Moosach im Fernsehen:Facetten eines Regenbogens

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Der Sender "München TV" stellt in seiner Reihe "Heimatgschichten" Moosach vor. Die kleine Gemeinde präsentiert sich als vorbildliche Bioenergie-Kommune und sympathisches Künstlerdorf

Von Anja Blum

Wer auch immer Moosach für die Reihe "Heimatgschichten" von München TV vorgeschlagen hat - es war eine gute Idee. Denn die Kommune im südwestlichen Landkreis Ebersberg hat so einiges zu bieten. Vor allem scheinen die Moosacher sehr aufgeschlossen zu sein, das machen die drei Beiträge, die man sich über die Mediathek des Senders jederzeit ansehen kann, deutlich. Sie zeigen, dass der Ort Vorreiter in Sachen Energiewende ist und obendrein schon lange ein Künstlerdorf. Moosach sei "wie ein Regenbogen", heißt es in einem der Beiträge.

Urkundlich erwähnt wurde die Gemeinde das erste Mal im Jahre 790, heute leben in Moosach etwa 1500 Menschen. Die Filmer von München TV haben Renate Ries vom Dorfarchiv getroffen, die seit 50 Jahren in Moosach wohnt und am Heimatbuch mitgewirkt hat, sowie den Zweiten Bürgermeister Willi Mirus, der das Energiekonzept des Ortes erläutert. Die Künstler Hubert Maier und Gisela Heide zeigen ihre Ateliers. Außerdem kann man Axel Tangerding und sein außergewöhnliches Meta Theater kennenlernen, das dieses Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert.

Was macht Moosach aus? Auf diese Frage der Reporterin fällt Renate Ries so einiges ein. Der Ort "liegt wunderbar", sagt sie, inmitten schöner Landschaft, von Hügeln und Wäldern. Zudem gebe es alles, was man zum Leben brauche, und ein reiches, buntes Vereinsleben, vor allem viel Musik und Kunst. Mit Otto Dressler, dem international bekannten, bereits verstorbenen "Verfremder", habe man zum Beispiel zum Gemeindejubiläum ein riesiges Leuchtobjekt realisiert, eine weithin strahlende "2000" als Zentrum der Feierlichkeiten.

Nicht weniger stolz auf seinen Heimatort zeigt sich Willi Mirus. Er stellt ein anderes Moosacher "Leuchtturmprojekt" vor, ein Nahwärmeheizkraftwerk, das 2018 dank einer breit angelegten Dorfinitiative realisiert werden konnte. Die Außenfassade des Bauwerks zeigt wie in einer Art bunten Jahresringen die Klimaerwärmung in Bayern an - von blau nach rot. Via Solarthermie, Hackschnitzelheizung und Pufferspeicher werden mit der Moosacher Anlage derzeit 70 Haushalte versorgt, das Ziel sind 120. Außerdem soll zusätzlich ein Windrad gebaut werden, schließlich wolle man dem jüngst verliehenen Titel "Bioengergie-Kommune" alle Ehre machen. "Im Kleinen geht das oft einfacher als im Großen", sagt Mirus und lächelt in seinen langen weißen Bart hinein.

Doch wie wurde das idyllische Moosach zum Künstlerdorf? Das erklärt Axel Tangerding, der Chef des Meta Theaters. Den Anfang machte ihm zufolge in den frühen Siebzigern ein gewisser Peter Schumann, der heute als Theaterregisseur und Bildhauer in Amerika lebt. "Der fand damals für sich und seine schwangere Freundin in München keine Bleibe, also verschlug es ihn nach Moosach", erzählt Tangerding. In einem alten Pfarrhof gründete Schumann eine Kommune, in der sich bald viele Kreative tummelten. Auch Tangerding selbst, der damals Architektur studierte, lebte einige Zeit in diesem Pfarrhof - "mit Matratzenlager, Weltrevolution und Nacktpartys". Doch schon damals habe sich die Moosacher Dorfgemeinschaft als sehr tolerant und neugierig erwiesen, "es gab sogar einige Fraternisierungen" sagt der Theatermacher und lacht. Denn: "Dieses Gefühl der Offenheit hat sich in Moosach bis heute erhalten."

Tangerding ist deswegen geblieben, hat sich in dem kleinen Ort seinen großen Traum erfüllt: Inspiriert von der interdisziplinären kreativen Atmosphäre des Bauhaus hat er vor 30 Jahren hier sein Meta Theater geschaffen: Ein Raum für Kunst und Wohnen in einem, dank eines offenen Stahlskelettbaus, getragen von der Idee der Bühne als Labor. "Ich hatte zwar eine Ahnung, wie es werden sollte, aber kein konkretes Beispiel", erinnert sich der Architekt. Ein weiteres Leuchtturmprojekt in Moosach also, das den Ort bis heute eng mit der globalen Kunstszene verbindet. Von Beginn an hat Tangerding mit seinem Theater international gearbeitet, immer gab es Gastspiele und Gegenbesuche aus der ganzen Welt. Ein besonderes Spektakel war zum Beispiel 2013 eine Sichuan-Oper auf dem Moosacher Marktplatz, samt bayerischer Brotzeit unter Apfelbäumen, zu der die Einheimischen die 28 chinesischen Künstler einluden, wie Tangerding erzählt. Und auch seine Idee seiner Bauhausbühne geht um die Welt: Kürzlich hat er eine solche in Schweden gebaut.

Doch die kleine Gemeinde hat nicht nur Theater zu bieten, sondern auch jede Menge bildende Kunst. Einmal im Jahr findet in Moosach und Umgebung die "Atelierdiagonale" statt, ein sommerliches Wochenende, an dem alle Interessierten viele Maler und Bildhauer besuchen dürfen. Zum Beispiel Stefan und Gisela Heide. Die beiden haben zwei Ateliers in Pullenhofen, mit Blick auf einen Kuhstall, hier widmen sie sich malerisch menschlichen Lebenswelten. Stefan Heide gestaltet Porträts, Landschaften, urbane Szenen, Tiere, Träumerisches, Gisela Heide spielt vor allem mit der Abwesenheit des Körpers, denn ihr Metier sind Kleidungsstücke. Ihre Bilder zeigen oftmals stoffliche Muster, Gesichter sind wenn überhaupt nur angedeutet. Beim Kunstverein begeisterte sie zuletzt mit einer interaktiven Performance: Die Besucher konnten abgelegte, aber mit Erinnerungen aufgeladene Kleider spenden, aus denen dann eine interaktive Installation entstand.

Ebenfalls zu den Moosacher Künstlern gehören Maja Ott und Hubert Maier. Der Steinbildhauer führt das Team von München TV in Atelier und Werkstatt herum, "ja, in einer Stadt ginge das nicht, um diesen Platz beneiden uns viele", sagt er. Zu sehen sind unzählige Bilder, Maschinen und Regale, in denen wiederum unzählige Objekte lagern. Da sind kleine Originale, aber auch Modelle, die später in größerem Maßstab realisiert wurden. Zum Beispiel ein Porträt von Franz Josef Strauß, ein kleiner Kopf aus Holz. Das Pendant dazu, einen Meter groß, befindet sich am Münchner Flughafen. "Dieser Kopf besteht aus geschichteten Steinplatten und erzielt so mit einer alten Technik eine recht moderne Wirkung", sagt Maier. "Die Skulptur sieht fast aus wie ein 3-D-Druck." Außerdem erzählt der Künstler von seinem "Traumhaus" aus Holz, das er demnächst in Schweden errichten will: Maier und sein Sohn haben es in Moosach komplett selbst gebaut. "Das Tolle an diesem Projekt ist, dass da alle meine Gewerke zusammen kommen, Holz-, Stein- und Schlosserarbeiten." Die Einzelteile sollen dann mit einem Kran auf einen Felsen am Meer gehoben werden. Auch auf diese Weise zieht das kleine Moosach also große Kreise, in die weite Welt hinaus.

Die Beiträge über Moosach kann man abrufen auf der Homepage von München TV unter: https://www.muenchen.tv/?s=Moosach

© SZ vom 17.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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