Marienheim Glonn:"Wir sind auf Spenden angewiesen"

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Hubert Radan leitet das Marienheim in Glonn, wo die Hospizinsel untergebracht werden soll. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sterbende und schwer kranke Menschen können nicht wie geplant von Juli an in die Hospizinsel im Glonner Marienheim ziehen. Altenheim-Leiter Hubert Radan erklärt die Gründe dafür

Interview von Johanna Feckl, Ebersberg

Eigentlich wollte der Landkreis Ebersberg ein stationäres Hospiz. Da aber laut Verteilungsschlüssel kein Bedarf daran besteht, wird daraus auf absehbare Zeit nichts - jedoch klappt es mit einer Hospizinsel im Marienheim in Glonn unter Trägerschaft der Caritas. Dort können bis zu sechs sterbende und schwer kranke Menschen während ihrer letzten Lebenswochen ambulant versorgt werden. Im Gespräch mit der SZ erklärt der Marienheim-Leiter Hubert Radan, wann die Hospizinsel voraussichtlich ihren Betrieb aufnimmt und wieso er auf üppige Spenden hofft.

SZ: Herr Radan, Ende vergangenen Jahres hieß es, dass die Hospizinsel voraussichtlich im Juli 2021 eingeweiht werden könnte. Ist dieser Zeitplan einzuhalten?

Hubert Radan: Nein, leider nicht. Voraussichtlich Anfang 2022 wird es so weit sein.

Wieso diese doch starke Verzögerung zu den einst vorgestellten Plänen?

Die Rahmenbedingungen sind nicht leicht, zunächst ging es zum Beispiel darum, in welchem Bereich der Caritas die Hospizinsel angesiedelt werden soll. Da geht es um gesetzliche Forderungen, Kostenstellen sowie Kostenträger und letztlich auch um die Zuordnung des Personals. Und Corona hat auch zu den Verzögerungen beigetragen - von November bis Februar hatten wir im Marienheim leider einen Corona-Ausbruch, das hatte natürlich Vorrang.

Für die Hospizinsel werden Räume im ersten Stock geschaffen. Bedeutet das, dass dann weniger Plätze im Marienheim zur Verfügung stehen werden?

Nicht ganz. Wir hatten lange Platz für 175 Bewohnerinnen und Bewohner, zwischenzeitlich sind wir auf bis zu 160 Plätze runtergegangen, weil es mehr Anfragen für Einzelzimmer gab. Derzeit haben wir ein Angebot von 166 Plätzen, das wir auch weiterhin halten können, indem wir wieder etwas mehr Doppelzimmer haben werden.

Bei der Hospizinsel stehen weniger Pflegekräfte zur Verfügung als in einem stationären Hospiz, das heißt: Zu unselbstständig darf man für eine Hospizinsel nicht sein. Gleichzeitig ist der finanzielle Eigenanteil im Vergleich zum Hospiz höher. Entstehen den künftigen Gästen der Hospizinsel damit also eigentlich nur Nachteile?

Hier haben wir durchaus eine Verzerrung. Bei einem stationären Hospiz übernimmt die Krankenkasse die vollen Kosten. Aber: Die Plätze sind sehr begrenzt und nicht jeder benötigt die intensive rund-um-die-Uhr-Versorgung eines Hospiz. Eine angemessene palliative Pflege im eigenen Zuhause durch Angehörige und Pflegedienste ist aber oft zu schwierig und zeitintensiv - auch die personellen Möglichkeiten in einem Pflegeheim können das nicht leisten. In solchen Fällen kann eine Hospizinsel die richtige Lösung sein. Zum Vergleich: In einem stationären Hospiz kommen etwa 1,2 Vollzeitstellen auf eine Person, im Pflegeheim je nach Pflegegrad 0,36 bis 0,53 Stellen und in der Hospizinsel rechnen wir mit 0,8 Stellen. Hospizinseln schließen also eine Versorgungslücke. Leider ist es jedoch so, dass die Kosten nicht voll von Kranken- und Pflegekassen übernommen werden.

Aber besteht überhaupt ein Bedarf?

Im Kreis Mühldorf gibt es seit 2018 eine Hospizinsel, dort liegt die Belegung zwischen 60 und 70 Prozent. Der Kreis Ebersberg hat aber mehr Einwohner. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass unser Einzugsgebiet durchaus bis in die Nachbarlandkreise reichen wird - denn 60 bis 70 Prozent Belegung ist aus finanzieller Sicht eigentlich ein bisschen zu wenig. Die Vereinbarung lautet: Wenn Plätze frei sind und aktuell kein Ebersberger Landkreisbürger Bedarf anmeldet, dann würden wir auch Menschen aus der näheren Region aufnehmen. Das ist schon wichtig, denn jedes Prozent mehr Auslastung schmälert am Ende das Finanzdefizit.

Sie wissen schon jetzt, dass die Hospizinsel finanziell nicht rentabel sein wird?

Wir kalkulieren im Moment einen Eigenanteil der Gäste von 60 Euro pro Tag - sozusagen eine "Hotelpauschale" zum Beispiel für die Verpflegung, hinzu kommen Einnahmen aus Leistungen von Pflege- und Krankenkassen. Außerdem werden für den personellen Mehraufwand jährlich bis zu 65 000 Euro durch den Kreis und 65 000 bis 70 000 Euro durch Spenden gedeckt. Je nach Auslastung könnten wir dann aber immer noch mit einem Defizit abschließen. Da müssen wir noch schauen, wie wir das ausgleichen können - entweder durch eine höhere Eigenbeteiligung der Gäste oder es gelingt uns, mehr Spenden zu generieren.

Wie läuft denn die Spendenakquise?

Wir werden in den kommenden Wochen gezielt auf Firmen zugehen, die zum Beispiel die Patenschaft für ein Zimmer übernehmen können. Auch Spenden von Privatpersonen sind möglich. Es ist ganz klar: Die Hospizinsel kann nur mit Spenden laufen - das ist ein wesentlicher Pfeiler der Finanzierung. Vielleicht klappt es irgendwann mit einer Regelfinanzierung, aber bis dahin sind wir auf Spenden angewiesen.

Sie haben zuvor die Hospizinsel im Nachbarlandkreis Mühldorf angesprochen. Waren Sie schon einmal vor Ort?

Ja, ich hab dort ein ausführliches Gespräch mit dem Heimleiter und dem Vorsitzenden des Hospizvereins geführt, das werde ich auch sicher wiederholen. Das Konzept ist sehr gut, da werden wir zunächst vieles übernehmen - es hat sich bislang bewährt. Wo sich möglicherweise ein Anpassungsbedarf ergibt, das wird die Zeit dann zeigen.

Einer Umfrage des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe zufolge denken 32 Prozent der knapp 3600 Befragten häufiger darüber nach, ihren Pflegeberuf aufzugeben. Wird es schwierig, genügend Personal für die Hospizinsel zu finden?

Grundsätzlich ist der Fachkräftemangel in der Pflege ein Problem. Aber die Tendenz, den Beruf an den Nagel zu hängen, kann ich aus meinem unmittelbaren Umfeld nicht bestätigen. In Glonn sind wir zum Glück bislang immer gut ausgestattet.

Wie viel Personal benötigen Sie denn?

6,68 Pflegefachkräfte mit einer palliativen Weiterbildung. Wobei mehrere Teilzeitkräfte notwendig sind, um einen funktionierenden Schichtplan erstellen zu können. Hinzu kommen noch Service- und Reinigungspersonal sowie Alltagsbegleiter, Sozialpädagogen und ehrenamtliche Hospizhelfer. Die Versorgung der Gäste in den Nächten ist durch regelmäßige Durchgänge und eine Rufbereitschaft gewährleistet.

© SZ vom 02.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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