Kultur in Poing:Über Nacht glücklich

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Natalja Herdt hat schon mal ein romantisches Vergissmeinnicht-Herz gepflanzt. Insofern ist es sehr wahrscheinlich, dass die Poinger Kulturpreisträgerin sich auch an der Langen Nacht des Glücks beteiligt. (Foto: privat)

Eine Lange Nacht des Glücks soll Kreativen aus allen Bereichen ermöglichen, sich in Poing zu präsentieren. Die Anmeldefrist läuft bis Ende März.

Von Alexandra Leuthner, Poing

Der Liebe hatte die Gemeinde Poing hochoffiziell und sehr öffentlich, wenn man will, einmal eine ganze Nacht gewidmet. 2017 war das, noch weit bevor Corona mitten ins Leben hineingrätschte und den Poingern sowie dem Rest der Welt die Lust an der Freud und vielen vielleicht sogar an der Liebe nahm. Darüber hinaus verbaute das Virus den Menschen in Poing auch die Chance, sich 2020 in einer weiteren Langen Nacht mit noch ganz anderen "Gefühlen" zu beschäftigen, wie es geplant war, vor allem nicht mit solchen, die sich im unmittelbaren Austausch am besten erkunden lassen. Abstand halten sollten sie stattdessen, kreative Befruchtung fand in dieser Zeit - wenn überhaupt - ausschließlich viral statt. Doch die Tradition der Langen Nächte in Poing lebt. Seit 2010 beschäftigen sie sich im Wechsel mit Kunst oder Musik. Und mit der Liebe erweiterten sie den Raum der Erfahrungen so wunderbar unendlich, hinein ins Reich der Kulinarik, der Literatur oder der Religion. In diesem Jahr der Krisen und der Ängste bekommen sie nun neue Nahrung: Glück!

Ums Glück soll es gehen am 21. September, zwischen 18 Uhr und der Geisterstunde. Zu kreativem Ausdruck - und letztlich natürlich auch zum Besuch - aufgerufen, sind "Glückssucher, Glückskinder und Glücksforscher" jeder Art, schreibt das Poinger Kulturamt in seiner Ankündigung. "Jeder hat ja seine ganz eigene Vorstellung vom Glück", sagt die Frau, die hinter allem steckt, Birgitta Nagel: "Jeder fühlt es anders." Und folgerichtig bringt jeder Kreative seine Idee vom Glück anders zum Ausdruck.

Glück kann ja auch auf der Zunge zergehen: Bei der Langen Nacht der Literatur wurde jedem Besucher ein "Wort-Gebäck" kredenzt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für den einen ist es nur ein Gefühl, für den anderen eine Farbe - ganz sicher blau! -, für manchen auch eine längst vergessene Melodie, oder gar ein besonderer Geschmack. Hat nicht der französische Schriftsteller Marcel Proust in seinem Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" ein komplettes literarisches Werk aus der einzigen Zutat "Geschmack", nämlich jenem eines Stückchens Backwerk, entfaltet? Aus der Melange einer Madeleine entstand seine Erzählung, die in einem Zustand einer glücklichen Kindheit wurzelt. Und wer hätte es noch nie erlebt, dieses Hochgefühl, das sich einstellt, wenn ein Stückchen feine Schokolade auf der Zunge zergeht... Aber lassen wir das.

Glück in Poing jedenfalls, kann - nicht nur - in der Nacht des 21. September auch kulinarischer Natur sein. Ob es dann in den öffentlichen Gaststätten, Bars oder Cafés zu finden sein wird, die schon in der Nacht vor sieben Jahren im Zeichen der Liebe dekoriert hatten, oder bei einem von einer genussfreudigen Muse geküssten Kochkünstler zu Hause, werden wohl erst die Anmeldungen zeigen. Diese sollten bis 31. März eingegangen sein. Erst nach ihrer Auswertung werde sich ergeben, so Nagel, an welchen und wie vielen Orten die Glückssucher im Herbst tätig werden können. Ob sie das große Gefühl in Worten, Bildern oder Tönen - oder ganz etwas anderem finden werden, ob es ein irdisches oder himmlisches, lautes oder stilles sein wird.

Viel Musik wie hier von der Stadtkapelle wird es bei der Langen Nacht des Glücks sicher auch wieder geben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mitmachen jedenfalls könne jeder, der sich als "Künstler oder Koch, Musiker oder Muse, als Dichter, Denker" oder gar "Lebenskünstler" dazu berufen fühle, sagt Nagel. "Ich freu mich über jede Idee, auch über jene, die ich noch nicht selbst hatte", sagt die Kulturamtschefin lachend. So wie in den vergangenen Jahren würden die klassischen Lokalitäten wohl wieder zur Verfügung stehen, Rathaus, Max-Mannheimer-Haus, Familienzentrum, auch Filme könnten gezeigt werden, etwa im Jugendzentrum. Für Konzerte könne das Reuterzentrum genutzt werden. "Wir hatten aber auch schon mal ein Konzert im Wildpark", so Nagel. Bewerber übrigens, erzählt sie, gebe es schon eine ganze Menge.

Ob es in Zeiten des Krieges, der Klimakatastrophe, der gesellschaftlichen Spaltung und des politischen Rechtsrucks überhaupt statthaft ist, die Frage nach dem (persönlichen) Glück zu stellen? Vielleicht wird sich ja auch mit diesem Thema bis dahin ein Autor, Maler oder irgendjemand sonst beschäftigen und die Besucher der langen Nacht an seinen Überlegungen, Worten oder bildnerischen Werken teilhaben lassen. Wer dann hingeht und zuhört oder zuschaut, hat zumindest schon mal ein kleines bisschen im Sinne vieler großer Denker der Vergangenheit gehandelt, sei es Aristoteles oder Augustinus: Ein bisschen was muss man schon tun fürs Glück. Und um noch einmal Birgitta Nagel zu zitieren: "Glück ist für jeden wichtig."

Bis 31. März läuft die Anmeldefrist für diejenigen, die sich im Rahmen der Langen Nacht des Glücks in Poing beteiligen wollen. Bewerbungen nimmt die Gemeinde per Mail an kultur@poing.de entgegen.

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