Missbrauch in der Kirche:Hilfsangebote und Gespräche

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Im Juli hat Generalvikar Christoph Klingan die Gemeindemitglieder von St. Michael in Poing über die Missbrauchsfälle informiert. (Foto: Christian Endt)

Seit Generalvikar Christoph Klingan Mitte Juli über Missbrauchsfälle in St. Michael in Poing informiert hat, haben sich zwei weitere Betroffene gemeldet.

Von Barbara Mooser, Poing

30 Jahre lang war Alfons Langwieder in St. Michael in Poing tätig, zunächst als Kaplan, von 1969 bis 1997, dann als Pfarrer. Wie die Erzdiözese München und Freising im Juli bekannt gegeben hat, hat er in dieser Zeit mindestens zwei Ministranten sexuell missbraucht. Ein Fall war der Kirche schon lange bekannt gewesen, Langwieder war sogar Mitte der achtziger Jahre dafür strafrechtlich belangt worden - dennoch blieb er danach weiter im Amt, ohne dass die Gemeindemitglieder informiert worden wären. 2019 schließlich meldete sich ein weiterer Betroffener - mit dessen Zustimmung hat sich die Erzdiözese schließlich Mitte Juli dieses Jahres an die Gläubigen gewandt. Generalvikar Christoph Klingan hatte damals um Entschuldigung gebeten - und weitere Betroffene aufgerufen, sich zu melden. Dies haben seitdem zwei weitere Betroffene getan, wie eine Sprecherin des Erzbistums nun auf Anfrage mitgeteilt hat.

Die beiden Personen haben demnach zunächst das Gespräch mit dem heutigen Poinger Pfarrer Philipp Werner gesucht und wurden von ihm gebeten, sich auch an eine der drei unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese München und Freising zu wenden. Auch Klingan selbst stehe für Betroffene als Ansprechpartner auf Wunsch zur Verfügung, so die Sprecherin; mit dem Betroffenen, der sich als erstes gemeldet habe, habe es bereits ein langes Gespräch gegeben.

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Was eine mögliche finanzielle Kompensation betrifft, habe jeder Betroffene die Möglichkeit, einen Antrag nach der vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 24.November 2020 beschlossenen "Ordnung für das Verfahren zur Anerkennung des Leids" zu stellen. Die unabhängigen Ansprechpersonen unterstützten bei der Klärung des Verdachtsfalls sowie bei der Beantragung von Zahlungen in Anerkennung des Leids.

Während Generalvikar Christoph Klingan Mitte Juli die Menschen in Poing persönlich im Rahmen eines Gottesdienstes und durch einen Aushang informiert hatte, ist die Erzdiözese an anderen Einsatzorten Langwieders nicht so offensiv auf die Gemeindemitglieder zugegangen. Klingan und die Amtschefin des Erzbischöflichen Ordinariats Stephanie Herrmann hätten im Juli aber die derzeitigen Leiter der Pfarreien in den drei anderen früheren Einsatzorten Langwieders in der Zeit vor 1967 über die Vorfälle in Poing informiert und sie für die Thematik sensibilisiert, erläutert die Sprecherin des Erzbistums.

Aus anderen Einsatzorten gab es bisher keine Rückmeldungen

An diesen Einsatzorten sei Pfarrer Langwieder anders als später in Poing nur für kurze Zeit - zum Teil nur wenige Monate - im Einsatz gewesen, weshalb es dort einen öffentlichen Aufruf wie in Poing nicht gegeben habe. Jedoch seien in den Pfarreien Informationsmaterialien zu den Themen "Missbrauch" und "Prävention" öffentlich ausgelegt worden, die auch die Kontaktdaten der unabhängigen Ansprechpersonen und weiterer Stellen, an die sich Betroffenen wenden können, enthalten. Bisher haben sich laut der Sprecherin der Erzdiözese keine Betroffenen aus den früheren Einsatzorten gemeldet.

Der Poinger Fall ist nicht der einzige, der in jüngerer Vergangenheit in der Erzdiözese bekannt geworden ist. Auch in Maitenbeth im Landkreis Mühldorf hatte der Generalvikar Mitte Juli die Gemeindemitglieder über Hinweise auf Missbrauch durch einen Priester informiert. Dieser war von 1949 bis zu seinem Tod im Jahr 1972 in Maitenbeth als Pfarrer tätig gewesen. Hier ist das Thema auch nach wie vor präsent: Am Freitag, 29. September, findet im Anschluss an die Andacht um 19.15 Uhr eine öffentliche Veranstaltung zu den Missbrauchsfällen in der Pfarrei St. Agatha - unter dem Thema "Von Missbrauch betroffen sein - mit Betroffenheit umgehen" im Pfarrheim statt.

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