Rap:Unter Masken

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Die Identität der beiden Musiker aus Moskau ist nur einem kleinen Kreis bekannt, bei ihren Konzerten tragen sie immer Masken. (Foto: Frank Schwichtenberg/oh)

An diesem Donnerstag spielen die Hardcore-Rapper "Moscow Death Brigade" im Grafinger Jig

Wer mehr über russische Untergrundkunst erfahren möchte, der könnte zum Beispiel mal im Internet nach einer Gruppe mit dem brutalen Namen Moscow Death Brigade suchen. Dann sieht er ein paar Fotos von Gesichtern unter Sturmhauben, wie sie vor einem Puschkin-Denkmal rappen. Der Ort passt: Alexander Puschkin, der wenig zimperliche Begründer der modernen russischen Literatur, schüttete einst Spott und Kritik über Kriegs- und Bildungsministern aus und entkam der Verbannung nach Sibirien denkbar knapp. Solche Sachen sind den Hardcore-Rappern aus der russischen Hauptstadt freilich sympathisch. In der Szene sind sie die Koroli, die Könige - und die Aktiven aus dem selbstverwalteten Grafinger Jugendzentrum Jig haben mit ihnen einen Coup gelandet: An diesem Donnerstag, 15. Februar, spielt die Moscow Death Brigade in der Rotter Straße 8.

Die Geschichte, wie es dazu kam, ist eine für sich: Als die Russen vor zwei Jahren durch Europa tourten, hatte jemand aus dem Jig einfach eine kurze E-Mail ans Management der Band geschrieben. Ob sie nicht Lust hätten, mal in Grafing vorbeizuschauen? Die Antwort klang erst mal so, wie Absagen von Bands meist klingen: Leider ausgebucht, meldet euch nächstes Jahr noch mal. Da würde die nächste Tour geplant. Also setzten die Jugendlichen einen Merker, meldeten sich ein paar Monate später noch mal. Diesmal kam eine andere Antwort - doch just dann streikten im Jig Heizung und Wasserversorgung. Nun also, im dritten Anlauf, steht bei MDB tatsächlich Grafing auf dem Tourflyer, zum Beispiel neben Zürich, Nürnberg oder Wiesbaden.

Gestartet hatte das Moskauer Duo sein Projekt vor gut zehn Jahren mit einer minimalistischen Do-it-yourself-Attitüde: mit Mikrofonen, einer halbwegs anständigen Abspielanlage und einem Sampler für die Beats. Um das auf ein Konzert mitzunehmen braucht es nicht einmal einen Lada Niva. Noch dazu lässt sich die Musik locker mit Freeware aus dem Internet abmischen und über selbiges auch bestens verbreiten.

Anfangs verklebten sie Rap mit Metal und Punk oder Hardcore. Inzwischen sind auch Elektronik, Drum'n'Bass und Dub dabei. Und zu ihrer eigenen Überraschung laden den Sound längst nicht mehr nur Punks, Hardcore-Kids und Antifa-Aktivisten auf ihre Player, sondern halbwegs normale Leute mit Faible für laut aufgedrehten Rap.

Der klare gesellschafts- und politkritische Kern ist geblieben. Sie rappten über Erfahrungen wie Polizeibrutalität, Neonazi-Gewalt, Massenmedien-Propaganda, soziale Vorurteile oder auch die Wehrpflicht, umriss es einer der Künstler in einem Interview. Ob er wirklich Vlad heißt, weiß man so genau nicht. Die Identität der Künstler sei nur einem sehr kleinen Kreis bekannt, heißt es. Auf der Bühne ziehen sie stets Sturmmasken über die Köpfe. Das sei zum Schutz vor Neonazis. Bei denen ist die Moscow Death Brigade tatsächlich ein übles Feindbild.

Konzertbeginn ist um 20.30 Uhr, als Vorband spielt Westdead.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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