Per Handschlag besiegelt:Alles nur ein Missverständnis

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Die Kirchseeoner Gymnasiasten stellen im Gemeinderat ihre mögliche Partnerstadt Carrigaline in Irland vor. Die Reaktionen darauf sind verhalten, eine Entscheidung wird erst mal vertagt

Von Sara Kreuter

Da liegt sie, die mögliche Partnerstadt Kirchseeons. Während die Gymnasiasten von der Wahl überzeugt sind, zögert der Gemeinderat noch. Foto: Endt (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Im verregneten Irland fährt ein Auto. Die Scheibenwischer arbeiten auf Hochtouren, der Fahrer konzentriert sich. Er erreicht den Ortseingang, kneift die Augen zusammen: Er ist in Cork. Die Partnerstädte stehen auf einer Zusatztafel: San Franzisco, Shanghai und - Kirchseeon.

Ein ähnliches Szenario muss dem Bürgermeister Udo Ockel (CSU) durch den Kopf gegangen sein, seitdem die Schüler des Gymnasiums ihm den Vorschlag unterbreiteten, Carrigaline zur Partnerstadt der Marktgemeinde zu machen. Im Rahmen eines Projekt-Seminars hatten sich die Schüler, mit der Billigung des Bürgermeisters, auf die Suche nach einer Partnerstadt gemacht. Per Handschlag sei die Städtepartnerschaft zwischen dem Englischlehrer Frank Lohr und dem Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins Jim Kelly besiegelt worden, hieß es zwischenzeitlich von Seiten der Schule.

"Viel zu schnell" ging dies dem Bürgermeister, der Gemeinderat müsse ebenfalls in die Planung mit einbezogen werden. Außerdem habe er Nachforschungen über Carrigaline angestellt und herausgefunden, dass das Städtchen politisch an die zweitgrößte Stadt Irland angebunden sei. Cork wiederum habe Partnerstädte in der ganzen Welt, Kirchseeon wolle nicht recht in die Liste der anderen Städte passen. Zur Klärung dieser Frage - Carrigaline kann unabhängig von Cork eigenen Partnerstädte haben - und der Vorstellung des Projekts wurde der Lehrer samt Schüler in die Gemeinderatssitzung geladen.

Theresa Storz nahm dort zu den "Missverständnissen" Stellung. "Natürlich wissen wir, dass es uns nicht zusteht, eine Städtepartnerschaft zu schließen", sagte die Schülerin. Der besagte Handschlag sei ein gegenseitiges Bekunden von Interesse gewesen, nichts weiter. Dies habe für ihn zunächst anders geklungen, erklärte Bürgermeister Udo Ockel. "Wir waren uns wohl nicht ganz einig, wie man an so eine Sache rangeht", sagt er den Gemeinderäten, die er erst nach dem Handschlag über die konkreten Bemühungen um eine Partnerstadt in Kenntnis gesetzt hatte. "Ich bin nur einer von 21", versuchte er jeden Vorwurf eigenmächtigen Handels vorzubeugen. "Bitte fühlen Sie sich nicht übergangen." Er lobte die Iren und ihr "schönes, aufgeschlossenes Land". Gleichzeitig gestand er, dass seine anfänglich ablehnende Reaktion eben einem Missverständnis zu Grunde gelegen habe. Dass Carrigaline schon einen Partnerschaftsverein gegründet habe, mit dem der Lehrer die Partnerschaft besiegelte, erschien ihm sehr konkret. Erst später habe er erfahren, dass Carrigaline bereits eine Partnerstadt in Frankreich - und daher den Verein - habe.

Die Schüler versuchten nun, die Gemeinderäte von den Vorzügen der irischen Stadt zu überzeugen. Lohr würdigte Carrigaline und ihre Umgebung als ein lohnenswertes Ausflugsziel, zeigte Fotos der Stadt. "Dies ist der berühmte Handschlag", bemerkte Lohr, als er ein Bild von sich und Kelly, beide lächelnd, an die Wand projizieren ließ. Ein erster Schritt, nichts weiter. Dennoch blieb das Foto bis zum Ende des Vortrags an der Wand, eine wohl unbeabsichtigte Erinnerung an den Gemeinderat, dass ein Teil der Arbeit schon ohne ihn gemacht worden sei. Dessen Mitglieder äußerten sich verhalten. Ob die Vereine mitziehen würden, fragte Thomas Kroll (SPD). Sie hätten einige angeschrieben, begann die Schülerin Stella Näbauer, doch als die Vorsitzende des Vereinskartells, Gerda Rothhaupt (CSU) bemerkte, davon noch nichts zu wissen, wechselten die Schüler schnell das Thema. Barbara Burgmayr-Weigt (CSU) lobte die Schüler und bedankte sich für deren Engagement. "Wir brauchen einfach ein wenig Zeit, uns das zu überlegen."

"Wir haben jetzt einen guten Ansatzpunkt", beendete Ockel schließlich das Gespräch. In der nächsten oder übernächsten Gemeinderatssitzung würden sie noch einmal über das Thema sprechen, im Oktober könne eine Delegation unter Umständen nach Irland reisen, um die mögliche Partnerstadt zu besichtigen. "Wir wünschen uns, dass die Aktion nicht im Sande verläuft", drängte Lohr noch einmal. Er bräuchte ein Okay vom Gemeinderat, um seine Bemühungen fortzuführen. Man werde darüber beraten, antwortete der Bürgermeister unverbindlich.

© SZ vom 10.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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