Protest gegen Projekt im Forst:Der Wind dreht sich

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Green City Energy ist offenbar bereit, die Windräder weiter in den Forst zu versetzen - die Politik weiß das, schweigt aber.

Lars Brunckhorst

Während in Anzing, Vaterstetten und Zorneding noch kontrovers über den geplanten Windpark am Rande des Ebersberger Forsts diskutiert wird, steht offenbar bereits seit längerem fest, dass die bei Teilen der Bevölkerung umstrittenen Windräder tiefer in den Wald verschoben werden sollen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat die Firma Green City Energy, die den Windpark errichten und betreiben will, schon vor Wochen signalisiert, ihre Planung entsprechend zu ändern. So wurde Vaterstettens Bürgermeister am 30. Juni aus dem Landratsamt darüber in Kenntnis gesetzt, dass man "auf unsere Forderungen eingehen möchte, die Windräder tiefer in den Forst zu setzen". Die Rede ist von "ein bis zwei Geräumten", also etwa 450 bis 900 Metern. Geräumte werden die Wege in dem rasterartig angelegten Forst genannt. Dennoch wurde die Öffentlichkeit über die neuen Absichten bisher nicht informiert, obwohl es in Anzing, Purfing und Wolfesing seit Wochen Proteste gegen den geplanten Windpark gibt. Stattdessen teilte die Vaterstettener CSU diese Woche lediglich mit, sie habe ein Positionspapier beschlossen, in dem sie sich dafür ausspricht, die Windkraftanlagen "mindestens 500 bis 1000 Meter weiter in den Forst hineinzuschieben". Ähnliche Beschlüsse werden voraussichtlich an diesem Donnerstag die Gemeinderäte von Vaterstetten und Zorneding fassen. So hat der Beschlussvorschlag, den Vaterstettens Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) seinem Gremium vorlegen wird, folgenden Wortlaut: "Eine Verlegung der geplanten Windenergieanlagen weiter östlich in den Ebersberger Forst soll durch den Landkreis und Green-City-Energy intensiv geprüft werden." In einer vertraulichen Mail, welche Niedergesäß am 1. Juli, also unmittelbar nach der Neuigkeit aus dem Landratsamt an Kollegen aus der Politik verschickte, war er noch weiter gegangen. Darin heißt es, die Bereitschaft von Green City Energy zum Einlenken lasse ihn zu der Überzeugung gelangen, dass die Gemeinden Vaterstetten, Anzing und Zorneding dem ganzen Vorhaben nur unter der Voraussetzung zustimmen sollten, dass die Windräder ein bis zwei Geräumte weiter in den Forst verrückt werden. Ähnlich sieht es Zornedings Rathauschef Piet Mayr: Auf einer Sitzung des Arbeitskreises Energiewende sprach er dieser Tage von einem Geräumt, um das die Windräder wegen der Bedenken in den angrenzenden Ortschaften nach Osten gerückt werden könnten. Das Einknicken vor den Kritikern des Windparks könnte indes neuen Ärger nach sich ziehen. So warnen Befürworter der Windenergie davor, dass damit ein Präzedenzfall geschaffen werde, der den Bau von Windrädern massiv erschweren könnte. Betroffene in anderen Orten könnten sich auf die Ebersberger Entscheidung berufen. Wolle man aber überall Abstände von 1500 bis 2000 Meter zur Wohnbebauung einhalten, seien Windräder in der dicht besiedelten Region München kaum durchsetzbar, mahnt etwa der Vaterstettener Grünen-Gemeinderat Robert Winkler. Bisher waren die Rotoren in einem Abstand von tausend Metern zu den nächsten Häusern geplant - schon das geht über die gesetzlichen Vorschriften hinaus. Üblich ist nur ein Mindestabstand von rund 800 Metern. Die Ebersberger Diskussion ist dabei kein Einzelfall: Im Landkreis Fürstenfeldbruck wird aktuell sogar über einen Mindestabstand von 2,5 Kilometern zu Wohngebieten diskutiert. Hier sind es die Grünen, die diese Forderung erheben, während der CSU-Landrat dem Vorschlag eine Absage erteilt: "Dann kann man es ganz lassen", sagt Thomas Karmasin. Eine Vergrößerung des Abstands würde im Ebersberger Fall zudem auf neuen Protest stoßen - dieses Mal von Naturschützern. Die Schutzgemeinschaft Ebersberger Forst etwa hat schon die Standorte am Waldrand abgelehnt. Außerdem müssten die Bayerischen Staatsforsten ihr Einverständnis zu einer Verlegung geben. Dabei ist der Nutzen fraglich: Laut Experten sind Windräder schon in einer Entfernung von weniger als tausend Metern nicht mehr zu hören. "In 500 Metern Entfernung ist nichts zu hören und in tausend auch nicht. Also kann in 1500 Metern nicht weniger zu hören sein", sagt auch der Vaterstettener SPD-Gemeinderat Sepp Mittermeier, der sich intensiv mit dem Thema Windenergie befasst hat und nicht allzu weit vom Ebersberger Forst entfernt wohnt. Er hat Angst vor einem "heimtückischen Kompromiss", der andere Standorte im Landkreis unmöglich macht. Denn um wenigstens 20 Prozent des Strombedarfs der 129 000 Ebersberger durch regenerative Energie zu ersetzen, müssten in den kommenden Jahren etwa 15 Windräder gebaut werden. Dennoch hält die CSU an ihrer Forderung fest: Der Schutz von Flora und Fauna müsse hinter dem Schutz der Menschen zurückstehen, heißt es in dem Positionspapier.

© SZ vom 28.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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