Flüchtlinge in Grub:Heizung in Traglufthalle versagt bei zweistelligen Minustemperaturen

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  • Die Temperaturen in der Traglufthalle in Grub bei Poing sanken dadurch auf etwa zehn Grad.
  • Kurzzeitig wurde sogar überlegt, die Flüchtlinge aus der Halle zu bringen.
  • Mit zusätzlichen Wolldecken und Heizaggregaten bringen die Verantwortlichen und Helfer die Lage letztlich unter Kontrolle.

Von Anja Blum, Poing

"Bei 14 Grad kühlt der Körper einfach runter", sagt Werner Erhard vom Plieninger Helferkreis, der sich als Ehrenamtlicher bei den Johannitern auskennt mit solchen Dingen. Deswegen war das, was sich an diesem langen Wochenende in der Traglufthalle in Grub abgespielt hat, ein echter Notfall: Die dort installierte Heizung erwies sich als ungeeignet für Minustemperaturen im zweistelligen Bereich - es gelang nicht mehr, die Luft im Inneren der Halle vernünftig zu erwärmen.

"Am Eingang, dort, wo die heiße Luft einströmt, hatte es nur noch knapp über zehn Grad, in den Wohnräumen weiter hinten vermutlich sogar noch weniger", berichtet Konrad Weinstock vom Helferkreis. "Das war schon grenzwertig." Man habe kurzzeitig sogar überlegt, die Halle, in der etwa 200 Menschen leben, zu evakuieren, berichtet Poings Bürgermeister Albert Hingerl. Das Problem: Die Unterkunft verfügt lediglich über eine wenige Millimeter dicke Außenhaut ohne jede Isolierung. "Deswegen kühlt die Luft darin sehr schnell runter", so Weinstock. Darum habe der Helferkreis bereits im November um zusätzliche Wolldecken für die Bewohner gebeten - vom Landratsamt allerdings eine Absage erhalten. "Man war der Meinung, die Heizung reiche aus."

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Bei Weinstock ging am frühen Freitagmorgen ein Notruf aus der Halle ein. Deren Bewohner hatten sich da schon in ihren Betten verkrochen und versuchten teils, sich mit Haartrocknern irgendwie warm zu halten. "Die Menschen sind solche Temperaturen aus ihrer Heimat ja meist gar nicht gewohnt", sagt Erhard. Aus der Halle gebracht wurde laut Weinstock allerdings nur ein Bewohner, der bereits zuvor nicht gesund gewesen sei. "Der kam vorsorglich ins Krankenhaus."

Die Helfer versuchten zunächst, die Leistung der Heizanlage, die mit Flüssiggas betrieben wird, zu erhöhen - doch vergeblich. Weinstock informierte daraufhin die Bürgermeister von Poing und Pliening. Aus der Halle in der Nachbargemeinde nämlich waren die Flüchtlinge Anfang November wegen eines Brands übergangsweise nach Grub umgesiedelt worden, die Rückkehr ist für Mitte Januar geplant.

Zum Glück gibt es im Bauhof noch einen Vorrat an Wolldecken

"Die Bewohner haben sehr gefroren, waren aber nicht aufgebracht oder gar aggressiv", sagt Rosemarie Hingerl, die im Helferkreis engagiert ist und mit ihrem Mann am Freitag gleich zur Halle gefahren war. Auch Erhard berichtet, dass die allermeisten Flüchtlinge sich sehr herzlich für die Hilfe bedankt hätten. Der Poinger Bürgermeister konnte auf die Schnelle hundert Wolldecken organisieren, eine Spende, die noch im Bauhof gelagert war.

Außerdem kontaktierte Hingerl das Landratsamt, das Bayerische Rote Kreuz und das Technische Hilfswerk. Die Sanitäter steuerten weitere Decken bei, das THW konnte zusätzliche Heizaggregate zur Verfügung stellen. So gelang es schließlich, die Temperatur in der Halle wieder auf ein erträgliches Maß hochzufahren. "Samstagmorgen war alles so weit wieder okay", sagt Weinstock, "die schnelle Initiative der Bürgermeister hat die Situation gerettet."

Dies sei jedoch nicht einfach gewesen, sagt Hingerl, er habe durchaus viel telefonieren und organisieren müssen, obwohl Gemeinden, Landratsamt und Helfer gut zusammengearbeitet hätten. "Es gibt für solche Situationen, die eben passieren können, halt keinen Notfallplan, auf den man zurückgreifen könnte", so der Bürgermeister vor allem mit Blick auf den Betreiber der Halle, dessen Notdienst am Feiertag laut der Helfer erst sehr spät erreichbar gewesen war. "Daraus muss man etwas lernen, das ist die Botschaft dieser Nacht", sagt Hingerl.

Außerdem sei die Situation mit den zusätzlichen Aggregaten des THW freilich nur eine Notlösung. "Am Montag muss man Kontakt mit dem Betreiber der Halle aufnehmen und überlegen, was man tun kann", so Hingerl. Schließlich könne der Winter hierzulande noch lange dauern. Für Weinstock und seine Kollegen indes ist klar: "Es braucht einfach eine größere Heizanlage."

© SZ vom 09.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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