Politik in Markt Schwaben:Verlegt die Gemeinderatssitzung ins Wirtshaus!

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Eine Gemeinderatssitzung kann anstrengend sein, aber auch höchst amüsant. Karikatur: Korbinian Eisenberger (Foto: Korbinian Eisenberger)

Die Markt Schwabener kehren zurück in den frisch renovierten Rathaussaal. Dabei wären Politiker und Zuschauer woanders viel besser aufgehoben.

Kolumne von Korbinian Eisenberger

In Markt Schwaben ist der Gemeinderat vom Feuerwehrhaus ins Rathaus umgezogen. Ein Gremium kehrt zu seinen politischen Wurzeln zurück, könnte man vermuten. Für die Zuschauer hat es jedenfalls den Vorteil, dass sie nicht mehr in der Kälte warten müssen, wenn der Gemeinderat sie versetzt. So war das am Dienstagabend: Die Politiker wollten erst einmal unter sich sein, und so mussten die 20 Gäste vor dem Saal warten, ehe sich die Tür zur öffentlichen Sitzung mit einer knappen Stunde Verspätung auftat. Einigen hat das gestunken - dafür aber hat sich das Warten gelohnt.

Es ist beachtlich, was die 21 Männer und Frauen in fünf Stunden Sitzung alles so zustande bringen - oder eben nicht. Ganz ohne Einfluss von Alkohol oder Drogen. Höhepunkt ist um kurz nach 23 Uhr: Die zähe Parkplatz-Debatte ist fast bewältigt, da brechen sie im Saal plötzlich eine herrlich-banale Diskussion über Radl-ständer vom Zaun. Und so verschiebt der Bürgermeister die Punkte 7 bis 11 auf den nächsten Abend. Man fragt sich in solchen Momenten, woher manche ihre Energie nehmen. Und freut sich ob der so menschlichen Reaktion des SPDlers Dieter Kämpf. Der haut um kurz vor halb zwölf auf den Tisch und steht auf: "Ich sag jetzt nix mehr, ich geh jetzt heim."

Der Unterhaltungswert ist groß an diesem Abend. Eine Garantie für dauerhaft gut besuchte Sitzungen ist das aber wohl kaum - nicht bei diesen Wartezeiten. Insofern ist die Rückkehr ins Rathaus ein Fortschritt, der viel zu kurz geht. Naheliegender wäre, würden die Markt Schwabener ihre Sitzungen in ein Wirtshaus verlegen, wo Obatzter und Weißbier das Prozedere für alle Beteiligten erleichtern. Wie gut das funktioniert, wusste schon der Wirtshaus-Gourmet Franz Josef Strauß, der große Entscheidungen nicht selten an einem Biertisch traf. Lokalpolitik im Lokal? Vielleicht wäre das die Rückkehr zu den wahren Wurzeln.

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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