Musikschule Ebersberg:Zukunftsmusiker

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Der 27-jährige Faris Badarni gehört zu einer neuen Generation an Musiklehrern: Der Pianist und Komponist unterrichtet in Ebersberg nicht nur genreübergreifend Klavier und Keyboard, sondern ist auch auf moderne Produktionstechniken spezialisiert.

Von Anja Blum

Der klassische Klavierlehrer sei ein Auslaufmodell, sagt Wolfgang Ostermeier von der Musikschule in Ebersberg und lacht. Etüde üben, in der Stunde vorspielen, Kritik entgegennehmen, wieder üben: So laufe das heute kaum mehr ab. Denn Musik sei viel mehr, könne viel mehr. Es gebe so viel spannende Stile, und auch das selber Ausprobieren, das Improvisieren, sei ungemein bereichernd, so Ostermeier. Insofern setzt man nun in Ebersberg neben den erfahrenen Kräften auch auf eine neue Generation an Pädagogen, deren Horizont über die Klassik hinausgeht. Einer davon ist der junge Pianist und Komponist Faris Badarni aus München, in seiner Lehrerbeschreibung steht "Klavier, Keyboard, Musikproduktion - Film & Medien, Rock/Pop/Jazz".

Was aber nicht heißen soll, dass Badarni mit der Welt von Bach, Mozart und Co. nichts anfangen könnte. Ganz im Gegenteil, dort hat er selbst seine Wurzeln. Als Vorbilder nennt er Rachmaninow, Debussy, Ravel. Geboren wurde Faris Badarni vor 27 Jahren in Haifa, Israel, als Sohn palästinensischer Eltern, die zwar keine Instrumente spielen, aber "Musik im Herzen haben", wie der Sohn es ausdrückt. Insofern habe er auf seinem Weg immer große Unterstützung erfahren. Nach einem kurzen Intermezzo an der Geige - der Lehrer war streng, das Kind sehr sensibel - entdeckte der sechsjährige Faris am Rubin-Konservatorium seine Liebe zum klassischen Klavierspiel, das er samt Musiktheorie und Kunstgeschichte studierte. Zudem nahm Badarni an zahlreichen Meisterkursen und Klavierwettbewerben teil, wirkte an diversen Konzerten mit und mit arbeitete mit verschiedenen Ensembles zusammen.

Faris Bardani arbeitet am liebsten am Flügel und am Computer. (Foto: Privat)

Doch sowohl die Heimat, als auch die Klassik wurden Faris Badarni offenbar bald zu eng: "Ich wollte einfach weg, was Neues erleben." Und da er mit dem Vater schon öfter Deutschland besucht und das Land schätzen gelernt hatte, war die Wahl schnell getroffen. Auf ein Jahr Sprachschule in Heidelberg folgte ein Semester Biotechnologie in München - bis Badarni merkte, mit seinem Studiengang den falschen Weg eingeschlagen zu haben. "Ich habe mich zu oft mit Musik beschäftigt, das hat mir gezeigt: Eigentlich will ich etwas anderes." Eine Erkenntnis, die den jungen Mann anknüpfen ließ an seine kreative Herkunft, denn schon in Isreal hatte er nicht nur Werke anderer interpretiert, sondern selbst solche erschaffen. Mit 16 Jahren hatte er bei einem nationalen Wettbewerb für Nachwuchskomponisten sein erstes Stück für Klavier aufgeführt. "Seitdem improvisiere und komponiere ich mit großer Leidenschaft." Was also lag näher, als in München an der Hochschule "Komposition für Film und Medien" zu studieren? Zumal die Alternative, das reine Pianisten-Dasein, wohl eine Menge psychischen Stress verursacht hätte, wie Badarni sagt. "Die Konkurrenz und der Druck sind da riesig." Außerdem habe er im eigenen Schaffen das größere Potenzial bei sich gesehen. Andererseits seien das Interpretieren und Komponieren gar nicht so weit voneinander entfernt: "Wenn man ein großes Repertoire spielt, lernt man dabei unterbewusst, wie Musik funktioniert. Ganz ohne Theorie, wie beim Muskelgedächtnis."

Mittlerweile hat Badarni den Master in der Tasche und steht sozusagen auf zwei Beinen: Komponieren sowie Unterrichten. Und beides sei ihm sehr wichtig, die Arbeit mit Schülern sei mitnichten nur ein Broterwerb. "Etwas in andere zu investieren, gibt mir viel positive Energie", sagt der 27-Jährige. Seit September ist der Münchner Teil des Ebersberger Musikschulteams, unterrichtet gut 30 Schülerinnen und Schüler, davon einige jüngere in Gruppen. Wobei der Kontakt momentan freilich nur via Bildschirm möglich ist, und nicht alle dieses Angebot annehmen. "Manche sind gestresst und warten lieber auf Präsenzunterricht." Der Rest wird von Badarni per Skype, Videos und Sprachnachrichten begleitet - wobei dem jungen Lehrer seine studiumsbedingte Affinität zur Technik zugute kommt. Dank eines Midi-Keyboards, auf dem Badarni spielt, kann der Schüler auf seinem eigenen Bildschirm Noten, Tastatur und Akkordanalyse verfolgen. "Das macht es zugänglicher, und ist vor allem bei der Improvisation von Vorteil", erklärt er. Klar, die Situation sei schwierig, aber man müsse eben das Beste daraus machen. Was das Repertoire seiner Schützlinge angeht, ist der Klavierlehrer sehr offen. "Ich finde es gut, wenn sich jemand allen musikalischen Welten aussetzt - aber das muss nicht unbedingt so sein." In jedem Fall versuche er, im Gespräch mit Schüler und Eltern den jeweils richtigen Weg zu finden, "und wenn man bereit ist zu verhandeln, funktioniert das meiner Erfahrung nach immer sehr gut".

Der Ebersberger Klavierlehrer Bardani ist sowohl im Unterricht als auch bei der eigenen Kreativität grenzgängerisch unterwegs. (Foto: Privat)

Bei seinen eigenen Kompositionen ist Faris Badarni mittlerweile grenzgängerisch unterwegs. Nach klassischen Anfängen in Form von solistischen "Piano Miniatures" und späteren Werken für Orchester - sein durchaus bemerkenswertes Bachelor-Projekt etwa haben die Münchner Symphoniker eingespielt - hat er sich heute mehr auf Musikproduktion verlegt, die akustische und elektronische Bausteine kombiniert, sprich, klassische Instrumente mit vom Computer generierten, verfremdeten Klängen. "Denn ich habe gemerkt, dass ich so noch mehr Farben, noch stärkere Stimmungen erzeugen kann", schwärmt der 27-Jährige. Außerdem müsse man ja auch auf diesem hart umkämpften Markt darauf achten, spezielle Werte anzubieten. Badarnis Stücke könnten als Filmmusik Verwendung finden, aber auch als "Liveperformancemusik". Was das bedeutet? Dass der Komponist sozusagen zum DJ wird, der seine Werke auf der Bühne präsentiert. Zum Beispiel in dem Münchner Club Milla, sagt Badarni, fänden immer wieder solche Konzerte statt.

Doch auch in Ebersberg sollen Badarnis Kompetenzen bald Anwendung finden. "Heute hat jeder einen PC daheim und könnte damit selbst Musik produzieren", sagt der Klavierlehrer, "man braucht nur die passende Software." Instrumentalisten dafür in Workshops fit zu machen, die Neugier der jungen Generation auf diese Weise kreativ zu nutzen - das sei die Zukunftsmusik, von der er träume.

© SZ vom 10.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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