Im Gemeinderat:Moosach macht den Weg für ein zweites Windrad frei

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Etwas mehr als drei Monate nach Baubeginn wurden Ende November 2016 die Rotoren für das Hamberger Windrad montiert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Gemeinderat folgt den Nachbarn in Bruck: Man möchte ein "Bürgerwindrad" zwischen den beiden Ortschaften genehmigen.

Von Korbinian Eisenberger, Moosach

Die Gemeinde Moosach hat nachgezogen und wie Nachbar Bruck eine Absichtserklärung für die Errichtung eines Windrades im Grenzgebiet beider Orte abgegeben. Am Montagabend sprach sich der Moosacher Gemeinderat mit einem einstimmigen Votum für die Pläne einer Gruppe von Bürgern aus, auf eigene Kosten eine etwa 200 Meter hohe Windkraftanlage zu errichten. Noch stehen entscheidende Prüfungen des Gebiets und die Ermittlung des genauen Standorts aus. Beide Gemeinden signalisieren aber Bereitschaft, die 10-H-Abstandsregelung des Freistaats Bayern auszuhebeln.

Seit Einführung der Regelung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) vor gut fünf Jahren werden in Bayern kaum mehr Windräder gebaut. Bruck und Moosach haben nun die Hintertür, mit der kommunale Gremien das Regelwerk aus München aushebeln können, einen Spalt breit geöffnet. Den Beschluss über die Abstandsregel hinweg können beide Gemeinderäte aber erst treffen, wenn es konkreter wird. So muss das Gebiet auf seine Eignung etwa aus naturschutzrechtlicher Sicht überprüft und ein genauer Standort festgelegt werden. Verläuft dies erfolgreich, heißt es nun im Moosacher Beschluss "wird der Gemeinderat die nötigen und erforderlichen Verwaltungsschritte in die Wege leiten. Der Gemeinderat begrüßt das Vorhaben". Die Abstimmung ging elf zu null aus. Zwei der kleinsten Gemeinden im Landkreis Ebersberg könnten also bewerkstelligen, woran andere bislang gescheitert sind.

Ein sehr junges Beispiel aus nächster Nähe zeigt, wie Scheitern funktioniert: In Vaterstetten, der einwohnerstärksten Kommune im Landkreis Ebersberg, prallte ein SPD-Antrag zur Errichtung von drei bis fünf Windrädern entlang der Autobahn an der CSU ab. Andere, weiter fortgeschrittene Windkraftprojekte in Bayern scheiterten hingegen daran, dass Anwohner auf die Barrikaden gingen. Oft wegen plötzlichen Interesses an schützenswerten Kröten und Vögeln, die sich im Dunstkreis des Windradstandorts aufhalten könnten.

Protestaktionen von größerem Ausmaß sind in Bruck und Moosach hingegen weniger zu erwarten. Im Unterschied etwa zur Gemeinde Vaterstetten kommen die Windradpläne sowohl in Moosach als auch in Bruck nicht von der Politik, sondern aus der Bevölkerung. Genauer aus dem Brucker Ortsteil Taglaching - und dem Moosacher Ortsteil Fürmoosen. Beide Dörfer sind dem anvisierten Standort der Anlage mit je knapp einem Kilometer Abstand am nächsten (und damit dem 10-H-Regelwerk nach viel zu nah). Die Dorfbewohner wollen das Windrad so betreiben, dass möglichst viele daran beteiligt sind. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren ist, sind so gut wie sämtliche Haushalte beider Dörfer für das Bürgerwindrad.

Und doch tat sich am Montag Gegenwind im Moosacher Gemeinderat auf. Der kam vor allem von CSU-Gemeinderat Herbert Weidlich, der sich ein Rededuell mit dem zweiten Bürgermeister Willi Mirus (Alternative Moosacher Bürgergemeinschaft) lieferte. Mirus plädierte für eine noch deutlichere Absichtserklärung. Seine bevorzugte Formulierung: "Wenn alle Voraussetzungen für das Windrad erfüllt sind, dann stimmt der Moosacher Gemeinderat dafür." Dagegen wehrte sich Weidlich. Seine Einschätzung: "Wir können nicht jetzt bestimmen, was der zukünftige Gemeinderat einmal zu beschließen hat." Er spielte darauf an, dass im März ein neues Gremium gewählt wird, dessen "Abstimmungsverhalten dann von uns festgelegt" sei. Bürgermeister Eugen Gillhuber (CSU) sprang seinem Parteikollegen bei und machte einen Gegenvorschlag: Der Gemeinderat sieht das Projekt "wohlwollend" und kann sich "die nötigen Beschlüsse vorstellen". Darauf wurde Antragsteller Hans Roming im Publikum das Wort erteilt. "Wohlwollend ist mir zu lasch", sagte der. Und so einigten sich die Gemeinderäte auf den Kompromiss "in die Wege leiten".

Wie fassen die Betroffenen dieses Signal auf? Antworten gab der Brucker Hans Zäuner vor den Türen des Sitzungssaals. Zäuner ist zentral für das Projekt: Er betreibt bereits ein Windrad in Hambach, die bis dato einzigen Anlage im Landkreis Ebersberg. Sie steht seit 2016 auf Brucker Gemeindegebiet. Nun könnte das zweite Windrad dort folgen. "Diesen Beschluss haben wir gebraucht, jetzt können wir weitermachen", so Zäuner.

Im Gespräch mit Beteiligten war später zu erfahren, wie es nun weiter geht: Zunächst wollen die Fürmooser und Taglachinger eine Firma gründen. Diese soll das mit entscheidende Artenschutzgutachten im Grenzgebiet in Auftrag geben, woran auch die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt beteiligt ist. Dieses sogenannte SAP-Verfahren wollen sich die Firmenbeteiligten bis zu 80 000 Euro kosten lassen. Sollten sich gleich zu Beginn schützenswerte Vögel und Kröten finden, wird das Gutachten deutlich billiger. Und das Windrad deutlich unwahrscheinlicher.

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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