Debatte im Gemeinderat:Absage für weiteres Seniorenheim in Kirchseeon

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Ein Investor hätte auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in Kirchseeon gerne ein Pflegeheim und altersgerechte Wohnungen gebaut.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Die Marktgemeinde Kirchseeon hat etwas, um das sie wohl jede andere Kommune im Landkreis Ebersberg beneiden würde: eine etwa 18 000 Quadratmeter große Freifläche mitten im Ortszentrum. Weniger beneidenswert dagegen sind die örtlichen Gemeinderäte, die nun zu entscheiden haben, was mit dem ehemaligen Bundeswehrgelände geschehen soll - und damit einen richtungsweisenden Beschluss fassen müssen, wie die künftige Ortsentwicklung von Kirchseeon aussehen wird. Ein Investor hatte bei der Marktgemeinde Interesse angemeldet, die Fläche an der Waldbahn zu kaufen, um darauf ein Pflegeheim und mehr als 100 weitere barrierefreie Wohnungen für Senioren zu bauen. Solche Pläne allerdings würden in völligem Kontrast zur ursprünglichen Planung stehen, im Ortskern bezahlbaren Wohnraum für junge Familien zu schaffen.

Es war deshalb nicht zuletzt eine Generationenfrage, die sich die Marktgemeinderäte in ihrer jüngsten Sitzung am Montagabend stellen mussten. Mit der Realisierung des Megaprojekts wäre Kirchseeon im Nu zur Senioren-Hochburg des Landkreises aufgestiegen, zumal ja bereits die Arbeiterwohlfahrt (Awo) ein Altenheim in der Gemeinde betreibt. Die Pläne des Investors hätten die vorhandenen Dimensionen aber nochmal weit übertroffen. Eine erste Idee sieht vor, dass auf einer Fläche von etwa 13 600 Quadratmetern ein viergeschossiges Pflegeheim mit 120 Plätzen als Herzstück gebaut werden soll. Außen herum sollen einer Entwurfsskizze zufolge fünf weitere jeweils dreigeschossige Gebäude entstehen, in denen betreutes Wohnen angeboten wird.

Der Bürgermeister macht gleich klar, was er von den Plänen hält

"Das ist eine Idee, die wir so noch nicht hatten", sagte Bürgermeister Udo Ockel (CSU), als er die Überlegungen seinen Gemeinderatskollegen vorstellte. Der Rathauschef nannte den Plan einen "Paradigmenwechsel weg vom Wohnen" und machte auch gleich klar, was er von der Sache hält: "Also ich will das nicht." Für den Bürgermeister ist das Bundeswehrgelände das "Wohn-Filetstück von Kirchseeon", er sehe deshalb dort eher Eigenheime statt eines Pflegeheims. Zudem sei ihm das Projekt ohnehin "zwei Nummern zu groß".

Mit dieser Meinung war Ockel nicht alleine. Stephan Leuverink (SPD) bezweifelte, dass man die Wohnungen überhaupt voll bekommen werde. "Uns ist das alles viel zu groß", sagte er im Namen seiner Fraktion, außerdem befürchte er, dass man dadurch junge Leute abschrecken werde, die gerne bauen wollen. Ähnlich äußerte sich Klaus Seidinger (UWG), der das Projekt "zu überdimensioniert" nannte.

Weniger Bauchschmerzen hatten die Gemeinderäte der Grünen-Fraktion. Der Bedarf sei auf jeden Fall da, die Gesellschaft werde schließlich immer älter, gab Andrea Oberhauser-Hainer zu bedenken. Auch Seniorenbeauftragte Natalie Katholing (Grüne) bestätigte, dass die Nachfrage nach betreutem Wohnen durchaus gegeben sei. "Ich bekomme immer wieder Anfragen dafür." Dennoch waren auch die Grünen vom Planentwurf nicht restlos überzeugt. Vor allem weil dieser keine Personalwohnungen für die Mitarbeiter des Pflegeheims vorsieht. Dadurch, so Katholing, könne es zu einer Konkurrenzsituation zum Awo-Seniorenheim um die Fachkräfte kommen.

Die Gemeinde hätte kaum Vorteile aus dem Geschäft gezogen

Bürgermeister Ockel richtete indes den Blick in die Zukunft. Durch den Bau eines Pflegeheims würde man natürlich ältere Menschen in die Marktgemeinde locken. "Da müssen wir uns natürlich fragen, was wir da an Einkommenssteuer bekommen." Auch in Sachen Grundsteuer dürfte sich das Geschäft für Kirchseeon nicht gerade lohnen, denn der Plan ist, dass der Investor zwar die Wohnungen baut, diese aber dann als Eigenheime zum Verkauf stellt.

Ob der sensiblen und gewichtigen Entscheidung darüber, wie es mit dem einzig verbliebenen Baugebiet am Ort weitergehen soll, war der Beschlussvorschlag an das Gremium bewusst zurückhaltend formuliert. Abgestimmt sollte nur darüber werden, ob man sich ein solches Vorhaben auf dem Bundeswehrgelände überhaupt vorstellen könne - und die Mehrheit der Gemeinderäte konnte das nicht. Gegen die Stimmen der Grünen-Fraktion und einigen Vertretern aus den Reihen der CSU wurde der Planung ein Riegel vorgeschoben. Wie es mit der Fläche an der Waldbahn weitergeht, ist deshalb wieder völlig offen. Die Chancen sind seit Montagabend aber deutlich gestiegen, dass dort nun der ursprüngliche Plan wieder aufgenommen und bezahlbarer Wohnraum für die Kirchseeoner Bürger geschaffen wird.

© SZ vom 21.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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