzip alle einverstanden, der Gemeinderat sieht aber noch Verbesserungspotenzial. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die FDP sträubt sich dagegen, dass im Zuge des barrierefreien Umbaus die steile Rampe im Nord-Osten des Bahnhofes durch eine Treppe ersetzt wird. Diesen Plänen der Deutschen Bahn hatte der Gemeinderat vor Jahren zugestimmt

Von Johanna Feckl, Poing

Manchmal muss es schnell gehen. Zum Beispiel dann, wenn geplante Arbeiten, mit denen man nicht einverstanden ist, schon mitten in Gange sind - nämlich die laufenden Umbauten am S-Bahnhof in Poing. Nach Abschluss der Arbeiten wird der Bahnhof dann voraussichtlich ab Ende dieses Jahres barrierefrei sein. In diesem Zuge soll auch die bestehende Nord-Ost-Rampe zum nördlichen Bahnsteig abgerissen werden. Nicht, wenn es nach der Poinger FDP geht, vor wenigen Tagen reichte die Fraktion einen Dringlichkeitsantrag bei der Gemeinde ein. Ziel: Die besagte Rampe soll erhalten bleiben. Das Problem: Den Plänen der Deutschen Bahn (DB) hat der Gemeinderat - auch die FDP Fraktion - vor einigen Jahren bereits zugestimmt.

"Das mag sein, dass man das damals so beschlossen hat", sagte Wolfgang Spieth, der als FDP-Fraktionssprecher den übrigen Gemeinderäten den Dringlichkeitsantrag erläuterte. "Aber besser spät als nie." Die Gemeinderäte hätten damals wohl ein Detail der Pläne der DB übersehen: Neben der bestehenden Fußgängerrampe zum nördlichen Bahnsteig soll eine Treppe gebaut werden. Allerdings nicht zusätzlich, sondern anstatt der Rampe, also: Ist die Treppe fertiggestellt, wird die Rampe endgültig abgerissen.

Für Rollkoffer sei die alte Rampe sehr nützlich

"Ich meine, das ist für uns nicht akzeptabel", so Spieth weiter. Es möge sein, dass die Rampe für Rollstuhlfahrer zu steil ist. Aber Menschen mit Kinderwagen oder einem Rollkoffer würden durchaus von der Rampe in ihrem jetzigen Zustand profitieren. Für diese Menschen würde der Vorschlag von Barrierefreiheit der Bahn bedeuten, dass sie künftig einen Umweg von 200 bis 300 Meter in Kauf nehmen müssten, um auf den nördlichen Bahnsteig zu den Zügen in Richtung München zu gelangen. Sie müssten weiter nach Westen gehen, die neue Fußgängerunterführung im Bogen passieren, um dann über die westliche Rampe den Bahnsteig zu erreichen. "Damit würde die Situation nicht verbessert, sondern verschlechtert", heißt es in dem Antragsschreiben. "Ich meine, das ist für uns nicht akzeptabel", ergänzte Spieth in der Sitzung.

Die Rathausverwaltung wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass durch den barrierefreien Ausbau die Bahnsteige von 76 Zentimeter über Schienenoberkante auf 96 Zentimeter angehoben werden. Die Bahnsteige würden über neue Rampen mit einer Steigung von weniger als drei Prozent und damit barrierefrei erreichbar sein. Die vorhandene Nord-Ost-Rampe erfüllte nicht die Voraussetzungen für eine Barrierefreiheit, durch die Änderung der Bahnsteighöhe müsste die Rampe sogar noch steiler werden. Auch könne sie entsprechend der technischen Bestimmungen in Hinblick auf Unfallverhütung und Verkehrssicherungspflicht nicht umgebaut werden, wie Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) auf Nachfrage mitteilte.

Die Bahn plant im Nordosten nur eine neue Treppe

So jedenfalls lautete die Begründung der DB vor einigen Jahren, als die Pläne den Gemeinderäten vorgestellt wurden. 2015 beschloss der Gemeinderat die aktuell umgesetzte Variante des Bahnhofumbaus, diese Planung beinhalte lediglich eine Treppenanlage im Bereich Nord-Ost, wie es in den Sitzungsunterlagen heißt. "Aber es spricht nichts dagegen, mit der Bahn noch mal Kontakt zu diesem Thema aufzunehmen", sagte der Bürgermeister während der Sitzung und sprach sich damit für die Unterstützung des Antrags aus.

Peter Maier (SPD) betonte, dass zu besagter Zeit mehrere Male im Gemeinderat über das Thema diskutiert worden sei und sie gemeinsam den nun gelten Beschluss, der den Abriss der Rampe vorsieht, zugestimmt hätten. "Die bestehende Rampe ist alles andere als barrierefrei und es wird in diesem Bereich auch keine geben können", sagte er und bezog sich damit auf die damals von der DB vorgelegten Gründe.

Werner Dankesreiter (Grüne) stimmte Maier in dem Sinne zu, dass die Rampe für Rollstuhlfahrer faktisch nicht passierbar sei. "Aber alle anderen würden von ihr stark profitieren, zum Beispiel wenn man einen Rollkoffer dabei hat." Er sprach sich deshalb dafür aus, den FDP-Antrag zu unterstützen und mit der DB erneut in Gespräche darüber einzusteigen.

Nun soll die Verwaltung mit der Bahn erneut verhandeln

Das sah auch Bärbel Kellendorfer-Schmidt (SPD) so. "Wir können das gerne noch einmal probieren, auch bei der Bahn wechseln die Protagonisten." Sie unterstrich dennoch, dass entgegen der Auffassung von Gemeinderat Spieht niemand im damaligen Gremium diese konkrete Planung übersehen hätte. Stattdessen habe die Bahn lange erklärt, warum ein Erhalt oder ein Umbau der bestehenden Rampe nicht möglich sei.

Bei der abschließenden Abstimmung stimmten alle Gemeinderäte dem Dringlichkeitsantrag der FDP-Fraktion zu. Die Gemeinde wird dementsprechend unverzüglich Gespräche und Verhandlungen mit der DB zu diesem Thema aufnehmen mit dem Ziel, die Nord-Ost-Rampe dauerhaft zu erhalten.

© SZ vom 22.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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