Im Jahr 2021 gibt es viele Wege, die eigene Identität nachzuweisen. Will man etwa ein fremdes Kind vom Kindergarten abholen, braucht man vorher die schriftliche Einverständniserklärung der Eltern des Kindes. Ist ein Paket im Postzentrum abgegeben worden, reicht meistens der Abholschein sowie ein vorgehaltener Personalausweis. Aber was, wenn es das eine nicht gibt und das andere nichts nützt? So neulich passiert in einer Schneiderei in der Region.
Der Partner hatte einen Kissenbezug zum Nähen gebracht, der Reißverschluss war kaputt gegangen. Er hatte versprochen, das gute Teil am nächsten Tag wieder abzuholen, und das Ganze dann über mehrere Wochen vergessen. Keine Abholnummer, kein Schein, kein gar nichts. Man betritt den Laden und trägt sein Anliegen vor.
Ihr Partner meinte, er kommt am nächsten Tag, deshalb habe ich ihm keinen Abholschein mitgegeben.
Ich weiß, er hat es leider nicht früher geschafft. Er meinte, es geht auch so.
Ich kann Ihnen den Kissenbezug leider nicht einfach so mitgeben. Woher soll ich wissen, dass es Ihrer ist?
Woher sollte ich denn die ganzen Infos haben?
Da haben Sie Recht. Aber Sie müssen mich auch verstehen.
Wollen Sie meinen Freund vielleicht anrufen?
Nein. Woher soll ich denn wissen, dass er es ist?
Schweigen.
Was sollte ich denn mit einem Kissenbezug, der nicht meiner ist?
Hm. Haben Sie ein Foto dabei?
Von meinem Freund oder dem Kissen?
Von Ihrem Freund.
Ja, warten Sie .... hier.
Wieder Schweigen.
Schwer zu sagen. Er hatte eine Maske auf.
Dann halte ich ihm einfach den Mund auf dem Foto zu.
Hm. Nein, ich kann ihn nicht erkennen.
Schweres Seufzen.
Hier, der Bezug. Das macht dann drei Euro bitte.
Beim Verlassen des Ladens fühlt man sich trotzdem verbrecherisch. Und gibt lieber sofort dem Partner Bescheid, dass der Kissenbezug bereits abgeholt ist. Nicht, dass er am nächsten Tag plötzlich auf die Idee kommt, das gute Stück doch noch selbst abzuholen.