Drogenverkauf:Krimineller Familienbetrieb

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Eine Frau aus dem nördlichen Landkreis soll große Mengen Marihuana in ihrer Wohnung angebaut haben. Ihr Sohn soll es dann zusammen mit einem Freund verkauft haben - jetzt stehen alle Beteiligten vor Gericht

Von Christian Endt, München

Ein Händchen für besondere Grünpflanzen bewies eine 46-Jährige aus dem nördlichen Landkreis. Als die Polizei im vergangenen Oktober ihre Wohnung unter die Lupe nahm, fanden die Beamten dort eine Plantage mit insgesamt 34 Marihuanapflanzen. Zusammen mit ihrem 22-jährigen Sohn und dessen gleichaltrigem Freund muss sich die 46-Jährige nun wegen Drogenhandels vor dem Landgericht München II verantworten. Laut Staatsanwaltschaft hätten die beiden jungen Männer die Drogen - eine Menge im dreistelligen Grammbereich - verkauft, auch an Minderjährige. Ein damals 17-Jähriger sei sogar für den Weiterverkauf angeworben worden, so die Anklage.

Zu Prozessbeginn am Montag verlas der Verteidiger der Angeklagten eine Erklärung, wonach diese das Marihuana ausschließlich zum Eigenkonsum angebaut habe. Dies begründete der Anwalt mit einem vorherigen Hirntumor seiner Mandantin. Aufgrund dieser Erkrankung habe sie an starken Kopfschmerzen, Appetit- und Schlaflosigkeit gelitten. Nach dem andere Therapien, unter anderem mit Cortison, nicht geholfen hätten, habe die Angeklagte ein ärztliches Rezept für medizinisches Marihuana beantragt. Da sie keines bekam, habe sie mit dem Eigenanbau begonnen. "Mit durchschlagendem Erfolg", so die Angeklagte, "ich konnte wieder schlafen." Ihre Söhne hätten zu den Drogen keinen Zugang gehabt. "Mit den Drogengeschäften meiner Mitangeklagten habe ich nichts zu tun", so die vom Verteidiger verlesene Erklärung der Frau.

Ihr Sohn wird von Justizbeamten aus dem Untersuchungsgefängnis ins Gericht gebracht. Er bestätigt über seine Verteidiger die Aussagen der Mutter und gibt lediglich zu, Marihuana zum Eigenkonsum erworben zu haben. Alle anderen Anklagepunkte streitet der Mann ab. Dass seine Mutter und er gemeinsam Handel treiben würden, sei "völliger Quatsch". Seinen Mitangeklagten beschreibt er als langjährigen, guten Freund. Sie hätten gelegentlich gemeinsam gekifft, jedoch keine gemeinsamen Drogengeschäfte gemacht. Einzig räumte er ein, 100 Gramm Marihuana aus dem Besitz seines Freundes für vier Tage aufbewahrt zu haben, als die Polizei Ermittlungen gegen jenen aufgenommen hatte. Die bei einer Hausdurchsuchung gefundene Schreckschusspistole habe er "für Silvester zum Rumknallen" besessen.

Der dritte Angeklagte schließlich gab die meisten Vorwürfe zu. Bei einigen Taten sagte er jedoch aus, sein mitangeklagter Freund sei entgegen der Anklageschrift nicht beteiligt gewesen. Dass der ihm im vergangenen Oktober 100 Gramm Marihuana zur Weitergabe an einen Dritten gegeben habe, sei jedoch zutreffend. Die Identität des Dritten habe jedoch nur er selbst gekannt. Das ist der kritische Punkt der Anklage, denn jener Dritte war damals erst 17. Ob der Angeklagte das wusste, muss das Gericht nun klären. Die beiden waren Arbeitskollegen im Lager eines Möbelhauses. Als stellvertretender Lagerleiter war der Angeklagte sogar Vorgesetzter seines Drogen-Kunden. In Personaldaten habe er jedoch keinen Einblick gehabt, außerdem habe der junge Mann auf der Arbeit rauchen dürfen und sei mit zum Paintball-Spielen gegangen. Beides ist nur Volljährigen erlaubt. Auch stritt der Angeklagte ab, dass mit der Abgabe der Drogen ein Auftrag zum Weiterverkauf verbunden war.

Die angeklagten Freunde wechseln im Verhandlungssaal kein Wort, nur wenige Male begegnen sich ganz kurz ihre Blicke. Dabei haben sich die beiden lange nicht gesehen: Seit gut zehn Monaten sitzen sie in U-Haft, einer in der JVA Erding, der andere in München-Stadelheim. Durch das Mitführen einer Waffe im einen und das Beauftragen eines Minderjährigen im anderen Fall drohen beiden mindestens fünf Jahre Gefängnis. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

© SZ vom 08.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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