Jubiläumsfeier:Ein Wohnzimmer für alle

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Seitdem die Bücherei am neuen Standort am Marktplatz und damit näher an den neueren Wohngebieten und den vielen jungen Familien in Poing ist, kommen noch einmal mehr Eltern mit ihren Kindern regelmäßig vorbei. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vor 60 Jahren hat die Bücherei Poing zum ersten Mal ihre Türen in der Grundschule an der Karl-Sittler-Straße geöffnet. Seitdem hat sich nicht nur der Standort verändert. Am Samstag laden Leiterin Gerti Bamberg und ihr Team zur großen Jubiläumsfeier ein.

Von Johanna Feckl, Poing

Es ist recht ruhig an diesem frühen Dienstagabend in der Poinger Bücherei. Der Nachmittagssturm sei gerade vorbei, sagt Leiterin Gerti Bamberg. Ungewöhnlich ruhig also. Nur ein paar Erwachsene streifen die hohen Bücherregale entlang. Und hinten bei den Kindermedien ist eine Frau mit einem Kind, vielleicht drei Jahre alt. Das kleine Mädchen blättert gerade durch ein Schlümpfe-Buch, die dicke Winterjacke ausgezogen: Mutter und Tochter scheinen schon ein Weilchen hier zu sein. Verständlich angesichts der üppigen Auswahl an Kinderbüchern und -zeitschriften, Brettspiele, DVDs, CDs und Tonies - steckte man früher noch die Kassette in den Kassettenrekorder, werden heute kleine Figuren auf einen gepolsterten Würfel mit integrierten Lautsprechern gesetzt, um eine Folge Bibi Blocksberg zu starten. "Die Tonies sind der absolute Renner", sagt Bamberg.

Tonies gab es am 17. November 1963, als die Bücherei eröffnet wurde, noch nicht. Stattdessen entsprach die Bibliothek noch ganz ihrem Namen: Es gab Bücher zum Ausleihen. Seitdem hat sich viel verändert. Darauf soll auch unter anderem bei der Jubiläumsfeier zum 60. Geburtstag der Bücherei am Samstag, 27. Januar, zurückgeschaut werden.

Die Auswahl an Tonies in der Poinger Bücherei ist groß - kein Wunder, sind die kleinen Figuren, mit denen man Musik und Hörspiele abhören kann, besonders beliebt bei den Kleinen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Als die Poinger Bücherei zum ersten Mal ihre Türen öffnete, befand sie sich noch andernorts- die Karl-Sittler-Grundschule war die erste Heimat und beherbergte zunächst 900 Bücher. Im Juli 2017 dann musste die Büchersammlung jedoch weichen, weil das alte Schulhaus abgerissen werden sollte. Erst im März 2018 konnten die neuen Räume in der Marktstraße unweit des S-Bahnhofs eröffnen. "In der Zwischenzeit waren wir im Untergrund", sagt Gabi Bamberg - und meint es wörtlich: Im Kellergeschoss hatten sie und ihr Team sich breitgemacht, während oben das Erdgeschoss noch umgebaut wurde.

Als die Bücherei aus der Karl-Sittler-Schule auszog, überbrückte sie einige Monate im Keller des neuen Standorts

Der Umzug sei ein großer Einschnitt gewesen, erzählt Bamberg. Zunächst sei da freilich die ungewohnte Umgebung im Keller gewesen, denn entgegen so manch einem Klischee haben auch lesebegeisterte Menschen Tageslicht eigentlich ganz gern. Aber gut, das war ja eine absehbare Zeit. Die hat das Bücherei-Team genutzt, um einiges in der Verwaltung umzustellen: Gleich zwei neue Softwares wurden eingeführt, ebenso wurden die Signaturen auf dem Buchrücken der Sachbücher auf ein für jeden verständliches System umgestellt.

Bücherei-Leiterin Gerti Bamberg (rechts) und zwei ihrer Mitarbeiterinnen, Yvonne Pirzer (links) und Sabine Heidemann (Mitte). Zum Team gehören auch die Kolleginnen Renate Schlögl und Andrea Lutz sowie Bambergs Stellvertreterin Gabi Bingert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wie entscheidet die Bücherei eigentlich, was ins Sortiment wandert - bestellen Bamberg und ihre fünf Mitarbeiterinnen etwa nur ihre eigenen Lieblingsbücher? "Nicht nur", sagt Sabine Heidemann, eine der Mitarbeiterinnen, mit einem Zwinkern. Es gebe viele Möglichkeiten, über die sie und ihre Kolleginnen sich informieren, etwa Programmvorschauen der Verlage, Infoveranstaltungen wie die Münchner Bücherschau oder Fortbildungen, Zeitschriften und Zeitungen - und natürlich könnten auch die Besucherinnen und Besucher ihre Wünsche auf einer Wunschliste platzieren.

16 700 Medien beherbergt die Poinger Bücherei auf 200 Quadratmetern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Manchmal werden viel gelesene Exemplare auch aussortiert und neu bestellt - einige der Rita Falk-Krimis rund um den liebenswürdigen eigenbrötlerischen Polizeikommissar Franz Eberhofer zum Beispiel waren schon so abgegriffen, dass sie mittlerweile erneuert wurden, weil sie nach wie vor beliebt bei den Besuchern sind. Am häufigsten wird übrigens seit Jahren ein Sonderband der Asterix-Reihe ausgeliehen, nämlich "Wie Obelix als kleines Kind in den Zaubertrank geplumpst ist".

Lesebrille daheim vergessen? Kein Problem - zumindest nicht, wenn man der Poinger Bücherei einen Besuch abstatten möchte. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aber auch, wenn ein Medium keine Ausleihenden mehr findet, kommt es irgendwann aus den Regalen, um Platz für Neues zu schaffen - mittlerweile umfasst die Poinger Bücherei einen Bestand von 16 700 Medien auf gut 200 Quadratmetern. Selbst Lesebrillen stehen am Tresen parat, falls jemand die eigene mal zu Hause vergessen hat.

Ausgemustertes landet dann entweder in der roten "zu verschenken"-Kiste gleich links neben dem Eingang oder wird auf Flohmärkten verkauft. In den seltenen Fällen, in denen ein Buch dann immer noch da ist, wird es notgedrungen weggeworfen. "Aber so was tut dann schon echt weh", sagt Bamberg.

Bei den Ausleihe-Bestsellern, wie Rita Falks Eberhofer-Krimis, gibt es schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit deutliche Gebrauchsspuren, sodass sie irgendwann ausgemustert werden ... (Foto: Peter Hinz-Rosin)
... und dann häufig in der zu verschenken-Kiste der Bücherei landen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Poinger Bücherei ist seit ihrer Eröffnung von einem Ort, an dem es Bücher auszuleihen gibt, zu einem Ort der Begegnung gewachsen. Regelmäßig finden Lesungen und andere Veranstaltungen statt, vor allem für die Kleinen. "Lesen ist für die Entwicklung der Kinder so wichtig", sagt Bamberg. Und alle Bücher und Tonies selbst kaufen, "wer kann sich das schon leisten", ergänzt die 54-Jährige.

Vielleicht lässt sich das Begegnungskonzept in den kommenden 60 Jahren noch weiter ausbauen - in Skandinavien etwa, erzählt Bamberg, würden sich Bibliotheken als Freizeit- und Kultur-Treffpunkte großer Beliebtheit erfreuen, "da gibts dann auch Nähkurse und so". Man könnte auch sagen: die Bücherei als öffentliches Wohnzimmer.

Die Jubiläumsfeier mit Musik und Poesie vom "Jonas-Frank-Trio" findet statt am Samstag, 27. Januar, in der Grundschule an der Karl-Sittler-Straße. Beginn ist um 19 Uhr, Einlass ab 18.30 Uhr. Um Anmeldung wird gebeten per E-Mail an buecherei@poing.de, der Eintritt ist frei.

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