Öffnung des Kapser Berg:Auf der Wasserburger Straße kommt jetzt die 30er-Zone

Lesezeit: 3 min

Illegal aber praktisch ist die Benutzung der Unterführung zwischen Grafing und Ebersberg. Bald darf dort auch wieder offiziell gefahren werden. (Foto: Christian Endt)

Die Freigabe der Verbindungsstraße zwischen Ebersberg und Grafing hat Folgen: Auf Grafinger Seite soll der Verkehr nun ausgebremst werden - mit verschiedenen Mitteln.

Von Thorsten Rienth und Wieland Bögel, Grafing

Seit etwa zehn Jahren standen sie auf beiden Seiten des Kapser Bergs, nun sind ihre Tage gezählt: "Die Verbotsschilder werden demnächst wieder abgebaut", hat die Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) am Dienstagabend dem Bauausschuss berichtet. Wie ihr Ebersberger Amtskollege Walter Brilmayer (CSU) bestätigte, hatten sich die beiden Rathäuser zuvor auf eine allgemeine Verkehrsfreigabe des Kapser Bergs verständigt.

Wer sich auf den Weg einlässt, muss allerdings bald in Grafing ähnliche Einschränkungen in Kauf nehmen wie bereits längst in der Ebersberger Rosenheimer Straße auf der Nordseite des Kapser Bergs. Denn in der gleichen Sitzung, in der Obermayr über die neue Regelung informierte, machte der Bauausschuss Nägel mit Köpfen: Das Gremium beschloss eine Tempo-30-Zone entlang der Wasserburger Straße. Einige der auf sie stoßenden kleineren Querstraßen sollen vorfahrtsberechtigt werden, sodass der Verkehr immer wieder gebremst würde. Gleiches ist auch das Ziel der neuen Längsparkplätze, die in Fahrtrichtung am Straßenrand entstehen sollen. Man möchte, das ist kein Geheimnis, die Durchfahrt so unattraktiv wie möglich gestalten - damit der Verkehr über die gerade freigegebene Ostumfahrung läuft.

Eben dies betonte Bürgermeisterin Obermayr in der Sitzung einmal mehr. "Nur weil ich irgendwo durchfahren kann heißt das noch nicht, dass ich es auch machen muss", sagte sie. "Wenn ich schon eine neue Umgehung habe, dann möge man sie bitte auch benutzen." Ob die Autofahrer dem Appell der Rathauschefin auch nachkommen, ist eine spannende Frage. Denn trotz der Sperrung blieb der Kapser Berg über all die Jahre eine beliebte Route. Sie ist nun einmal die kürzeste Verbindung zwischen zwei Städten, die auf dem Papier sogar als Mittelzentrum fungieren.

Kommentar zu Grafing
:Die Öffnung des Kapser Bergs klingt wie ein schlechter Scherz

Dass der Durchgangsverkehr nun offiziell dort fahren darf, ärgert nicht nur die Anlieger. Es ist ein Eingeständnis, dass der Bau der Grafinger Umgehung andere Gründe hatte als bisher behauptet.

Kommentar von Thorsten Rienth

Darüber waren nicht alle glücklich. Aus der Ebersberger Rosenheimer Straße kamen in all den Jahren immer wieder Forderungen nach regelmäßigeren Kontrollen der Durchfahrer, weil die Straße eben nicht nur als Anliegerstraße genutzt wird. Seit der Verkehrsfreigabe der Ostumfahrung kommen diese Beschwerden auch aus der Grafinger Wasserburger Straße.

Kein kombinierter Fuß- und Radweg

Für die Anwohner aus eben dieser Straße dürfte ein anderes Votum aus der Sitzung dennoch von größerer Wichtigkeit sein. Es wird, so beschloss das Gremium mit deutlicher Mehrheit, in der Straße kein kombinierter Fuß- und Radweg errichtet. Diese ursprünglich geplante und mehrere hunderttausend Euro teure Ausbauvariante hatte bei den Anwohnern zu lautstarkem Protest geführt.

Hintergrund ist, dass sie sich über die Straßenausbaubeitragssatzung an den Kosten beteiligen müssten. Anstelle der großen Lösung soll nach dem Willen des Bauausschusses nun lediglich der Gehweg erneuert werden. In einer Tempo-30-Zone könnten Fahrradfahrer problemlos auf der Straße fahren, hieß es. Zwar würden die Anwohner nach aktuellem Stand sich auch an dem neuen Gehweg beteiligen müssen. Ob es dazu kommt, weiß derzeit allerdings niemand. Es laufen verschiedene politische Bestrebungen, die umstrittene Satzung abzuschaffen.

Auch im Ebersberger Stadtrat war die anstehende Öffnung der Rosenheimer Straße Thema. Laut Bürgermeister Brilmayer habe Ebersberg keine Wahl, als die Anlieger-Regelung zwischen Eisenbahntunnel und Gsprait aufzuheben. Denn seit Eröffnung der neuen Grafinger Umgehung ist die Zufahrt von der Wasserburger Straße nördlich von Wiesham auf die B 304 nicht mehr möglich. Dies, so Brilmayer, führe dazu, dass mitten auf der Verbindungsstraße zwischen den beiden Städten plötzlich der Anliegerbereich beginnt, ohne dass Autos die Möglichkeit hätten, zuvor abzufahren. Darum hatte das Landratsamt eine Änderung angemahnt.

Die Ebersberger hatten vorgeschlagen, auch die Wasserburger Straße zur Anliegerstraße zu machen, so Brilmayer, aber die Grafinger hätten erklärt, dies komme "unter keinen Umständen" in Frage. Positiv gewertet wurde die Zusage der Nachbarn, ihre Seite der Straße für den Durchfahrtsverkehr unattraktiv zu machen. "Die Schilder waren ja nur der Versuch, die Durchfahrt zu verringern, aber die anderen Maßnahmen wären da sicher besser", so der Bürgermeister, also etwa das Tempolimit und die Parkplätze am Straßenrand.

Dass in der Rosenheimer Straße weniger gefahren wird, sei belegbar, sagte Brilmayer auf Nachfrage von Christoph Münch (SPD). Laut aktuellen Daten - Basis ist der "elektronische Zeigefinger" auf Höhe des Schwedenweges, der auch die Zahl der Fahrzeuge erfasst - sind dort täglich in beide Richtungen rund 2800 Fahrzeuge unterwegs. Dies seien sowohl die Anwohner wie auch die Durchfahrer. Als das Schild aufgestellt wurde, seien es noch 3200 Autos pro Tag gewesen, vor dem Umbau der Straße sogar 12 000.

Wann die Anlieger-Schilder abmontiert werden, steht noch nicht fest. Man warte die entsprechende Anordnung des Landratsamtes ab, sagte Brilmayer, "vorher machen wir da gar nichts".

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: