Markt Schwaben:Müllfirma ändert ohne Vorwarnung den Abholplan - und ein Ort steht Kopf

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Das Material der gelben Säcke (hier ein Haufen in Markt Schwaben) muss 0,015 Millimeter dick sein. So mancher Müllbeutel reißt trotzdem auf. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Sechs Uhr früh? Sackradi! In Markt Schwaben wird der Plastikmüll seit Anfang Januar zwei Stunden früher als bisher geholt. Die Folge: Ein kaum lösbares Dilemma.

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Den Ort Markt Schwaben beschäftigen derzeit Milchtüten, Konservendosen und löffelreine Joghurtbecher. Die Plastikabfälle kommen in Markt Schwaben sachgemäß in einen gelben Sack hinein, werden vors Haus gestellt und kurz darauf von einer Entsorgungsfirma abgeholt. Zumindest war das bisher so. Seit Anfang des Jahres jedoch sieht man die gelben Säcke nun tage- und wochenlang im Ort herumstehen. An mehreren Straßenecken gammeln sie ganz unsachgemäß vor sich hin oder reißen auf. Und so fliegen sie dahin, die Becher und Tüten, vom Winde verweht.

Die Ordnung der Gemeinde ist mittlerweile derart durcheinandergewirbelt, dass die Politik unweigerlich einschreiten musste. So kam es, dass die Müllsack-Affäre es bis in den Markt Schwabener Gemeinderat schaffte. Dort erklärte Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) die Hintergründe. Demnach habe die Entsorgungsfirma zum 1. Januar ihre Abholzeiten geändert. Statt wie bisher um 8 Uhr früh kommt die Müllabfuhr in Markt Schwaben nun bereits um 6 Uhr. Zudem, so der Bürgermeister, "kannten sich offenbar einige neue Fahrer nicht aus", weswegen mehrere Straßen gar nicht erst angefahren wurden. Das Ergebnis: "Eine ganz schöne Summe an Säcken."

Wird die Marktgemeinde zur Müllgemeinde? "Es kamen sehr viele Anrufe mit Beschwerden", teilte Clarissa Pohl vom Ordnungsamt mit. Im Gemeinderat erzürnte die Fahrplanänderung der Müllabfuhr so manches Gemüt. "In der Paul-Klee-Straße stehen die Säcke schon so lange, dass sie eingeschneit sind", sagte Anja Zwittlinger-Fritz (CSU). Der Grund: Offenbar, so der Tenor im Gemeinderat, wurden weder die Bürger noch die Verwaltung über die Änderung benachrichtigt. "Das hat die Firma so beschlossen, ohne dass die Gemeinde informiert wurde", sagte Bürgermeister Hohmann. Das sei "alles andere als toll".

Das sagt die zuständige Entsorgungsfirma

Anruf bei der Firma Remondis im nordrheinwestfälischen Lünen. Von dort heißt es, dass eine Änderung bei den morgendlichen Abholzeiten "kein besonders ungewöhnlicher Vorgang" sei. Es gebe ohnehin Faktoren, weswegen die Uhrzeiten variieren könnten: etwa die Witterung oder der Verkehr. Remondis holt bundesweit in gut 120 Kommunen den Müll von Privathaushalten ab. Eine konkrete Auskunft zur Änderung im Markt Schwabener Fahrplan gibt der Pressesprecher nicht, dafür einen Tipp: "Egal wo, die Müllsäcke sollten immer am Vorabend rausgestellt werden."

Diese Strategie ist dem Markt Schwabener Gemeinderat Manfred Hoser von den Freien Wählern längst bekannt. Allerdings ist sie ihm eher ein Dorn im Auge, wie er im Gemeinderat lautstark erklärte. "Jetzt legen die Leute ihren Beutel auf'd Nacht raus", vermute er. "Und wenn der Wind geht, haben wir einen richtigen Saustall in Markt Schwaben".

Das Dilemma spitzte sich im Sitzungssaal weiter zu, als Zweifel an der Qualität des gelben Materials aufkamen. "Müllsäcke müssen reißfest sein", sagte CSU-Gemeinderätin Zwittlinger-Fritz. Diese hier seien weniger strapazierbar als nötig. Der Bürgermeister betrieb Ursachenforschung: Offenbar, so Hohmann, "handelt es sich um eine sehr schlechte Charge".

Einen letzten Ausweg gibt es

Hier trifft die Entsorgungsfirma sicher keine Verantwortung, weil solche gelben Säcke meist in Asien produziert werden. In aller Regel reicht die vorgegebene Wandstärke von 15 My aus (wird "Mü" aus gesprochen, steht aber nicht für Müllsack sondern für 0,001 Millimeter). Der Remondis-Sprecher, ein Kenner der Plastiksack-Szene, erklärt aber, es könne durchaus vorkommen "dass eine Charge wegen eines Produktionsfehler zu dünn gerät".

Einen letzten Ausweg gibt es: Markt Schwaben könnte dem Münchner Container-Vorbild folgen. Das "duale" Abfallsystem erlaubt es auch einer Gemeinde, gelbe Säcke durch Container zu ersetzen. Da kann dann der Wind dann noch so stark blasen; hinter solchen Wänden sind sämtliche Joghurtbecher in Sicherheit.

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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